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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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ersehen, um über die Verhältnisse seiner Cameraden
Auskunft zu geben.

Ein schlauer Seitenblick des andern las, was
in seiner Seele vorging. "Wie werde ich denn einen
Officier zum Zeugen aufrufen gegen seine Cameraden!
Das weiß ich, jeder Officier muß für den andern
gut sagen -- "

"Na hören Sie, was das anbetrifft!"

"Wir verstehen uns ja! Cavalierparole ist sehr
was schönes. Giebt gar nichts schöneres auf der Welt.
Aber bei Wechseln, da halten wir Kaufleute, 's ist
so 'ne alte Usance, uns an andre Dinge. Wer ins
Feld marschirt z. B. kann nicht Alles mitnehmen;
man erleichtert's den Herren, nimmt ihnen was zu
schwer ist ab. Hatte da eben eine kleine Conferenz
mit unserm Manteuffel. Das ist ein praktischer Mann."

"Hohl ihn der Teufel!" sagte der Rittmeister.

"Weiß wohl, daß ihm die Herrn Officiere nicht
sehr grün sind. Ja, lieber Himmel, wenn mal 'ne
Sache unterm Hammer steht, giebt er sie hin um
jeden Preis. Das ist wahr. Ist nu mal nicht an¬
ders. Die Moral ist, man muß es nicht dahin kom¬
men lassen. Was nun des Herrn Rittmeisters kleinen
Wechsel anbetrifft, so machte mir Herr Manteuffel
die Proposition --"

"Seelenmann, Sie werden mich doch nicht an
Manteuffel verkaufen?"

"Verstehn Sie mich, er wollte Sie einem andern
abgeben."

erſehen, um über die Verhältniſſe ſeiner Cameraden
Auskunft zu geben.

Ein ſchlauer Seitenblick des andern las, was
in ſeiner Seele vorging. „Wie werde ich denn einen
Officier zum Zeugen aufrufen gegen ſeine Cameraden!
Das weiß ich, jeder Officier muß für den andern
gut ſagen — “

„Na hören Sie, was das anbetrifft!“

„Wir verſtehen uns ja! Cavalierparole iſt ſehr
was ſchönes. Giebt gar nichts ſchöneres auf der Welt.
Aber bei Wechſeln, da halten wir Kaufleute, 's iſt
ſo 'ne alte Uſance, uns an andre Dinge. Wer ins
Feld marſchirt z. B. kann nicht Alles mitnehmen;
man erleichtert's den Herren, nimmt ihnen was zu
ſchwer iſt ab. Hatte da eben eine kleine Conferenz
mit unſerm Manteuffel. Das iſt ein praktiſcher Mann.“

„Hohl ihn der Teufel!“ ſagte der Rittmeiſter.

„Weiß wohl, daß ihm die Herrn Officiere nicht
ſehr grün ſind. Ja, lieber Himmel, wenn mal 'ne
Sache unterm Hammer ſteht, giebt er ſie hin um
jeden Preis. Das iſt wahr. Iſt nu mal nicht an¬
ders. Die Moral iſt, man muß es nicht dahin kom¬
men laſſen. Was nun des Herrn Rittmeiſters kleinen
Wechſel anbetrifft, ſo machte mir Herr Manteuffel
die Propoſition —“

„Seelenmann, Sie werden mich doch nicht an
Manteuffel verkaufen?“

„Verſtehn Sie mich, er wollte Sie einem andern
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[80/0090] erſehen, um über die Verhältniſſe ſeiner Cameraden Auskunft zu geben. Ein ſchlauer Seitenblick des andern las, was in ſeiner Seele vorging. „Wie werde ich denn einen Officier zum Zeugen aufrufen gegen ſeine Cameraden! Das weiß ich, jeder Officier muß für den andern gut ſagen — “ „Na hören Sie, was das anbetrifft!“ „Wir verſtehen uns ja! Cavalierparole iſt ſehr was ſchönes. Giebt gar nichts ſchöneres auf der Welt. Aber bei Wechſeln, da halten wir Kaufleute, 's iſt ſo 'ne alte Uſance, uns an andre Dinge. Wer ins Feld marſchirt z. B. kann nicht Alles mitnehmen; man erleichtert's den Herren, nimmt ihnen was zu ſchwer iſt ab. Hatte da eben eine kleine Conferenz mit unſerm Manteuffel. Das iſt ein praktiſcher Mann.“ „Hohl ihn der Teufel!“ ſagte der Rittmeiſter. „Weiß wohl, daß ihm die Herrn Officiere nicht ſehr grün ſind. Ja, lieber Himmel, wenn mal 'ne Sache unterm Hammer ſteht, giebt er ſie hin um jeden Preis. Das iſt wahr. Iſt nu mal nicht an¬ ders. Die Moral iſt, man muß es nicht dahin kom¬ men laſſen. Was nun des Herrn Rittmeiſters kleinen Wechſel anbetrifft, ſo machte mir Herr Manteuffel die Propoſition —“ „Seelenmann, Sie werden mich doch nicht an Manteuffel verkaufen?“ „Verſtehn Sie mich, er wollte Sie einem andern abgeben.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/90>, abgerufen am 24.11.2024.