derkleid ist's nicht gethan. Da mußten sie in die Komödie, vom Tanzboden in's Corps de Ballet. Ging's nicht so, dachten sie, geht's so. Das kennt man ja. Und Airs geben sie sich, wenn ein Officier mal auf der Redoute: "Meine Damen!" gesagt hat. Als ob man nicht wüßte, wie sie mal barfuß laufen mußten und Reisig auf der Hucke tragen, das ist noch keine Sünde nicht, aber pfui, wer sich schämt, was er gewesen ist. Und gegen den Vater wäre auch gar nichts zu sagen, wenn er nicht so schreckliche Manieren hätte. Man merkt doch gleich den Grob¬ schmied raus. Und wo er zuschlägt, wächst kein Gras. Aber er ist doch mal ihr Vater, und gestohlen hat er auch nicht. Aber die Mutter, na, lieber Gott, wenn man von der erzählen wollte! Unter der Haube ist sie nun mal, aber von vorher weiß man Geschichten. Gott bewahre mich, daß ich was sagte. Wer Allen die Haube vom Kopfe reißen wollte, die jetzt hochmüthig thun, und auf Andere schief runter sehen, da hätte man viel zu thun. Einer den Andern verreden, das ist die Schlechtigkeit der Menschheit, und bis das nicht abgeschafft ist, Cousin, da können Sie mir glauben, ist's nichts in der Welt. Ich weiß das ja von meinem Geheimrath. Da möchte Einer den Andern runter bringen. Katzenfreundlich vor den Augen, und wenn sie sich den Rücken gedreht haben, pfui! Da stellt Einer dem Andern das Bein, und noch weit höher hinauf. Und wenn er gefallen ist, da drücken sie ihm die Hand und thun, als ob sie
derkleid iſt's nicht gethan. Da mußten ſie in die Komödie, vom Tanzboden in's Corps de Ballet. Ging's nicht ſo, dachten ſie, geht's ſo. Das kennt man ja. Und Airs geben ſie ſich, wenn ein Officier mal auf der Redoute: „Meine Damen!“ geſagt hat. Als ob man nicht wüßte, wie ſie mal barfuß laufen mußten und Reiſig auf der Hucke tragen, das iſt noch keine Sünde nicht, aber pfui, wer ſich ſchämt, was er geweſen iſt. Und gegen den Vater wäre auch gar nichts zu ſagen, wenn er nicht ſo ſchreckliche Manieren hätte. Man merkt doch gleich den Grob¬ ſchmied raus. Und wo er zuſchlägt, wächſt kein Gras. Aber er iſt doch mal ihr Vater, und geſtohlen hat er auch nicht. Aber die Mutter, na, lieber Gott, wenn man von der erzählen wollte! Unter der Haube iſt ſie nun mal, aber von vorher weiß man Geſchichten. Gott bewahre mich, daß ich was ſagte. Wer Allen die Haube vom Kopfe reißen wollte, die jetzt hochmüthig thun, und auf Andere ſchief runter ſehen, da hätte man viel zu thun. Einer den Andern verreden, das iſt die Schlechtigkeit der Menſchheit, und bis das nicht abgeſchafft iſt, Couſin, da können Sie mir glauben, iſt's nichts in der Welt. Ich weiß das ja von meinem Geheimrath. Da möchte Einer den Andern runter bringen. Katzenfreundlich vor den Augen, und wenn ſie ſich den Rücken gedreht haben, pfui! Da ſtellt Einer dem Andern das Bein, und noch weit höher hinauf. Und wenn er gefallen iſt, da drücken ſie ihm die Hand und thun, als ob ſie
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0213"n="203"/>
derkleid iſt's nicht gethan. Da mußten ſie in die<lb/>
Komödie, vom Tanzboden in's Corps de Ballet.<lb/>
