"So steckt immer noch ein Viertel drin, und das kann man so langsam rausziehen, bis es zu spät und der Krieg an der Donau vorüber ist. Bona¬ parte hat Wien genommen, weißt Du das schon? Die beiden Russischen Heere, unter Kutusow und Buxhövden werden Mühe haben sich um Olmütz zu vereinigen. Die Nachricht kam eben auf der Börse an."
"Wien genommen! rief Walter. Und Haugwitz?"
"Hat sich von Bonaparte hinschicken lassen, weil in Wien ein Gesandter am besten aufgehoben ist. Der Kaiser hat sehr viel Rücksichten gegen ihn gehabt, fand es unschicklich, daß ein Preußischer Minister und Diplomat sich im Heerestroß mitschleppen lasse."
"Und Haugwitz ließ sich fortschicken?"
"Was wird er nicht! Er liebt die Commodität. Sehr langsam reist er schon, damit ihm kein Unglück widerfahre. Und hat gewiß Recht gehabt, ein Un¬ glück, was unserm Premierminister zustieße, wäre ja eines für den ganzen Staat!"
"Und er traf ihn --"
"In Brünn gerade bei den Vorbereitungen zu einer neuen Schlacht. Da hatte Napoleon natürlich keine Zeit sich mit ihm zu unterhalten. Wenn ich zur Messe in Leipzig bin und meine Bude vollsteht von Juden, Türken und Armeniern, wo es einen Handel gilt um alle meine Waaren, und die Spitz¬ buben wollen mich übers Ohr hauen, oder ich will sie, was bei einem Kaufmann auf eins rauskommt,
15*
„So ſteckt immer noch ein Viertel drin, und das kann man ſo langſam rausziehen, bis es zu ſpät und der Krieg an der Donau vorüber iſt. Bona¬ parte hat Wien genommen, weißt Du das ſchon? Die beiden Ruſſiſchen Heere, unter Kutuſow und Buxhövden werden Mühe haben ſich um Olmütz zu vereinigen. Die Nachricht kam eben auf der Börſe an.“
„Wien genommen! rief Walter. Und Haugwitz?“
„Hat ſich von Bonaparte hinſchicken laſſen, weil in Wien ein Geſandter am beſten aufgehoben iſt. Der Kaiſer hat ſehr viel Rückſichten gegen ihn gehabt, fand es unſchicklich, daß ein Preußiſcher Miniſter und Diplomat ſich im Heerestroß mitſchleppen laſſe.“
„Und Haugwitz ließ ſich fortſchicken?“
„Was wird er nicht! Er liebt die Commodität. Sehr langſam reiſt er ſchon, damit ihm kein Unglück widerfahre. Und hat gewiß Recht gehabt, ein Un¬ glück, was unſerm Premierminiſter zuſtieße, wäre ja eines für den ganzen Staat!“
„Und er traf ihn —“
„In Brünn gerade bei den Vorbereitungen zu einer neuen Schlacht. Da hatte Napoleon natürlich keine Zeit ſich mit ihm zu unterhalten. Wenn ich zur Meſſe in Leipzig bin und meine Bude vollſteht von Juden, Türken und Armeniern, wo es einen Handel gilt um alle meine Waaren, und die Spitz¬ buben wollen mich übers Ohr hauen, oder ich will ſie, was bei einem Kaufmann auf eins rauskommt,
15*
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0237"n="227"/><p>„So ſteckt immer noch ein Viertel drin, und das<lb/>
kann man ſo langſam rausziehen, bis es zu ſpät<lb/>
und der Krieg an der Donau vorüber iſt. Bona¬<lb/>
parte hat Wien genommen, weißt Du das ſchon?<lb/>
Die beiden Ruſſiſchen Heere, unter Kutuſow und<lb/>
Buxhövden werden Mühe haben ſich um Olmütz<lb/>
zu vereinigen. Die Nachricht kam eben auf der<lb/>
Börſe an.“</p><lb/><p>„Wien genommen! rief Walter. Und Haugwitz?“</p><lb/><p>„Hat ſich von Bonaparte hinſchicken laſſen, weil<lb/>
in Wien ein Geſandter am beſten aufgehoben iſt. Der<lb/>
Kaiſer hat ſehr viel Rückſichten gegen ihn gehabt,<lb/>
fand es unſchicklich, daß ein Preußiſcher Miniſter und<lb/>
Diplomat ſich im Heerestroß mitſchleppen laſſe.“</p><lb/><p>„Und Haugwitz ließ ſich fortſchicken?“</p><lb/><p>„Was wird er nicht! Er liebt die Commodität.<lb/>
Sehr langſam reiſt er ſchon, damit ihm kein Unglück<lb/>
widerfahre. Und hat gewiß Recht gehabt, ein Un¬<lb/>
glück, was unſerm Premierminiſter zuſtieße, wäre<lb/>
ja eines für den ganzen Staat!“</p><lb/><p>„Und er traf ihn —“</p><lb/><p>„In Brünn gerade bei den Vorbereitungen zu<lb/>
einer neuen Schlacht. Da hatte Napoleon natürlich<lb/>
keine Zeit ſich mit ihm zu unterhalten. Wenn ich<lb/>
zur Meſſe in Leipzig bin und meine Bude vollſteht<lb/>
von Juden, Türken und Armeniern, wo es einen<lb/>
Handel gilt um alle meine Waaren, und die Spitz¬<lb/>
buben wollen mich übers Ohr hauen, oder ich will<lb/>ſie, was bei einem Kaufmann auf eins rauskommt,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">15*<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[227/0237]
„So ſteckt immer noch ein Viertel drin, und das
kann man ſo langſam rausziehen, bis es zu ſpät
und der Krieg an der Donau vorüber iſt. Bona¬
parte hat Wien genommen, weißt Du das ſchon?
Die beiden Ruſſiſchen Heere, unter Kutuſow und
Buxhövden werden Mühe haben ſich um Olmütz
zu vereinigen. Die Nachricht kam eben auf der
Börſe an.“
„Wien genommen! rief Walter. Und Haugwitz?“
„Hat ſich von Bonaparte hinſchicken laſſen, weil
in Wien ein Geſandter am beſten aufgehoben iſt. Der
Kaiſer hat ſehr viel Rückſichten gegen ihn gehabt,
fand es unſchicklich, daß ein Preußiſcher Miniſter und
Diplomat ſich im Heerestroß mitſchleppen laſſe.“
„Und Haugwitz ließ ſich fortſchicken?“
„Was wird er nicht! Er liebt die Commodität.
Sehr langſam reiſt er ſchon, damit ihm kein Unglück
widerfahre. Und hat gewiß Recht gehabt, ein Un¬
glück, was unſerm Premierminiſter zuſtieße, wäre
ja eines für den ganzen Staat!“
„Und er traf ihn —“
„In Brünn gerade bei den Vorbereitungen zu
einer neuen Schlacht. Da hatte Napoleon natürlich
keine Zeit ſich mit ihm zu unterhalten. Wenn ich
zur Meſſe in Leipzig bin und meine Bude vollſteht
von Juden, Türken und Armeniern, wo es einen
Handel gilt um alle meine Waaren, und die Spitz¬
buben wollen mich übers Ohr hauen, oder ich will
ſie, was bei einem Kaufmann auf eins rauskommt,
15*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/237>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.