Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Kapitel.
Es war etwas nicht, wie es sein sollte.

Die Geheimräthin ruhte in einem Fauteuil, als
Wandel ins Zimmer zurückkehrte. Sie sah sehr ab¬
gespannt aus; über das blasse Gesicht flog aber doch
eine nervöse Röthe, und ihr dunkles Auge rollte selt¬
same Blicke umher. In dem weißen Kleide, das sich
in weiten weichen Falten um sie breitete, und der
Haube von derselben Farbe hatte ihre Erscheinung
etwas Geisterartiges.

"Was war denn der Eitelbach?" fragte sie.

"Verliebt."

"Possen! -- Ich hörte davon. Spielen Sie mit?"

"Man darf kein Spielverderber sein."

Sie zuckte verächtlich die Achseln, es konnte aber
auch für einen innern Schauder gelten: "Wie steht
es nun also? -- Ach mein Gott, es ist so viel, was
mir durch den Kopf geht."

"Das Capital, was Sie morgen ausgezahlt
erhalten, würde ich meiner Freundin rathen baar in
Händen zu behalten."

Drittes Kapitel.
Es war etwas nicht, wie es ſein ſollte.

Die Geheimräthin ruhte in einem Fauteuil, als
Wandel ins Zimmer zurückkehrte. Sie ſah ſehr ab¬
geſpannt aus; über das blaſſe Geſicht flog aber doch
eine nervöſe Röthe, und ihr dunkles Auge rollte ſelt¬
ſame Blicke umher. In dem weißen Kleide, das ſich
in weiten weichen Falten um ſie breitete, und der
Haube von derſelben Farbe hatte ihre Erſcheinung
etwas Geiſterartiges.

„Was war denn der Eitelbach?“ fragte ſie.

„Verliebt.“

„Poſſen! — Ich hörte davon. Spielen Sie mit?“

„Man darf kein Spielverderber ſein.“

Sie zuckte verächtlich die Achſeln, es konnte aber
auch für einen innern Schauder gelten: „Wie ſteht
es nun alſo? — Ach mein Gott, es iſt ſo viel, was
mir durch den Kopf geht.“

„Das Capital, was Sie morgen ausgezahlt
erhalten, würde ich meiner Freundin rathen baar in
Händen zu behalten.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0046" n="[36]"/>
      <div n="1">
        <head>Drittes Kapitel.<lb/><hi rendition="#b">Es war etwas nicht, wie es &#x017F;ein &#x017F;ollte.</hi><lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Die Geheimräthin ruhte in einem Fauteuil, als<lb/>
Wandel ins Zimmer zurückkehrte. Sie &#x017F;ah &#x017F;ehr ab¬<lb/>
ge&#x017F;pannt aus; über das bla&#x017F;&#x017F;e Ge&#x017F;icht flog aber doch<lb/>
eine nervö&#x017F;e Röthe, und ihr dunkles Auge rollte &#x017F;elt¬<lb/>
&#x017F;ame Blicke umher. In dem weißen Kleide, das &#x017F;ich<lb/>
in weiten weichen Falten um &#x017F;ie breitete, und der<lb/>
Haube von der&#x017F;elben Farbe hatte ihre Er&#x017F;cheinung<lb/>
etwas Gei&#x017F;terartiges.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was war denn der Eitelbach?&#x201C; fragte &#x017F;ie.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Verliebt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Po&#x017F;&#x017F;en! &#x2014; Ich hörte davon. Spielen Sie mit?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Man darf kein Spielverderber &#x017F;ein.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Sie zuckte verächtlich die Ach&#x017F;eln, es konnte aber<lb/>
auch für einen innern Schauder gelten: &#x201E;Wie &#x017F;teht<lb/>
es nun al&#x017F;o? &#x2014; Ach mein Gott, es i&#x017F;t &#x017F;o viel, was<lb/>
mir durch den Kopf geht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das Capital, was Sie morgen ausgezahlt<lb/>
erhalten, würde ich meiner Freundin rathen baar in<lb/>
Händen zu behalten.&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[36]/0046] Drittes Kapitel. Es war etwas nicht, wie es ſein ſollte. Die Geheimräthin ruhte in einem Fauteuil, als Wandel ins Zimmer zurückkehrte. Sie ſah ſehr ab¬ geſpannt aus; über das blaſſe Geſicht flog aber doch eine nervöſe Röthe, und ihr dunkles Auge rollte ſelt¬ ſame Blicke umher. In dem weißen Kleide, das ſich in weiten weichen Falten um ſie breitete, und der Haube von derſelben Farbe hatte ihre Erſcheinung etwas Geiſterartiges. „Was war denn der Eitelbach?“ fragte ſie. „Verliebt.“ „Poſſen! — Ich hörte davon. Spielen Sie mit?“ „Man darf kein Spielverderber ſein.“ Sie zuckte verächtlich die Achſeln, es konnte aber auch für einen innern Schauder gelten: „Wie ſteht es nun alſo? — Ach mein Gott, es iſt ſo viel, was mir durch den Kopf geht.“ „Das Capital, was Sie morgen ausgezahlt erhalten, würde ich meiner Freundin rathen baar in Händen zu behalten.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/46
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. [36]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/46>, abgerufen am 21.11.2024.