Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.seufzte die Kriegsräthin. Da ist man ja keinen Au¬ "Das ist mein Umschlagetuch!" So ging sie wieder zur Thür hinaus, unbe¬ Sie mußte sich allerdings, wenn auch nicht darauf, "Und das muß ich Ihnen sagen, Frau Geheim¬ ſeufzte die Kriegsräthin. Da iſt man ja keinen Au¬ „Das iſt mein Umſchlagetuch!“ So ging ſie wieder zur Thür hinaus, unbe¬ Sie mußte ſich allerdings, wenn auch nicht darauf, „Und das muß ich Ihnen ſagen, Frau Geheim¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="31"/> ſeufzte die Kriegsräthin. Da iſt man ja keinen Au¬<lb/> genblick ſeines Lebens ſicher! Und wenn ſie ſich<lb/> nun wirklich ein Leids anthut!“ Andre waren minder<lb/> gläubig. Ein Spötter äußerte, vor dem halleſchen<lb/> Thor ſei zwar der Kirchhof, aber auch die Reiter<lb/> wären durch dies Thor marſchirt. Wenigſtens mußte<lb/> Charlotte nicht augenblicklich ihren Entſchluß auszu¬<lb/> führen geſonnen ſein, denn plötzlich trat ſie zur Thür<lb/> wieder herein. Noch roth vor Echauffement drängte<lb/> ſie durch die Anweſenden nach dem Fenſter und riß<lb/> das Tuch an ſich, das die erſchrockene Baronin mit<lb/> ihrem Rücken zufällig feſt hielt:</p><lb/> <p>„Das iſt <hi rendition="#g">mein</hi> Umſchlagetuch!“</p><lb/> <p>So ging ſie wieder zur Thür hinaus, unbe¬<lb/> kümmert um die Anſprache des Geheimraths, der<lb/> ſich wirklich moderirt haben mußte, denn beim Vor¬<lb/> übergehn ſagte er zu ihr: „Hat Sie ſich noch nicht<lb/> beſonnen?“</p><lb/> <p>Sie mußte ſich allerdings, wenn auch nicht darauf,<lb/> doch auf etwas anderes beſonnen haben, denn, die<lb/> Thür noch in der Hand, fing ſie heftig an zu ſchluchzen,<lb/> ihr Peroriren war aber diesmal an die Wirthin ge¬<lb/> richtet:</p><lb/> <p>„Und das muß ich Ihnen ſagen, Frau Geheim¬<lb/> räthin, und wenn Sie mich für eine ſchlechte Perſon<lb/> halten. Die Kinder laſſen Sie nicht zu ihm, nein<lb/> um Gottes Willen, das thun Sie nicht. Bei ihm<lb/> ſind ſie in Grund und Boden verloren, der Herr<lb/> Geheimrath verſtehen nichts von der Erziehung. Das<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [31/0041]
ſeufzte die Kriegsräthin. Da iſt man ja keinen Au¬
genblick ſeines Lebens ſicher! Und wenn ſie ſich
nun wirklich ein Leids anthut!“ Andre waren minder
gläubig. Ein Spötter äußerte, vor dem halleſchen
Thor ſei zwar der Kirchhof, aber auch die Reiter
wären durch dies Thor marſchirt. Wenigſtens mußte
Charlotte nicht augenblicklich ihren Entſchluß auszu¬
führen geſonnen ſein, denn plötzlich trat ſie zur Thür
wieder herein. Noch roth vor Echauffement drängte
ſie durch die Anweſenden nach dem Fenſter und riß
das Tuch an ſich, das die erſchrockene Baronin mit
ihrem Rücken zufällig feſt hielt:
„Das iſt mein Umſchlagetuch!“
So ging ſie wieder zur Thür hinaus, unbe¬
kümmert um die Anſprache des Geheimraths, der
ſich wirklich moderirt haben mußte, denn beim Vor¬
übergehn ſagte er zu ihr: „Hat Sie ſich noch nicht
beſonnen?“
Sie mußte ſich allerdings, wenn auch nicht darauf,
doch auf etwas anderes beſonnen haben, denn, die
Thür noch in der Hand, fing ſie heftig an zu ſchluchzen,
ihr Peroriren war aber diesmal an die Wirthin ge¬
richtet:
„Und das muß ich Ihnen ſagen, Frau Geheim¬
räthin, und wenn Sie mich für eine ſchlechte Perſon
halten. Die Kinder laſſen Sie nicht zu ihm, nein
um Gottes Willen, das thun Sie nicht. Bei ihm
ſind ſie in Grund und Boden verloren, der Herr
Geheimrath verſtehen nichts von der Erziehung. Das
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