Ging's nicht ſo, dachten ſie, geht's ſo. Das kennt<lb/>
man ja. Und Airs geben ſie ſich, wenn ein Officier<lb/>
mal auf der Redoute: „Meine Damen!“ geſagt hat.<lb/>
Als ob man nicht wüßte, wie ſie mal barfuß laufen<lb/>
mußten und Reiſig auf der Hucke tragen, das iſt<lb/>
noch keine Sünde nicht, aber pfui, wer ſich ſchämt,<lb/>
was er geweſen iſt. Und gegen den Vater wäre<lb/>
auch gar nichts zu ſagen, wenn er nicht ſo ſchreckliche<lb/>
Manieren hätte. Man merkt doch gleich den Grob¬<lb/>ſchmied raus. Und wo er zuſchlägt, wächſt kein<lb/>
Gras. Aber er iſt doch mal ihr Vater, und geſtohlen<lb/>
hat er auch nicht. Aber die Mutter, na, lieber Gott,<lb/>
wenn man von der erzählen wollte! Unter der<lb/>
Haube iſt ſie nun mal, aber von vorher weiß man<lb/>
Geſchichten. Gott bewahre mich, daß ich was ſagte.<lb/>
Wer Allen die Haube vom Kopfe reißen wollte, die<lb/>
jetzt hochmüthig thun, und auf Andere ſchief runter<lb/>ſehen, da hätte man viel zu thun. Einer den Andern<lb/>
verreden, das iſt die Schlechtigkeit der Menſchheit,<lb/>
und bis das nicht abgeſchafft iſt, Couſin, da können<lb/>
Sie mir glauben, iſt's nichts in der Welt. Ich weiß<lb/>
das ja von meinem Geheimrath. Da möchte Einer<lb/>
den Andern runter bringen. Katzenfreundlich vor den<lb/>
Augen, und wenn ſie ſich den Rücken gedreht haben,<lb/>
pfui! Da ſtellt Einer dem Andern das Bein, und<lb/>
noch weit höher hinauf. Und wenn er gefallen iſt,<lb/>
da drücken ſie ihm die Hand und thun, als ob ſie<lb/></p></div></body></text></TEI>
[203/0213]
derkleid iſt's nicht gethan. Da mußten ſie in die
Komödie, vom Tanzboden in's Corps de Ballet.
Ging's nicht ſo, dachten ſie, geht's ſo. Das kennt
man ja. Und Airs geben ſie ſich, wenn ein Officier
mal auf der Redoute: „Meine Damen!“ geſagt hat.
Als ob man nicht wüßte, wie ſie mal barfuß laufen
mußten und Reiſig auf der Hucke tragen, das iſt
noch keine Sünde nicht, aber pfui, wer ſich ſchämt,
was er geweſen iſt. Und gegen den Vater wäre
auch gar nichts zu ſagen, wenn er nicht ſo ſchreckliche
Manieren hätte. Man merkt doch gleich den Grob¬
ſchmied raus. Und wo er zuſchlägt, wächſt kein
Gras. Aber er iſt doch mal ihr Vater, und geſtohlen
hat er auch nicht. Aber die Mutter, na, lieber Gott,
wenn man von der erzählen wollte! Unter der
Haube iſt ſie nun mal, aber von vorher weiß man
Geſchichten. Gott bewahre mich, daß ich was ſagte.
Wer Allen die Haube vom Kopfe reißen wollte, die
jetzt hochmüthig thun, und auf Andere ſchief runter
ſehen, da hätte man viel zu thun. Einer den Andern
verreden, das iſt die Schlechtigkeit der Menſchheit,
und bis das nicht abgeſchafft iſt, Couſin, da können
Sie mir glauben, iſt's nichts in der Welt. Ich weiß
das ja von meinem Geheimrath. Da möchte Einer
den Andern runter bringen. Katzenfreundlich vor den
Augen, und wenn ſie ſich den Rücken gedreht haben,
pfui! Da ſtellt Einer dem Andern das Bein, und
noch weit höher hinauf. Und wenn er gefallen iſt,
da drücken ſie ihm die Hand und thun, als ob ſie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/213>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.