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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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Flanken, vom Rücken droht, ist ihnen nicht begreiflich
zu machen. Friedrichs Schule hat sich schlecht be¬
währt. Ueber das Militair rede ich nicht, nur vom
Civil. Da stehn die Posten, wo man sie hingestellt,
sich brüstend, daß sie die Stelle nie um einen halben
Fuß breit verlassen, aber unaufmerksam, wenn die
Contrebande drei Schritte von ihnen bei hellem Tage
über die Grenze dringt. Was geht es sie an, sie
thun ihre Pflicht! Wenn die dumpfe Tugendtreue,
eigentlich nur Bequemlichkeit, sie auszuhalten drängt,
so wäre ihre höhere Tugend und Treue, ihre Be¬
fehlshaber aufmerksam zu machen, daß man ihre
Kräfte besser verwende. Vor dieser Anmaßung,
Ueberschreitung ihres Dienstes, erschrecken diese Men¬
schen wie vor einer Sünde gegen den heiligen Geist.
Mag das Vaterland untergehen, wenn sie nur an
ihrem Schilderhaus präsentirten. So nicht Einer, nein,
Alle, keine Freiheit des Urtheils, keine selbsteigene Bewe¬
gungskraft. Je besser diese Normalpreußen geschniegelt,
gebürstet und geschnürt sind, so kleiner der Kern des
Menschen darin. Ja, in Manchem, wenn man ihn auf¬
hülft, ist's hohl, das Mark in die Rinde geschossen."

"Die Klage der Patrioten ist doch, daß von
dieser Schule sich nur zu Viele frei gemacht," ent¬
gegnete Walter.

"Wo aus dem Leibe die Seele längst entwichen
ist, was wundern wir uns über die Ueberläufer zum
andern Extrem? Diese Ungebundenheit, Frechheit,
Lascivität in der Meinung und den Sitten, preise

Flanken, vom Rücken droht, iſt ihnen nicht begreiflich
zu machen. Friedrichs Schule hat ſich ſchlecht be¬
währt. Ueber das Militair rede ich nicht, nur vom
Civil. Da ſtehn die Poſten, wo man ſie hingeſtellt,
ſich brüſtend, daß ſie die Stelle nie um einen halben
Fuß breit verlaſſen, aber unaufmerkſam, wenn die
Contrebande drei Schritte von ihnen bei hellem Tage
über die Grenze dringt. Was geht es ſie an, ſie
thun ihre Pflicht! Wenn die dumpfe Tugendtreue,
eigentlich nur Bequemlichkeit, ſie auszuhalten drängt,
ſo wäre ihre höhere Tugend und Treue, ihre Be¬
fehlshaber aufmerkſam zu machen, daß man ihre
Kräfte beſſer verwende. Vor dieſer Anmaßung,
Ueberſchreitung ihres Dienſtes, erſchrecken dieſe Men¬
ſchen wie vor einer Sünde gegen den heiligen Geiſt.
Mag das Vaterland untergehen, wenn ſie nur an
ihrem Schilderhaus präſentirten. So nicht Einer, nein,
Alle, keine Freiheit des Urtheils, keine ſelbſteigene Bewe¬
gungskraft. Je beſſer dieſe Normalpreußen geſchniegelt,
gebürſtet und geſchnürt ſind, ſo kleiner der Kern des
Menſchen darin. Ja, in Manchem, wenn man ihn auf¬
hülft, iſt's hohl, das Mark in die Rinde geſchoſſen.“

„Die Klage der Patrioten iſt doch, daß von
dieſer Schule ſich nur zu Viele frei gemacht,“ ent¬
gegnete Walter.

„Wo aus dem Leibe die Seele längſt entwichen
iſt, was wundern wir uns über die Ueberläufer zum
andern Extrem? Dieſe Ungebundenheit, Frechheit,
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[228/0238] Flanken, vom Rücken droht, iſt ihnen nicht begreiflich zu machen. Friedrichs Schule hat ſich ſchlecht be¬ währt. Ueber das Militair rede ich nicht, nur vom Civil. Da ſtehn die Poſten, wo man ſie hingeſtellt, ſich brüſtend, daß ſie die Stelle nie um einen halben Fuß breit verlaſſen, aber unaufmerkſam, wenn die Contrebande drei Schritte von ihnen bei hellem Tage über die Grenze dringt. Was geht es ſie an, ſie thun ihre Pflicht! Wenn die dumpfe Tugendtreue, eigentlich nur Bequemlichkeit, ſie auszuhalten drängt, ſo wäre ihre höhere Tugend und Treue, ihre Be¬ fehlshaber aufmerkſam zu machen, daß man ihre Kräfte beſſer verwende. Vor dieſer Anmaßung, Ueberſchreitung ihres Dienſtes, erſchrecken dieſe Men¬ ſchen wie vor einer Sünde gegen den heiligen Geiſt. Mag das Vaterland untergehen, wenn ſie nur an ihrem Schilderhaus präſentirten. So nicht Einer, nein, Alle, keine Freiheit des Urtheils, keine ſelbſteigene Bewe¬ gungskraft. Je beſſer dieſe Normalpreußen geſchniegelt, gebürſtet und geſchnürt ſind, ſo kleiner der Kern des Menſchen darin. Ja, in Manchem, wenn man ihn auf¬ hülft, iſt's hohl, das Mark in die Rinde geſchoſſen.“ „Die Klage der Patrioten iſt doch, daß von dieſer Schule ſich nur zu Viele frei gemacht,“ ent¬ gegnete Walter. „Wo aus dem Leibe die Seele längſt entwichen iſt, was wundern wir uns über die Ueberläufer zum andern Extrem? Dieſe Ungebundenheit, Frechheit, Lascivität in der Meinung und den Sitten, preiſe

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/238>, abgerufen am 21.11.2024.