Feuerathem sie nicht durchdringt, seine beredte Lippe umsonst redet, seine kühnen Vorstellungen an der Mattigkeit der Menschen, an der Zähheit, der Ge¬ wöhnung, an der Macht der grauen Alltäglichkeit ab¬ glitten. Da ward er muthlos, er verzweifelte. Er¬ habene Königin, wie sollte ich es wissen! Ich spreche nur, was die Stimmen der Tausende, die Lüfte mir zutragen, aber sie flüstern und rufen es laut: Das ist unser Loos. Dies Firmament erdrückt die, die zum Besseren aufwallen. Es ist einmal so in diesem Reiche. Wer daran Schuld, sagen sie nicht, aber sie zäh¬ len viele, viele edle Geister, die im fruchtlosen Kampf verkamen, untergingen. Wenn der edelste Prinz, der tapferste Held, dessen Lob in allen Zungen, den die Armee vergöttert, diesem Loose nicht entging, dürfen wir die verdammen, die dasselbe gewollt, und auch ihre Flügel verbrannten, sie sanken, tief, tief -- Dür¬ fen wir sie versinken lassen."
Louise hatte den Kopf halb abgewandt sinken lassen.
"Meine Königin ist nicht die grausame Rich¬ terin, welche die Edlen büßen läßt, was Elende verbrachen. Man sagt -- fuhr Adelheid mit ge¬ dämpftem Tone fort -- der Prinz wäre zu retten gewesen, wenn er ein edles Weib gefunden, das seine Gedanken und seine Sorgen getheilt, wenn eine seiner würdige Gattin, seinem Geiste nahe, seiner Liebe werth, ihn aufgerichtet. Er suchte, und -- fand sie nicht. Man sagt, man flüstert es wenigstens, daß
Feuerathem ſie nicht durchdringt, ſeine beredte Lippe umſonſt redet, ſeine kühnen Vorſtellungen an der Mattigkeit der Menſchen, an der Zähheit, der Ge¬ wöhnung, an der Macht der grauen Alltäglichkeit ab¬ glitten. Da ward er muthlos, er verzweifelte. Er¬ habene Königin, wie ſollte ich es wiſſen! Ich ſpreche nur, was die Stimmen der Tauſende, die Lüfte mir zutragen, aber ſie flüſtern und rufen es laut: Das iſt unſer Loos. Dies Firmament erdrückt die, die zum Beſſeren aufwallen. Es iſt einmal ſo in dieſem Reiche. Wer daran Schuld, ſagen ſie nicht, aber ſie zäh¬ len viele, viele edle Geiſter, die im fruchtloſen Kampf verkamen, untergingen. Wenn der edelſte Prinz, der tapferſte Held, deſſen Lob in allen Zungen, den die Armee vergöttert, dieſem Looſe nicht entging, dürfen wir die verdammen, die daſſelbe gewollt, und auch ihre Flügel verbrannten, ſie ſanken, tief, tief — Dür¬ fen wir ſie verſinken laſſen.“
Louiſe hatte den Kopf halb abgewandt ſinken laſſen.
„Meine Königin iſt nicht die grauſame Rich¬ terin, welche die Edlen büßen läßt, was Elende verbrachen. Man ſagt — fuhr Adelheid mit ge¬ dämpftem Tone fort — der Prinz wäre zu retten geweſen, wenn er ein edles Weib gefunden, das ſeine Gedanken und ſeine Sorgen getheilt, wenn eine ſeiner würdige Gattin, ſeinem Geiſte nahe, ſeiner Liebe werth, ihn aufgerichtet. Er ſuchte, und — fand ſie nicht. Man ſagt, man flüſtert es wenigſtens, daß
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Feuerathem ſie nicht durchdringt, ſeine beredte Lippe
umſonſt redet, ſeine kühnen Vorſtellungen an der
Mattigkeit der Menſchen, an der Zähheit, der Ge¬
wöhnung, an der Macht der grauen Alltäglichkeit ab¬
glitten. Da ward er muthlos, er verzweifelte. Er¬
habene Königin, wie ſollte ich es wiſſen! Ich ſpreche
nur, was die Stimmen der Tauſende, die Lüfte mir
zutragen, aber ſie flüſtern und rufen es laut: Das
iſt unſer Loos. Dies Firmament erdrückt die, die zum
Beſſeren aufwallen. Es iſt einmal ſo in dieſem Reiche.
Wer daran Schuld, ſagen ſie nicht, aber ſie zäh¬
len viele, viele edle Geiſter, die im fruchtloſen Kampf
verkamen, untergingen. Wenn der edelſte Prinz, der
tapferſte Held, deſſen Lob in allen Zungen, den die
Armee vergöttert, dieſem Looſe nicht entging, dürfen
wir die verdammen, die daſſelbe gewollt, und auch
ihre Flügel verbrannten, ſie ſanken, tief, tief — Dür¬
fen wir ſie verſinken laſſen.“
Louiſe hatte den Kopf halb abgewandt ſinken
laſſen.
„Meine Königin iſt nicht die grauſame Rich¬
terin, welche die Edlen büßen läßt, was Elende
verbrachen. Man ſagt — fuhr Adelheid mit ge¬
dämpftem Tone fort — der Prinz wäre zu retten
geweſen, wenn er ein edles Weib gefunden, das
ſeine Gedanken und ſeine Sorgen getheilt, wenn eine
ſeiner würdige Gattin, ſeinem Geiſte nahe, ſeiner
Liebe werth, ihn aufgerichtet. Er ſuchte, und — fand
ſie nicht. Man ſagt, man flüſtert es wenigſtens, daß
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/147>, abgerufen am 23.11.2024.
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