der Equipage konnten die Damen nicht mehr nach Hause fahren. Ihre Retter führten die Erschreckten langsam, bis eine leere Kutsche ihnen begegnete.
Adelheid wußte nachher nicht, was der Rittmeister mit ihr gesprochen, sie wußte selbst nicht, ob es der ihr wohlbekannte Rittmeister gewesen, an dessen Arm sie ging. Sie wußte nichts von sich auf dem viertel¬ stündigen Wege. Erst als man sie in den andern Wagen hob, fühlte sie einen Händedruck. Walters Stimme flüsterte fest, aber nicht rauh und kalt: "Zum Abschied, Adelheid! Nun bist Du frei."
Die Damen hielten ein gegenseitiges Schweigen für die beste Unterhaltung auf dem Rückwege. Adel¬ heid hatte sich fest in ihr Shawl geschlungen, obgleich es eine laue italienische Nacht war und die Baronin ihr Tuch abwarf, um sich nicht zu echauffiren. Das junge Mädchen mußte frieren, ihre Zähne klappten, und es waren wohl Phantasieen, wenn die Baronin oft die Worte hörte: "Nur keine Lüge mehr!"
der Equipage konnten die Damen nicht mehr nach Hauſe fahren. Ihre Retter führten die Erſchreckten langſam, bis eine leere Kutſche ihnen begegnete.
Adelheid wußte nachher nicht, was der Rittmeiſter mit ihr geſprochen, ſie wußte ſelbſt nicht, ob es der ihr wohlbekannte Rittmeiſter geweſen, an deſſen Arm ſie ging. Sie wußte nichts von ſich auf dem viertel¬ ſtündigen Wege. Erſt als man ſie in den andern Wagen hob, fühlte ſie einen Händedruck. Walters Stimme flüſterte feſt, aber nicht rauh und kalt: „Zum Abſchied, Adelheid! Nun biſt Du frei.“
Die Damen hielten ein gegenſeitiges Schweigen für die beſte Unterhaltung auf dem Rückwege. Adel¬ heid hatte ſich feſt in ihr Shawl geſchlungen, obgleich es eine laue italieniſche Nacht war und die Baronin ihr Tuch abwarf, um ſich nicht zu echauffiren. Das junge Mädchen mußte frieren, ihre Zähne klappten, und es waren wohl Phantaſieen, wenn die Baronin oft die Worte hörte: „Nur keine Lüge mehr!“
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der Equipage konnten die Damen nicht mehr nach
Hauſe fahren. Ihre Retter führten die Erſchreckten
langſam, bis eine leere Kutſche ihnen begegnete.
Adelheid wußte nachher nicht, was der Rittmeiſter
mit ihr geſprochen, ſie wußte ſelbſt nicht, ob es der
ihr wohlbekannte Rittmeiſter geweſen, an deſſen Arm
ſie ging. Sie wußte nichts von ſich auf dem viertel¬
ſtündigen Wege. Erſt als man ſie in den andern
Wagen hob, fühlte ſie einen Händedruck. Walters
Stimme flüſterte feſt, aber nicht rauh und kalt:
„Zum Abſchied, Adelheid! Nun biſt Du frei.“
Die Damen hielten ein gegenſeitiges Schweigen
für die beſte Unterhaltung auf dem Rückwege. Adel¬
heid hatte ſich feſt in ihr Shawl geſchlungen, obgleich
es eine laue italieniſche Nacht war und die Baronin
ihr Tuch abwarf, um ſich nicht zu echauffiren. Das
junge Mädchen mußte frieren, ihre Zähne klappten,
und es waren wohl Phantaſieen, wenn die Baronin
oft die Worte hörte: „Nur keine Lüge mehr!“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/98>, abgerufen am 22.11.2024.
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