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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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zittert die trotzige Bemerkung, ich könnte Dich ja ver¬
stoßen. Dir die Thür weisen. Nein, Adelheid, das kann
ich nicht, ich darf es nicht. Die Welt, die mich gestern
noch liebkosete, hat sich über Nacht von mir gewandt.
Daß ich Dich damals gerettet, ist längst vergessen,
so wie Du es vergessen hast. Still, still, ich zürne
Dir darum nicht, ich finde es ganz natürlich. Sie
sinnen mir an, daß ich Dich nur aufgenommen, um
mit dem schönen Mädchen Staat zu machen. Du
solltest der Lockvogel sein für eine Gesellschaft, die
sonst nicht über die Schwelle der Lupinus gekommen
wäre! Nun sei es anders! Man hat sich satt gesehen,
man gafft andere Sterne an. Man vernachlässigt
mich, spottet meiner hinter meinem Rücken. Wer so
einsam dasteht wie ich, von dem wenden sich auch
die treuesten Freunde. Merke Dir das, es giebt
keine Treue, als wer sich selbst treu ist, und das
ist schwer. Die Schule ist lang und hart, ich habe
sie durchgemacht. Ich kenne die Welt; einer nach
dem andern ihrer bunten, flimmernden Lappenvorhänge
fiel nieder, auch einer, der fest schien wie das diamantene
Firmament -- aber das Firmament ist ja auch eine
Illusion! Wenn ich Dir jetzt den Stuhl vor die
Thür setzte, hieße es, das sei aus Verdruß, weil
Du meine Erwartungen nicht erfüllt, ich wäre Deiner
satt. Daß man mich dann tadelte, haßte, ertrüge ich --
ich hasse sie ja auch; aber man würde mich aus¬
lachen, und -- ausgelacht mag ich nicht sein."

Die Thränen, die aus der wunden Brust, ein

zittert die trotzige Bemerkung, ich könnte Dich ja ver¬
ſtoßen. Dir die Thür weiſen. Nein, Adelheid, das kann
ich nicht, ich darf es nicht. Die Welt, die mich geſtern
noch liebkoſete, hat ſich über Nacht von mir gewandt.
Daß ich Dich damals gerettet, iſt längſt vergeſſen,
ſo wie Du es vergeſſen haſt. Still, ſtill, ich zürne
Dir darum nicht, ich finde es ganz natürlich. Sie
ſinnen mir an, daß ich Dich nur aufgenommen, um
mit dem ſchönen Mädchen Staat zu machen. Du
ſollteſt der Lockvogel ſein für eine Geſellſchaft, die
ſonſt nicht über die Schwelle der Lupinus gekommen
wäre! Nun ſei es anders! Man hat ſich ſatt geſehen,
man gafft andere Sterne an. Man vernachläſſigt
mich, ſpottet meiner hinter meinem Rücken. Wer ſo
einſam daſteht wie ich, von dem wenden ſich auch
die treueſten Freunde. Merke Dir das, es giebt
keine Treue, als wer ſich ſelbſt treu iſt, und das
iſt ſchwer. Die Schule iſt lang und hart, ich habe
ſie durchgemacht. Ich kenne die Welt; einer nach
dem andern ihrer bunten, flimmernden Lappenvorhänge
fiel nieder, auch einer, der feſt ſchien wie das diamantene
Firmament — aber das Firmament iſt ja auch eine
Illuſion! Wenn ich Dir jetzt den Stuhl vor die
Thür ſetzte, hieße es, das ſei aus Verdruß, weil
Du meine Erwartungen nicht erfüllt, ich wäre Deiner
ſatt. Daß man mich dann tadelte, haßte, ertrüge ich —
ich haſſe ſie ja auch; aber man würde mich aus¬
lachen, und — ausgelacht mag ich nicht ſein.“

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[212/0222] zittert die trotzige Bemerkung, ich könnte Dich ja ver¬ ſtoßen. Dir die Thür weiſen. Nein, Adelheid, das kann ich nicht, ich darf es nicht. Die Welt, die mich geſtern noch liebkoſete, hat ſich über Nacht von mir gewandt. Daß ich Dich damals gerettet, iſt längſt vergeſſen, ſo wie Du es vergeſſen haſt. Still, ſtill, ich zürne Dir darum nicht, ich finde es ganz natürlich. Sie ſinnen mir an, daß ich Dich nur aufgenommen, um mit dem ſchönen Mädchen Staat zu machen. Du ſollteſt der Lockvogel ſein für eine Geſellſchaft, die ſonſt nicht über die Schwelle der Lupinus gekommen wäre! Nun ſei es anders! Man hat ſich ſatt geſehen, man gafft andere Sterne an. Man vernachläſſigt mich, ſpottet meiner hinter meinem Rücken. Wer ſo einſam daſteht wie ich, von dem wenden ſich auch die treueſten Freunde. Merke Dir das, es giebt keine Treue, als wer ſich ſelbſt treu iſt, und das iſt ſchwer. Die Schule iſt lang und hart, ich habe ſie durchgemacht. Ich kenne die Welt; einer nach dem andern ihrer bunten, flimmernden Lappenvorhänge fiel nieder, auch einer, der feſt ſchien wie das diamantene Firmament — aber das Firmament iſt ja auch eine Illuſion! Wenn ich Dir jetzt den Stuhl vor die Thür ſetzte, hieße es, das ſei aus Verdruß, weil Du meine Erwartungen nicht erfüllt, ich wäre Deiner ſatt. Daß man mich dann tadelte, haßte, ertrüge ich — ich haſſe ſie ja auch; aber man würde mich aus¬ lachen, und — ausgelacht mag ich nicht ſein.“ Die Thränen, die aus der wunden Bruſt, ein

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/222>, abgerufen am 24.11.2024.