weil ich keine Worte davon machen kann!" pflegte sie zu schließen.
Zum Legationsrath sagte sie das aber nicht. Sie erwiederte ihm nur: "Was ich dazu sage? Das kommt doch nicht in Betracht. Was aber wird die Gargazin sagen?"
"Sie ist vielleicht auch froh, daß sie das Wun¬ derthier los ist, sagte Wandel leiser. Besteht nicht unser Leben eigentlich aus Knüpfen und Lösen. Mit dem Knüpfen werden die Meisten bald fertig, aber am Lösen, weil sie nicht voraus daran gedacht, schei¬ tert ihr Bischen Verstand, und an den ungelösten Knoten des Daseins ging so Mancher unter. Es ist vielleicht die Aristokratie der Erwählten, diese Kunst sich anzueignen, bei Allem, was sie schaffen und wir¬ ken, schon an die Auflösung zu denken. O wer es dahin gebracht --"
"Wenn Alles aufgelöst ist, was ist denn dann?" unterbrach ihn die Wittwe.
"Freiheit, Chaos, wie Sie es nennen wollen, allgemeine Glückseligkeit; denn ist es nicht ein Glück, wenn wir nicht mehr zu denken und sorgen brauchen um Bagatellen! -- Ist das Leben mehr, meine Freun¬ din! -- Pardon, ich halte Ihr Vergnügen auf, Ma¬ dame wartet --"
Er hatte der Braunbiegler Platz gemacht, die sich mit ihrer Karte dem Tische näherte. Aber mit derselben Unbefangenheit war er zur Baronin Eitel¬ bach getreten, die am Fenster stand. Er klopfte auf
weil ich keine Worte davon machen kann!“ pflegte ſie zu ſchließen.
Zum Legationsrath ſagte ſie das aber nicht. Sie erwiederte ihm nur: „Was ich dazu ſage? Das kommt doch nicht in Betracht. Was aber wird die Gargazin ſagen?“
„Sie iſt vielleicht auch froh, daß ſie das Wun¬ derthier los iſt, ſagte Wandel leiſer. Beſteht nicht unſer Leben eigentlich aus Knüpfen und Löſen. Mit dem Knüpfen werden die Meiſten bald fertig, aber am Löſen, weil ſie nicht voraus daran gedacht, ſchei¬ tert ihr Bischen Verſtand, und an den ungelöſten Knoten des Daſeins ging ſo Mancher unter. Es iſt vielleicht die Ariſtokratie der Erwählten, dieſe Kunſt ſich anzueignen, bei Allem, was ſie ſchaffen und wir¬ ken, ſchon an die Auflöſung zu denken. O wer es dahin gebracht —“
„Wenn Alles aufgelöſt iſt, was iſt denn dann?“ unterbrach ihn die Wittwe.
„Freiheit, Chaos, wie Sie es nennen wollen, allgemeine Glückſeligkeit; denn iſt es nicht ein Glück, wenn wir nicht mehr zu denken und ſorgen brauchen um Bagatellen! — Iſt das Leben mehr, meine Freun¬ din! — Pardon, ich halte Ihr Vergnügen auf, Ma¬ dame wartet —“
Er hatte der Braunbiegler Platz gemacht, die ſich mit ihrer Karte dem Tiſche näherte. Aber mit derſelben Unbefangenheit war er zur Baronin Eitel¬ bach getreten, die am Fenſter ſtand. Er klopfte auf
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weil ich keine Worte davon machen kann!“ pflegte
ſie zu ſchließen.
Zum Legationsrath ſagte ſie das aber nicht.
Sie erwiederte ihm nur: „Was ich dazu ſage? Das
kommt doch nicht in Betracht. Was aber wird die
Gargazin ſagen?“
„Sie iſt vielleicht auch froh, daß ſie das Wun¬
derthier los iſt, ſagte Wandel leiſer. Beſteht nicht
unſer Leben eigentlich aus Knüpfen und Löſen. Mit
dem Knüpfen werden die Meiſten bald fertig, aber
am Löſen, weil ſie nicht voraus daran gedacht, ſchei¬
tert ihr Bischen Verſtand, und an den ungelöſten
Knoten des Daſeins ging ſo Mancher unter. Es iſt
vielleicht die Ariſtokratie der Erwählten, dieſe Kunſt
ſich anzueignen, bei Allem, was ſie ſchaffen und wir¬
ken, ſchon an die Auflöſung zu denken. O wer es
dahin gebracht —“
„Wenn Alles aufgelöſt iſt, was iſt denn dann?“
unterbrach ihn die Wittwe.
„Freiheit, Chaos, wie Sie es nennen wollen,
allgemeine Glückſeligkeit; denn iſt es nicht ein Glück,
wenn wir nicht mehr zu denken und ſorgen brauchen
um Bagatellen! — Iſt das Leben mehr, meine Freun¬
din! — Pardon, ich halte Ihr Vergnügen auf, Ma¬
dame wartet —“
Er hatte der Braunbiegler Platz gemacht, die
ſich mit ihrer Karte dem Tiſche näherte. Aber mit
derſelben Unbefangenheit war er zur Baronin Eitel¬
bach getreten, die am Fenſter ſtand. Er klopfte auf
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/154>, abgerufen am 23.11.2024.
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