einem Leibe verwuchsen. Wir sollten freudig staunen über das Wunder einer Gärtnerkunst, denn das war es, wo die Fürsten von anderm Stamme, Blut, aus einem fernen, fremden Lande, so sich mit dem Boden, den Boden mit sich amalgamirten; wenn nicht eben die Impfe so wunderbar nachhaltig ge¬ wirkt hätte, daß alles, was auf dem Throne zur Geltung kam, im Volke sich wiederspiegelt und reproducirt, wie die Stärke vorhin nun die Schwächen, wie das Licht, jetzt die Schatten. Ist nun ein Volk von der Vorsehung destinirt, das frage ich mich, sein Licht ausgehn zu lassen, weil von seiner Herr¬ schaft ihm keins mehr leuchtet, sich selbst auszulöschen aus der Reihe der lebendigen Nationen, weil der Druck der Luft von oben, das Miasma, es affirirt! Ist's destinirt, mit allen Mitteln zur Hand, sich nicht selbst curiren zu dürfen?"
"Wenn es ein Affenvolk ist! Und wir sind Alle Affen. Was willst Du mehr von ihm?"
"Das mehr, was die Erziehung, grade jene seiner Könige es lehrte: selbst zu denken und zu fühlen. Diese Eigenschaften sind nicht fortgespült; sie wuchern geil und lustig fort. Es kam einmal die Sitte von oben herab, die nüchterne, strenge hausbackne Bürgertugend von jenem Soldatenkönig, dann vom selben Throne mit den laxen Sitten und der Frivolität jene eben so nüchterne Aufklärung. Jetzt, wo Frömmigkeit und Gerechtigkeit in mildem Scheine von oben ausstrahlt, wo wir aus einem
einem Leibe verwuchſen. Wir ſollten freudig ſtaunen über das Wunder einer Gärtnerkunſt, denn das war es, wo die Fürſten von anderm Stamme, Blut, aus einem fernen, fremden Lande, ſo ſich mit dem Boden, den Boden mit ſich amalgamirten; wenn nicht eben die Impfe ſo wunderbar nachhaltig ge¬ wirkt hätte, daß alles, was auf dem Throne zur Geltung kam, im Volke ſich wiederſpiegelt und reproducirt, wie die Stärke vorhin nun die Schwächen, wie das Licht, jetzt die Schatten. Iſt nun ein Volk von der Vorſehung deſtinirt, das frage ich mich, ſein Licht ausgehn zu laſſen, weil von ſeiner Herr¬ ſchaft ihm keins mehr leuchtet, ſich ſelbſt auszulöſchen aus der Reihe der lebendigen Nationen, weil der Druck der Luft von oben, das Miasma, es affirirt! Iſt's deſtinirt, mit allen Mitteln zur Hand, ſich nicht ſelbſt curiren zu dürfen?“
„Wenn es ein Affenvolk iſt! Und wir ſind Alle Affen. Was willſt Du mehr von ihm?“
„Das mehr, was die Erziehung, grade jene ſeiner Könige es lehrte: ſelbſt zu denken und zu fühlen. Dieſe Eigenſchaften ſind nicht fortgeſpült; ſie wuchern geil und luſtig fort. Es kam einmal die Sitte von oben herab, die nüchterne, ſtrenge hausbackne Bürgertugend von jenem Soldatenkönig, dann vom ſelben Throne mit den laxen Sitten und der Frivolität jene eben ſo nüchterne Aufklärung. Jetzt, wo Frömmigkeit und Gerechtigkeit in mildem Scheine von oben ausſtrahlt, wo wir aus einem
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einem Leibe verwuchſen. Wir ſollten freudig ſtaunen
über das Wunder einer Gärtnerkunſt, denn das
war es, wo die Fürſten von anderm Stamme, Blut,
aus einem fernen, fremden Lande, ſo ſich mit dem
Boden, den Boden mit ſich amalgamirten; wenn
nicht eben die Impfe ſo wunderbar nachhaltig ge¬
wirkt hätte, daß alles, was auf dem Throne zur
Geltung kam, im Volke ſich wiederſpiegelt und
reproducirt, wie die Stärke vorhin nun die Schwächen,
wie das Licht, jetzt die Schatten. Iſt nun ein Volk
von der Vorſehung deſtinirt, das frage ich mich,
ſein Licht ausgehn zu laſſen, weil von ſeiner Herr¬
ſchaft ihm keins mehr leuchtet, ſich ſelbſt auszulöſchen
aus der Reihe der lebendigen Nationen, weil der
Druck der Luft von oben, das Miasma, es affirirt!
Iſt's deſtinirt, mit allen Mitteln zur Hand, ſich
nicht ſelbſt curiren zu dürfen?“
„Wenn es ein Affenvolk iſt! Und wir ſind
Alle Affen. Was willſt Du mehr von ihm?“
„Das mehr, was die Erziehung, grade jene
ſeiner Könige es lehrte: ſelbſt zu denken und zu
fühlen. Dieſe Eigenſchaften ſind nicht fortgeſpült;
ſie wuchern geil und luſtig fort. Es kam einmal
die Sitte von oben herab, die nüchterne, ſtrenge
hausbackne Bürgertugend von jenem Soldatenkönig,
dann vom ſelben Throne mit den laxen Sitten und
der Frivolität jene eben ſo nüchterne Aufklärung.
Jetzt, wo Frömmigkeit und Gerechtigkeit in mildem
Scheine von oben ausſtrahlt, wo wir aus einem
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/57>, abgerufen am 23.11.2024.
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