Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.mehr die Rede, aber vielleicht für mehr als Du jetzt Die Geheimräthin wühlte mit einem kalten Eisen Auch Adelheid wiederholte nur, was sie schon "Und doch wünschtest Du dich schon fort!" So eiskalt der durchdringende Blick der Lupinus "Das sind idyllische Stimmungen, die ich Dei¬ 4*
mehr die Rede, aber vielleicht für mehr als Du jetzt Die Geheimräthin wühlte mit einem kalten Eiſen Auch Adelheid wiederholte nur, was ſie ſchon „Und doch wünſchteſt Du dich ſchon fort!“ So eiskalt der durchdringende Blick der Lupinus „Das ſind idylliſche Stimmungen, die ich Dei¬ 4*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0061" n="51"/> mehr die Rede, aber vielleicht für mehr als Du jetzt<lb/> ſchon biſt, Du biſt ein <hi rendition="#aq">enfant gaté</hi> der Modewelt,<lb/> alles, weil Du in einem Hauſe lebſt, was Geltung<lb/> hat. Ja, mein liebes Kind, wer unter den Menſchen<lb/> leben will, muß vor ihnen gelten wollen.“</p><lb/> <p>Die Geheimräthin wühlte mit einem kalten Eiſen<lb/> in einem warmen Herzen. Es war nicht das erſte<lb/> Mal, es geſchah auch nicht zufällig; ſie meinte auch,<lb/> nicht mit grauſamer Abſicht. Um feſt zu werden für<lb/> das Leben vor uns, muß man jeden Augenblick über<lb/> das hinter uns klar ſein, war ihr Argument.</p><lb/> <p>Auch Adelheid wiederholte nur, was ſie ſchon<lb/> tauſendmal geſagt, von dem Schutzengel, den ſie ge¬<lb/> funden, dem neuen Leben, welches ſie in dieſem Hauſe<lb/> angefangen, wie ſie ſich ſelbſt jedesmal ſtrafe, wenn<lb/> ſie dem Willen ihrer Retterin entgegen handelte, wie<lb/> Alles hier zu ihrem Glücke ausſchlage.</p><lb/> <p>„Und doch wünſchteſt Du dich ſchon fort!“</p><lb/> <p>So eiskalt der durchdringende Blick der Lupinus<lb/> war, der auf ihr ruhte, eine ſo hohe Röthe übergoß<lb/> Adelheids Stirn und Wangen; ſie ſenkte die Augen:<lb/> ſie ſei vielleicht zu glücklich, darum wünſche ſie<lb/> manchmal, es wäre alles ein Traum.</p><lb/> <p>„Das ſind idylliſche Stimmungen, die ich Dei¬<lb/> nen Jahren gönne, aber Dein Verſtand überflügelt<lb/> ſchon Deine Jahre. Dir mißbehagt manches, Du<lb/> fühlſt Dich nicht ganz zu Hauſe; ich verdenke es Dir<lb/> nicht, aber Du mußt klar mit Dir werden. Ich weiß<lb/> es ſehr wohl, liebes Kind, manche Beſucher, die Ge¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig">4*<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [51/0061]
mehr die Rede, aber vielleicht für mehr als Du jetzt
ſchon biſt, Du biſt ein enfant gaté der Modewelt,
alles, weil Du in einem Hauſe lebſt, was Geltung
hat. Ja, mein liebes Kind, wer unter den Menſchen
leben will, muß vor ihnen gelten wollen.“
Die Geheimräthin wühlte mit einem kalten Eiſen
in einem warmen Herzen. Es war nicht das erſte
Mal, es geſchah auch nicht zufällig; ſie meinte auch,
nicht mit grauſamer Abſicht. Um feſt zu werden für
das Leben vor uns, muß man jeden Augenblick über
das hinter uns klar ſein, war ihr Argument.
Auch Adelheid wiederholte nur, was ſie ſchon
tauſendmal geſagt, von dem Schutzengel, den ſie ge¬
funden, dem neuen Leben, welches ſie in dieſem Hauſe
angefangen, wie ſie ſich ſelbſt jedesmal ſtrafe, wenn
ſie dem Willen ihrer Retterin entgegen handelte, wie
Alles hier zu ihrem Glücke ausſchlage.
„Und doch wünſchteſt Du dich ſchon fort!“
So eiskalt der durchdringende Blick der Lupinus
war, der auf ihr ruhte, eine ſo hohe Röthe übergoß
Adelheids Stirn und Wangen; ſie ſenkte die Augen:
ſie ſei vielleicht zu glücklich, darum wünſche ſie
manchmal, es wäre alles ein Traum.
„Das ſind idylliſche Stimmungen, die ich Dei¬
nen Jahren gönne, aber Dein Verſtand überflügelt
ſchon Deine Jahre. Dir mißbehagt manches, Du
fühlſt Dich nicht ganz zu Hauſe; ich verdenke es Dir
nicht, aber Du mußt klar mit Dir werden. Ich weiß
es ſehr wohl, liebes Kind, manche Beſucher, die Ge¬
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