Er war symbolisch die Treppe hinunter gewor¬ fen. Er machte sich keine Illusionen darüber. Aber warum? -- Weil er das ästhetische Gefühl der Fürstin verletzt? Weil grade diese Rivalität ihren Schön¬ heitssinn empörte? -- Ein höhnisches Lächeln schwebte auf seinen Lippen. Er litt zum ersten Male unge¬ recht. Er hatte nie im Ernst an die Heirath gedacht; vielleicht, weil auch seine Aesthetik sich dagegen sträubte, vielleicht, weil er wußte, daß die reiche Braunbiegler eine Festung sei, die mit den Künsten und Mitteln, über welche er gebot, nicht zu erstürmen sei.
Unrecht leiden, und die Wahrheit nicht aus¬ sprechen dürfen, die uns frei machte, ist eine Marter. Die Lüge, um die er verstoßen war, gehörte zu einem System oder Gewebe, das noch nicht zerrissen war. Aber er hatte zu diesem Schmerz, der edleren See¬ len vorbehalten ist, keine Zeit. Es waren ganz andere Vorstellungen, die seiner sich bemeisterten.
War es nur eine Weiberlaune, welche plötzlich
Neuntes Kapitel. Auch ein Satz in die Löwenhöhle.
Er war ſymboliſch die Treppe hinunter gewor¬ fen. Er machte ſich keine Illuſionen darüber. Aber warum? — Weil er das äſthetiſche Gefühl der Fürſtin verletzt? Weil grade dieſe Rivalität ihren Schön¬ heitsſinn empörte? — Ein höhniſches Lächeln ſchwebte auf ſeinen Lippen. Er litt zum erſten Male unge¬ recht. Er hatte nie im Ernſt an die Heirath gedacht; vielleicht, weil auch ſeine Aeſthetik ſich dagegen ſträubte, vielleicht, weil er wußte, daß die reiche Braunbiegler eine Feſtung ſei, die mit den Künſten und Mitteln, über welche er gebot, nicht zu erſtürmen ſei.
Unrecht leiden, und die Wahrheit nicht aus¬ ſprechen dürfen, die uns frei machte, iſt eine Marter. Die Lüge, um die er verſtoßen war, gehörte zu einem Syſtem oder Gewebe, das noch nicht zerriſſen war. Aber er hatte zu dieſem Schmerz, der edleren See¬ len vorbehalten iſt, keine Zeit. Es waren ganz andere Vorſtellungen, die ſeiner ſich bemeiſterten.
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Neuntes Kapitel.
Auch ein Satz in die Löwenhöhle.
Er war ſymboliſch die Treppe hinunter gewor¬
fen. Er machte ſich keine Illuſionen darüber. Aber
warum? — Weil er das äſthetiſche Gefühl der Fürſtin
verletzt? Weil grade dieſe Rivalität ihren Schön¬
heitsſinn empörte? — Ein höhniſches Lächeln ſchwebte
auf ſeinen Lippen. Er litt zum erſten Male unge¬
recht. Er hatte nie im Ernſt an die Heirath gedacht;
vielleicht, weil auch ſeine Aeſthetik ſich dagegen ſträubte,
vielleicht, weil er wußte, daß die reiche Braunbiegler
eine Feſtung ſei, die mit den Künſten und Mitteln,
über welche er gebot, nicht zu erſtürmen ſei.
Unrecht leiden, und die Wahrheit nicht aus¬
ſprechen dürfen, die uns frei machte, iſt eine Marter.
Die Lüge, um die er verſtoßen war, gehörte zu einem
Syſtem oder Gewebe, das noch nicht zerriſſen war.
Aber er hatte zu dieſem Schmerz, der edleren See¬
len vorbehalten iſt, keine Zeit. Es waren ganz
andere Vorſtellungen, die ſeiner ſich bemeiſterten.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. [185]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/195>, abgerufen am 23.11.2024.
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