Beiden hätten das Gespräch kaum gehört, auch wenn es laut geführt worden. Wer sich aber wundert, den Legationsrath auch in dem kleinen Kreise zu er¬ blicken, in dem Louis Bovillard ihm gegenübersitzt, dem sagen wir, daß in der Stadt ein Gerücht umlief, daß zwei Cavaliere neulich in der Jung¬ fernhaide ihre Pistolen versucht; es sei kein Blut geflossen, aber einige dürre Zweige wären abgefallen. Was ging Louis der Legationsrath noch an; auch der Legationsrath hatte an anderes zu denken. Er war heut nur auf eine Viertelstunde gelegentlich angesprochen, nachdem die Familie aus dem Thier¬ garten zurückgekehrt.
"Was geht Sie das an!" replicirte die Fürstin, ihre Stickerei wieder vornehmend.
"Alles Leben ist ein Traum!" rief der Le¬ gationsrath nach einer Pause.
Die Fürstin hielt die Nadel an: "Fallen Sie nicht aus der Rolle, Herr von Wandel?"
"Welcher?"
"Die Sie die Güte haben, vor sich selbst auf¬ zuführen. A propos, ich bemerke, Sie fangen an wenig zu essen und vom Glase nur zu nippen. Das ist für Berlin zu spät, man kennt Sie einmal als Gutschmecker. Sparen Sie sich die Rolle der St. Germain für Sibirien. Sie können sich dort mit einem Schamanenzauberer associiren. Vielleicht kommen Sie in einer ganz neuen Incarnation nach Europa zurück."
Beiden hätten das Geſpräch kaum gehört, auch wenn es laut geführt worden. Wer ſich aber wundert, den Legationsrath auch in dem kleinen Kreiſe zu er¬ blicken, in dem Louis Bovillard ihm gegenüberſitzt, dem ſagen wir, daß in der Stadt ein Gerücht umlief, daß zwei Cavaliere neulich in der Jung¬ fernhaide ihre Piſtolen verſucht; es ſei kein Blut gefloſſen, aber einige dürre Zweige wären abgefallen. Was ging Louis der Legationsrath noch an; auch der Legationsrath hatte an anderes zu denken. Er war heut nur auf eine Viertelſtunde gelegentlich angeſprochen, nachdem die Familie aus dem Thier¬ garten zurückgekehrt.
„Was geht Sie das an!“ replicirte die Fürſtin, ihre Stickerei wieder vornehmend.
„Alles Leben iſt ein Traum!“ rief der Le¬ gationsrath nach einer Pauſe.
Die Fürſtin hielt die Nadel an: „Fallen Sie nicht aus der Rolle, Herr von Wandel?“
„Welcher?“
„Die Sie die Güte haben, vor ſich ſelbſt auf¬ zuführen. A propos, ich bemerke, Sie fangen an wenig zu eſſen und vom Glaſe nur zu nippen. Das iſt für Berlin zu ſpät, man kennt Sie einmal als Gutſchmecker. Sparen Sie ſich die Rolle der St. Germain für Sibirien. Sie können ſich dort mit einem Schamanenzauberer aſſociiren. Vielleicht kommen Sie in einer ganz neuen Incarnation nach Europa zurück.“
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Beiden hätten das Geſpräch kaum gehört, auch wenn
es laut geführt worden. Wer ſich aber wundert,
den Legationsrath auch in dem kleinen Kreiſe zu er¬
blicken, in dem Louis Bovillard ihm gegenüberſitzt,
dem ſagen wir, daß in der Stadt ein Gerücht
umlief, daß zwei Cavaliere neulich in der Jung¬
fernhaide ihre Piſtolen verſucht; es ſei kein Blut
gefloſſen, aber einige dürre Zweige wären abgefallen.
Was ging Louis der Legationsrath noch an; auch
der Legationsrath hatte an anderes zu denken. Er
war heut nur auf eine Viertelſtunde gelegentlich
angeſprochen, nachdem die Familie aus dem Thier¬
garten zurückgekehrt.
„Was geht Sie das an!“ replicirte die Fürſtin,
ihre Stickerei wieder vornehmend.
„Alles Leben iſt ein Traum!“ rief der Le¬
gationsrath nach einer Pauſe.
Die Fürſtin hielt die Nadel an: „Fallen Sie
nicht aus der Rolle, Herr von Wandel?“
„Welcher?“
„Die Sie die Güte haben, vor ſich ſelbſt auf¬
zuführen. A propos, ich bemerke, Sie fangen an
wenig zu eſſen und vom Glaſe nur zu nippen.
Das iſt für Berlin zu ſpät, man kennt Sie einmal
als Gutſchmecker. Sparen Sie ſich die Rolle der
St. Germain für Sibirien. Sie können ſich dort
mit einem Schamanenzauberer aſſociiren. Vielleicht
kommen Sie in einer ganz neuen Incarnation nach
Europa zurück.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/270>, abgerufen am 24.11.2024.
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