Es war ein grauer Herbsttag, an dem nur dann und wann die Sonne einen Blick auf die Dächer von Potsdam warf. Der Wind wehte die gelben Blätter durch die Straßen: öde sonst, heut belebt von Köpfen, Uniformen, Livreyen aller Farben und Muster, von Physiognomien, die den verschiedensten Nationen, ja Welttheilen, anzugehören schienen. Die Equipagen von Ministern, Generalen, von Gesandten und fremden Prinzen, rollten unaufhörlich zwischen den Pallästen und Wirthshäusern, und zu diesen Gästen von diplomatischem Character kamen aus der Hauptstadt zahlreiche Postchaisen, Lohnfuhrwerke und jene langen und schmalen, ihrer Zeit wohl bekannten, Charlottenburger Korbwagen, deren magere und keu¬ chende Pferde zwölf Neugierige oder noch mehr aus der ersten auf ein Mal in der zweiten Residenzstadt absetzten.
Es mußte ein großes Ereigniß, oder eine große Erwartung sein, welche so viele Berliner, und an
Sechstes Kapitel. Fenſterſkizzen.
Es war ein grauer Herbſttag, an dem nur dann und wann die Sonne einen Blick auf die Dächer von Potsdam warf. Der Wind wehte die gelben Blätter durch die Straßen: öde ſonſt, heut belebt von Köpfen, Uniformen, Livreyen aller Farben und Muſter, von Phyſiognomien, die den verſchiedenſten Nationen, ja Welttheilen, anzugehören ſchienen. Die Equipagen von Miniſtern, Generalen, von Geſandten und fremden Prinzen, rollten unaufhörlich zwiſchen den Palläſten und Wirthshäuſern, und zu dieſen Gäſten von diplomatiſchem Character kamen aus der Hauptſtadt zahlreiche Poſtchaiſen, Lohnfuhrwerke und jene langen und ſchmalen, ihrer Zeit wohl bekannten, Charlottenburger Korbwagen, deren magere und keu¬ chende Pferde zwölf Neugierige oder noch mehr aus der erſten auf ein Mal in der zweiten Reſidenzſtadt abſetzten.
Es mußte ein großes Ereigniß, oder eine große Erwartung ſein, welche ſo viele Berliner, und an
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Sechstes Kapitel.
Fenſterſkizzen.
Es war ein grauer Herbſttag, an dem nur dann
und wann die Sonne einen Blick auf die Dächer
von Potsdam warf. Der Wind wehte die gelben
Blätter durch die Straßen: öde ſonſt, heut belebt
von Köpfen, Uniformen, Livreyen aller Farben und
Muſter, von Phyſiognomien, die den verſchiedenſten
Nationen, ja Welttheilen, anzugehören ſchienen. Die
Equipagen von Miniſtern, Generalen, von Geſandten
und fremden Prinzen, rollten unaufhörlich zwiſchen
den Palläſten und Wirthshäuſern, und zu dieſen
Gäſten von diplomatiſchem Character kamen aus der
Hauptſtadt zahlreiche Poſtchaiſen, Lohnfuhrwerke und
jene langen und ſchmalen, ihrer Zeit wohl bekannten,
Charlottenburger Korbwagen, deren magere und keu¬
chende Pferde zwölf Neugierige oder noch mehr aus
der erſten auf ein Mal in der zweiten Reſidenzſtadt
abſetzten.
Es mußte ein großes Ereigniß, oder eine große
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. [90]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/100>, abgerufen am 21.11.2024.
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