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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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"Als ich sie vorgestern in die Hand bekam, war
ich entzückt. Der Anfang superbe. Das Vorwort
ist von Ihnen, das kann ein Geschäftsmann nicht.
So wollte ich die Verordnung vor's Publicum ge¬
bracht, so eingeleitet. Selbst die Perücken, durch die
ich mich schlagen muß, würden einigen Respect vor
dieser Ueberzeugungskraft, vor dieser Gesinnung in
blühender Sprache, die zum Herzen dringt, gewinnen.
Das kommt von Ihnen? Nicht?"

"Wenn nicht ein unsichtbarer Geist es mir ein¬
gab, der sein Eigenthum reclamirt."

"Machen Sie Ihre Sache nicht schlechter, als sie
ist, junger Mann. Gestehen Sie offen Ihren Fehl¬
tritt ein. Von da ab hat der Teufel der Eitelkeit
Sie geplagt -- Wort für Wort abgeschrieben."

"Von wem?"

"Ich will's noch glauben, daß Sie das Original
selbst nicht kannten."

Der Minister war, mit einem stummen Wink,
daß der Andere ihm folge, in sein Arbeitszimmer
getreten. Vom Schreibtisch nahm er ein sauber
mundirtes Promemoria und reichte es Walter: "Lesen
Sie! die Ausarbeitung des Herrn von Fuchsius,
welche dieser geschickte Arbeiter auf die von mir ihm
angegebenen Ideen entwarf, ganz zu meiner Zufrie¬
denheit, ganz in meine Ideen eingehend."

Walter las, blätterte, überflog mit steigender
Verwunderung. Das Thema dasselbe, die Einleitung
die formelle eines geübten Geschäftsmannes, die Ein¬

„Als ich ſie vorgeſtern in die Hand bekam, war
ich entzückt. Der Anfang ſuperbe. Das Vorwort
iſt von Ihnen, das kann ein Geſchäftsmann nicht.
So wollte ich die Verordnung vor's Publicum ge¬
bracht, ſo eingeleitet. Selbſt die Perücken, durch die
ich mich ſchlagen muß, würden einigen Reſpect vor
dieſer Ueberzeugungskraft, vor dieſer Geſinnung in
blühender Sprache, die zum Herzen dringt, gewinnen.
Das kommt von Ihnen? Nicht?“

„Wenn nicht ein unſichtbarer Geiſt es mir ein¬
gab, der ſein Eigenthum reclamirt.“

„Machen Sie Ihre Sache nicht ſchlechter, als ſie
iſt, junger Mann. Geſtehen Sie offen Ihren Fehl¬
tritt ein. Von da ab hat der Teufel der Eitelkeit
Sie geplagt — Wort für Wort abgeſchrieben.“

„Von wem?“

„Ich will's noch glauben, daß Sie das Original
ſelbſt nicht kannten.“

Der Miniſter war, mit einem ſtummen Wink,
daß der Andere ihm folge, in ſein Arbeitszimmer
getreten. Vom Schreibtiſch nahm er ein ſauber
mundirtes Promemoria und reichte es Walter: „Leſen
Sie! die Ausarbeitung des Herrn von Fuchſius,
welche dieſer geſchickte Arbeiter auf die von mir ihm
angegebenen Ideen entwarf, ganz zu meiner Zufrie¬
denheit, ganz in meine Ideen eingehend.“

Walter las, blätterte, überflog mit ſteigender
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[189/0199] „Als ich ſie vorgeſtern in die Hand bekam, war ich entzückt. Der Anfang ſuperbe. Das Vorwort iſt von Ihnen, das kann ein Geſchäftsmann nicht. So wollte ich die Verordnung vor's Publicum ge¬ bracht, ſo eingeleitet. Selbſt die Perücken, durch die ich mich ſchlagen muß, würden einigen Reſpect vor dieſer Ueberzeugungskraft, vor dieſer Geſinnung in blühender Sprache, die zum Herzen dringt, gewinnen. Das kommt von Ihnen? Nicht?“ „Wenn nicht ein unſichtbarer Geiſt es mir ein¬ gab, der ſein Eigenthum reclamirt.“ „Machen Sie Ihre Sache nicht ſchlechter, als ſie iſt, junger Mann. Geſtehen Sie offen Ihren Fehl¬ tritt ein. Von da ab hat der Teufel der Eitelkeit Sie geplagt — Wort für Wort abgeſchrieben.“ „Von wem?“ „Ich will's noch glauben, daß Sie das Original ſelbſt nicht kannten.“ Der Miniſter war, mit einem ſtummen Wink, daß der Andere ihm folge, in ſein Arbeitszimmer getreten. Vom Schreibtiſch nahm er ein ſauber mundirtes Promemoria und reichte es Walter: „Leſen Sie! die Ausarbeitung des Herrn von Fuchſius, welche dieſer geſchickte Arbeiter auf die von mir ihm angegebenen Ideen entwarf, ganz zu meiner Zufrie¬ denheit, ganz in meine Ideen eingehend.“ Walter las, blätterte, überflog mit ſteigender Verwunderung. Das Thema daſſelbe, die Einleitung die formelle eines geübten Geſchäftsmannes, die Ein¬

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/199>, abgerufen am 21.11.2024.