blutige Sümpfe, wo der Funke erstickt, oder trauten sie dem eigenen Feuerstoffe nicht?
Dagegen waren es die, welche bis dahin ihren Sinn vor dem Ernst des Augenblicks verschlossen hatten, vor denen er jetzt, ein geharnischter Riese, stand. Geflattert waren sie wie der Schmetterling, in ihrem Dünkel mit dem Ueberwältigenden spielend, jetzt Bewunderung für das Meteor des Tages, jetzt kalt abwägende Richter, Gleichgültigkeit heuchelnd vor dem Ungeheuersten, was seit einem Jahrtausend ge¬ schehen, um ungestört zu bleiben in der süßen Ge¬ wohnheit, nicht mehr und weiter zu denken, als ihrer Behaglichkeit zusagte. Und nun waren sie aus ihrem Taumel der Sicherheit, aus ihrem Dünkel, ihrer Täuschung erwacht; es war anders geworden. Das Schauspiel, was ihnen auf den fernen Brettern zu ihrer Unterhaltung aufgeführt schien, ward Ernst, die Darsteller schlossen sich zu eisernen Phalangen, über die Lampen rückten sie heran, um die dupirten Zu¬ schauer zu erdrücken. Die immer zum Frieden gere¬ det, die Napoleons großen Sinn, seine Bewunderung für Preußen im Munde geführt, die da gepredigt, das geht uns nichts an, an uns wird er sich nicht vergreifen, auch ihnen waren plötzlich die Schuppen von den Augen gefallen, und nun sprudelte und tobte es. Tausende von Stimmen, eine wollte die andre überschreien, die am lautesten, heftigsten, welche am leichtsinnigsten der Zeichen gespottet. Da kam es denn wohl, daß die am ernstesten und unverdrossen
blutige Sümpfe, wo der Funke erſtickt, oder trauten ſie dem eigenen Feuerſtoffe nicht?
Dagegen waren es die, welche bis dahin ihren Sinn vor dem Ernſt des Augenblicks verſchloſſen hatten, vor denen er jetzt, ein geharniſchter Rieſe, ſtand. Geflattert waren ſie wie der Schmetterling, in ihrem Dünkel mit dem Ueberwältigenden ſpielend, jetzt Bewunderung für das Meteor des Tages, jetzt kalt abwägende Richter, Gleichgültigkeit heuchelnd vor dem Ungeheuerſten, was ſeit einem Jahrtauſend ge¬ ſchehen, um ungeſtört zu bleiben in der ſüßen Ge¬ wohnheit, nicht mehr und weiter zu denken, als ihrer Behaglichkeit zuſagte. Und nun waren ſie aus ihrem Taumel der Sicherheit, aus ihrem Dünkel, ihrer Täuſchung erwacht; es war anders geworden. Das Schauſpiel, was ihnen auf den fernen Brettern zu ihrer Unterhaltung aufgeführt ſchien, ward Ernſt, die Darſteller ſchloſſen ſich zu eiſernen Phalangen, über die Lampen rückten ſie heran, um die dupirten Zu¬ ſchauer zu erdrücken. Die immer zum Frieden gere¬ det, die Napoleons großen Sinn, ſeine Bewunderung für Preußen im Munde geführt, die da gepredigt, das geht uns nichts an, an uns wird er ſich nicht vergreifen, auch ihnen waren plötzlich die Schuppen von den Augen gefallen, und nun ſprudelte und tobte es. Tauſende von Stimmen, eine wollte die andre überſchreien, die am lauteſten, heftigſten, welche am leichtſinnigſten der Zeichen geſpottet. Da kam es denn wohl, daß die am ernſteſten und unverdroſſen
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blutige Sümpfe, wo der Funke erſtickt, oder trauten
ſie dem eigenen Feuerſtoffe nicht?
Dagegen waren es die, welche bis dahin ihren
Sinn vor dem Ernſt des Augenblicks verſchloſſen
hatten, vor denen er jetzt, ein geharniſchter Rieſe,
ſtand. Geflattert waren ſie wie der Schmetterling,
in ihrem Dünkel mit dem Ueberwältigenden ſpielend,
jetzt Bewunderung für das Meteor des Tages, jetzt
kalt abwägende Richter, Gleichgültigkeit heuchelnd vor
dem Ungeheuerſten, was ſeit einem Jahrtauſend ge¬
ſchehen, um ungeſtört zu bleiben in der ſüßen Ge¬
wohnheit, nicht mehr und weiter zu denken, als ihrer
Behaglichkeit zuſagte. Und nun waren ſie aus ihrem
Taumel der Sicherheit, aus ihrem Dünkel, ihrer
Täuſchung erwacht; es war anders geworden. Das
Schauſpiel, was ihnen auf den fernen Brettern zu
ihrer Unterhaltung aufgeführt ſchien, ward Ernſt, die
Darſteller ſchloſſen ſich zu eiſernen Phalangen, über
die Lampen rückten ſie heran, um die dupirten Zu¬
ſchauer zu erdrücken. Die immer zum Frieden gere¬
det, die Napoleons großen Sinn, ſeine Bewunderung
für Preußen im Munde geführt, die da gepredigt,
das geht uns nichts an, an uns wird er ſich nicht
vergreifen, auch ihnen waren plötzlich die Schuppen
von den Augen gefallen, und nun ſprudelte und
tobte es. Tauſende von Stimmen, eine wollte die
andre überſchreien, die am lauteſten, heftigſten, welche
am leichtſinnigſten der Zeichen geſpottet. Da kam es
denn wohl, daß die am ernſteſten und unverdroſſen
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/12>, abgerufen am 21.11.2024.
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