und links blicken, Fuchsius sah dabei unverwandt vor sich auf den Spiegel.
"Das Warum ist nie recht klar geworden, ant¬ wortete er auf die Frage der Eitelbach. Es ist eine sehr alte Geschichte. In unsern gebildeten und auf¬ geklärten Zeiten kommt so etwas, wie Sie denken können, nicht mehr vor."
"Gott sei Dank, das ist nicht möglich!" rief die Eitelbach.
"Aber ungleich interessanter, fuhr der Rath fort, und vollständig ermittelt ist, wie sie ihren Mann umgebracht hat. Können Sie sich das denken, sie puderte ihn, in dem Puderstaub aber war Arsenik."
Am Spieltisch war eine Störung. Der Ge¬ heimräthin waren die Karten aus der Hand gefallen; sie sah blaß aus, ihr Kopf senkte sich. Das hatten aber nur die Wenigsten gesehen. Im selben Moment schon war der Legationsrath aufgesprungen: "Eine Maus!" Er zog das Taschentuch; damit fuhr und schlug er an der Wand entlang, nach dem Boden. "Eine Maus, eine Maus!" -- Vergebens schrie Madame Braunbiegler auf: "Wir haben keine Mäuse!" Es hatten noch Andre die Maus gesehen, denn worauf hätte sonst der Legationsrath sich so lebhaft geworfen! Wie auch die Wirthin dagegen protestirte, in ihrem Hause seien nie welche gewesen, noch sollten sie sich je zeigen, sie kam in dem allgemeinen Allarm nicht auf, besonders als auch der Regierungsrath, an ihr vorüberstreifend, ihr zuflüsterte: "Sie müssen sich
und links blicken, Fuchſius ſah dabei unverwandt vor ſich auf den Spiegel.
„Das Warum iſt nie recht klar geworden, ant¬ wortete er auf die Frage der Eitelbach. Es iſt eine ſehr alte Geſchichte. In unſern gebildeten und auf¬ geklärten Zeiten kommt ſo etwas, wie Sie denken können, nicht mehr vor.“
„Gott ſei Dank, das iſt nicht möglich!“ rief die Eitelbach.
„Aber ungleich intereſſanter, fuhr der Rath fort, und vollſtändig ermittelt iſt, wie ſie ihren Mann umgebracht hat. Können Sie ſich das denken, ſie puderte ihn, in dem Puderſtaub aber war Arſenik.“
Am Spieltiſch war eine Störung. Der Ge¬ heimräthin waren die Karten aus der Hand gefallen; ſie ſah blaß aus, ihr Kopf ſenkte ſich. Das hatten aber nur die Wenigſten geſehen. Im ſelben Moment ſchon war der Legationsrath aufgeſprungen: „Eine Maus!“ Er zog das Taſchentuch; damit fuhr und ſchlug er an der Wand entlang, nach dem Boden. „Eine Maus, eine Maus!“ — Vergebens ſchrie Madame Braunbiegler auf: „Wir haben keine Mäuſe!“ Es hatten noch Andre die Maus geſehen, denn worauf hätte ſonſt der Legationsrath ſich ſo lebhaft geworfen! Wie auch die Wirthin dagegen proteſtirte, in ihrem Hauſe ſeien nie welche geweſen, noch ſollten ſie ſich je zeigen, ſie kam in dem allgemeinen Allarm nicht auf, beſonders als auch der Regierungsrath, an ihr vorüberſtreifend, ihr zuflüſterte: „Sie müſſen ſich
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und links blicken, Fuchſius ſah dabei unverwandt vor
ſich auf den Spiegel.
„Das Warum iſt nie recht klar geworden, ant¬
wortete er auf die Frage der Eitelbach. Es iſt eine
ſehr alte Geſchichte. In unſern gebildeten und auf¬
geklärten Zeiten kommt ſo etwas, wie Sie denken
können, nicht mehr vor.“
„Gott ſei Dank, das iſt nicht möglich!“ rief die
Eitelbach.
„Aber ungleich intereſſanter, fuhr der Rath fort,
und vollſtändig ermittelt iſt, wie ſie ihren Mann
umgebracht hat. Können Sie ſich das denken, ſie
puderte ihn, in dem Puderſtaub aber war Arſenik.“
Am Spieltiſch war eine Störung. Der Ge¬
heimräthin waren die Karten aus der Hand gefallen;
ſie ſah blaß aus, ihr Kopf ſenkte ſich. Das hatten
aber nur die Wenigſten geſehen. Im ſelben Moment
ſchon war der Legationsrath aufgeſprungen: „Eine
Maus!“ Er zog das Taſchentuch; damit fuhr und
ſchlug er an der Wand entlang, nach dem Boden.
„Eine Maus, eine Maus!“ — Vergebens ſchrie
Madame Braunbiegler auf: „Wir haben keine Mäuſe!“
Es hatten noch Andre die Maus geſehen, denn worauf
hätte ſonſt der Legationsrath ſich ſo lebhaft geworfen!
Wie auch die Wirthin dagegen proteſtirte, in ihrem
Hauſe ſeien nie welche geweſen, noch ſollten ſie ſich
je zeigen, ſie kam in dem allgemeinen Allarm nicht
auf, beſonders als auch der Regierungsrath, an ihr
vorüberſtreifend, ihr zuflüſterte: „Sie müſſen ſich
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/167>, abgerufen am 25.11.2024.
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