Widerwillen gegen die Lupinus? Ich weiß, er hat diese Antipathie. Er kann sie weder sich noch Andern erklären. Solch eine magische Scheu zieht sich durch's Leben, unzertrennbar von unsrer Persönlichkeit, wie wir von unserm Schatten. Was ist das nun? Ich, von meinem Standpunkte, könnte es mir deuten; aber ich wünschte Ihre Ansicht zu kennen. Sie Rationalist, Ihre Wissenschaft muß wenigstens vor sich selbst Alles zurechtlegen können, was in der Natur erscheint."
Wandel hub an von den sich anziehenden und den sich abstoßenden Kräften, von den Stoffen, die als Wärmeableiter dienen, er ging zur Electricität über und stand beim Blitzableiter, ohne daß wir wissen, wie weit er sich in die Wolken, und von ihnen herab wieder in die psychische Welt versenkt hätte, als ihn die Fürstin abermals unterbrach. Möglich, daß er nicht ohne Absicht in die Doctrin sich verlor, weil er wußte, daß die Fürstin nie auf¬ gelegt war, Vorlesungen anzuhören, und er in dem Augenblicke noch weniger, sie zu halten.
"Warum ist sie auch mir zuwider?"
"Zwei Sonnen vertragen sich nicht am Himmel, pflegte man zu sagen. Aber von Rivalität kann nicht mehr die Rede sein, wo die eine unterging."
"Wenn ich Ihnen auch zugestände, daß ein solches Gefühl einmal da war, das ist es nicht. Es ist etwas Anderes. Ich kann mit ihr Komödie spielen, aber nachher überfröstelt es mich, wie Jemand
Widerwillen gegen die Lupinus? Ich weiß, er hat dieſe Antipathie. Er kann ſie weder ſich noch Andern erklären. Solch eine magiſche Scheu zieht ſich durch's Leben, unzertrennbar von unſrer Perſönlichkeit, wie wir von unſerm Schatten. Was iſt das nun? Ich, von meinem Standpunkte, könnte es mir deuten; aber ich wünſchte Ihre Anſicht zu kennen. Sie Rationaliſt, Ihre Wiſſenſchaft muß wenigſtens vor ſich ſelbſt Alles zurechtlegen können, was in der Natur erſcheint.“
Wandel hub an von den ſich anziehenden und den ſich abſtoßenden Kräften, von den Stoffen, die als Wärmeableiter dienen, er ging zur Electricität über und ſtand beim Blitzableiter, ohne daß wir wiſſen, wie weit er ſich in die Wolken, und von ihnen herab wieder in die pſychiſche Welt verſenkt hätte, als ihn die Fürſtin abermals unterbrach. Möglich, daß er nicht ohne Abſicht in die Doctrin ſich verlor, weil er wußte, daß die Fürſtin nie auf¬ gelegt war, Vorleſungen anzuhören, und er in dem Augenblicke noch weniger, ſie zu halten.
„Warum iſt ſie auch mir zuwider?“
„Zwei Sonnen vertragen ſich nicht am Himmel, pflegte man zu ſagen. Aber von Rivalität kann nicht mehr die Rede ſein, wo die eine unterging.“
„Wenn ich Ihnen auch zugeſtände, daß ein ſolches Gefühl einmal da war, das iſt es nicht. Es iſt etwas Anderes. Ich kann mit ihr Komödie ſpielen, aber nachher überfröſtelt es mich, wie Jemand
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Widerwillen gegen die Lupinus? Ich weiß, er hat
dieſe Antipathie. Er kann ſie weder ſich noch Andern
erklären. Solch eine magiſche Scheu zieht ſich durch's
Leben, unzertrennbar von unſrer Perſönlichkeit, wie
wir von unſerm Schatten. Was iſt das nun? Ich,
von meinem Standpunkte, könnte es mir deuten;
aber ich wünſchte Ihre Anſicht zu kennen. Sie
Rationaliſt, Ihre Wiſſenſchaft muß wenigſtens vor
ſich ſelbſt Alles zurechtlegen können, was in der
Natur erſcheint.“
Wandel hub an von den ſich anziehenden und
den ſich abſtoßenden Kräften, von den Stoffen, die
als Wärmeableiter dienen, er ging zur Electricität
über und ſtand beim Blitzableiter, ohne daß wir
wiſſen, wie weit er ſich in die Wolken, und von
ihnen herab wieder in die pſychiſche Welt verſenkt
hätte, als ihn die Fürſtin abermals unterbrach.
Möglich, daß er nicht ohne Abſicht in die Doctrin
ſich verlor, weil er wußte, daß die Fürſtin nie auf¬
gelegt war, Vorleſungen anzuhören, und er in dem
Augenblicke noch weniger, ſie zu halten.
„Warum iſt ſie auch mir zuwider?“
„Zwei Sonnen vertragen ſich nicht am Himmel,
pflegte man zu ſagen. Aber von Rivalität kann nicht
mehr die Rede ſein, wo die eine unterging.“
„Wenn ich Ihnen auch zugeſtände, daß ein
ſolches Gefühl einmal da war, das iſt es nicht. Es
iſt etwas Anderes. Ich kann mit ihr Komödie
ſpielen, aber nachher überfröſtelt es mich, wie Jemand
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/275>, abgerufen am 24.11.2024.
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