Indem Walter seinen Vater aufmerksam be¬ trachtete, suchte er, ob hinter der barocken Wolke, mit welcher van Asten seinen wahren Gesichtsausdruck zu verbergen wußte, nicht eine andere Stimmung lauere. Doch keiner der schlauen Blicke züngelte zu ihm auf; er saß, die Hände auf den Stock gestützt, seine Augen auf den Boden gerichtet.
"So bin ich wenigstens davon überzeugt, daß Sie Ihr Geschäft übersehen haben. Wenn eine Unternehmung Ihnen fehl schlüge, werden sie nicht selbst geschlagen sein. Das Renommee des alten Hauses van Asten und Compagnie -- "
"Die ältesten Häuser stürzen beim Erdbeben. Krieg ist ein Erdbeben. Lerne was von mir, was Dir gefallen wird: ein Kaufmann, der immer nur auf Nummer Sicher setzt, hat bald ausgewirthschaftet."
"Mein Vater, wenn Sie auf den Frieden Ihr Alles setzten, --" sagte Walter nachdenklich.
"So ist wieder Unfriede zwischen uns, fiel der Alte ein, denn Du hast Dein Alles auf den Krieg gesetzt. Ich weiß es."
"Was ist mein Alles, Vater!"
Der Kaufmann winkte ihm mit der Hand zu schweigen. "Ich weiß es ja, darum kam ich nicht her. Ich will nicht richten mit Deinen heroisch patriotischen Stimmungen, ein guter Geschäftsmann kann auch damit etwas anfangen, wenn die Leute danach sind! Da aber die Leute nicht danach sind, so -- habe ich meine Rechnung auf den Friedensfuß gesetzt."
III. 15
Indem Walter ſeinen Vater aufmerkſam be¬ trachtete, ſuchte er, ob hinter der barocken Wolke, mit welcher van Aſten ſeinen wahren Geſichtsausdruck zu verbergen wußte, nicht eine andere Stimmung lauere. Doch keiner der ſchlauen Blicke züngelte zu ihm auf; er ſaß, die Hände auf den Stock geſtützt, ſeine Augen auf den Boden gerichtet.
„So bin ich wenigſtens davon überzeugt, daß Sie Ihr Geſchäft überſehen haben. Wenn eine Unternehmung Ihnen fehl ſchlüge, werden ſie nicht ſelbſt geſchlagen ſein. Das Renommee des alten Hauſes van Aſten und Compagnie — “
„Die älteſten Häuſer ſtürzen beim Erdbeben. Krieg iſt ein Erdbeben. Lerne was von mir, was Dir gefallen wird: ein Kaufmann, der immer nur auf Nummer Sicher ſetzt, hat bald ausgewirthſchaftet.“
„Mein Vater, wenn Sie auf den Frieden Ihr Alles ſetzten, —“ ſagte Walter nachdenklich.
„So iſt wieder Unfriede zwiſchen uns, fiel der Alte ein, denn Du haſt Dein Alles auf den Krieg geſetzt. Ich weiß es.“
„Was iſt mein Alles, Vater!“
Der Kaufmann winkte ihm mit der Hand zu ſchweigen. „Ich weiß es ja, darum kam ich nicht her. Ich will nicht richten mit Deinen heroiſch patriotiſchen Stimmungen, ein guter Geſchäftsmann kann auch damit etwas anfangen, wenn die Leute danach ſind! Da aber die Leute nicht danach ſind, ſo — habe ich meine Rechnung auf den Friedensfuß geſetzt.“
III. 15
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Indem Walter ſeinen Vater aufmerkſam be¬
trachtete, ſuchte er, ob hinter der barocken Wolke, mit
welcher van Aſten ſeinen wahren Geſichtsausdruck zu
verbergen wußte, nicht eine andere Stimmung lauere.
Doch keiner der ſchlauen Blicke züngelte zu ihm auf;
er ſaß, die Hände auf den Stock geſtützt, ſeine Augen
auf den Boden gerichtet.
„So bin ich wenigſtens davon überzeugt, daß
Sie Ihr Geſchäft überſehen haben. Wenn eine
Unternehmung Ihnen fehl ſchlüge, werden ſie nicht
ſelbſt geſchlagen ſein. Das Renommee des alten
Hauſes van Aſten und Compagnie — “
„Die älteſten Häuſer ſtürzen beim Erdbeben.
Krieg iſt ein Erdbeben. Lerne was von mir, was
Dir gefallen wird: ein Kaufmann, der immer nur
auf Nummer Sicher ſetzt, hat bald ausgewirthſchaftet.“
„Mein Vater, wenn Sie auf den Frieden Ihr
Alles ſetzten, —“ ſagte Walter nachdenklich.
„So iſt wieder Unfriede zwiſchen uns, fiel der
Alte ein, denn Du haſt Dein Alles auf den Krieg
geſetzt. Ich weiß es.“
„Was iſt mein Alles, Vater!“
Der Kaufmann winkte ihm mit der Hand zu
ſchweigen. „Ich weiß es ja, darum kam ich nicht
her. Ich will nicht richten mit Deinen heroiſch
patriotiſchen Stimmungen, ein guter Geſchäftsmann
kann auch damit etwas anfangen, wenn die Leute
danach ſind! Da aber die Leute nicht danach ſind, ſo —
habe ich meine Rechnung auf den Friedensfuß geſetzt.“
III. 15
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/235>, abgerufen am 16.02.2025.
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