"Vansitter! wiederholte Fuchsius, und blickte mit einer nicht erkünstelten Verwunderung den an, von dessen Lippen dieses Wort geflossen war. Wandel, der sich nicht aus seiner Ruhe bringen ließ, lächelte fein:
"Ja, wie Ihnen wohl auch schwerlich geheim blieb, gehöre ich zu dieser, leider nur zu ausgebrei¬ teten Familie."
"Sie stammen aus Geldern?"
"Wo die Familie herstammt, darüber befragen Sie die Heraldiker. Ja, ein großer Theil von Geldern, Yssel, glaube ich doch sogar mehre der größeren friesischen Inseln, gehörten zu den Besitzthümern die¬ ser alten sassischen Dynasten. Soll ich etwa stolz darauf sein! Von der Herrlichkeit der Familie blieb nichts über als die Firma Vansitter in Kopenhagen, und dies reiche Handlungshaus, welches vermuthlich Ihre Notiznahme veranlaßt, ist schon längst durch eine Erbtochter in andere Hände übergegangen. Sic transit gloria mundi, mein Herr Regierungsrath. Die echten Abkömmlinge der Vansitter sind über die Erde zerstreut, wie Ihre Becker und Schulzen."
"Wie aber kamen Sie zum Namen Wandel?"
"Da lauert wohl die arriere pensee, daß ich meinen aus Gründen verwandelt hätte! Allerdings, und wieder auch nicht. Der Zweig, dem ich ange¬ hörte, war schon seit einem Jahrhundert aus den Niederlanden nach Dänemark übergesiedelt, aber den Grad meiner Verwandtschaft mit der großen Firma
„Vanſitter! wiederholte Fuchſius, und blickte mit einer nicht erkünſtelten Verwunderung den an, von deſſen Lippen dieſes Wort gefloſſen war. Wandel, der ſich nicht aus ſeiner Ruhe bringen ließ, lächelte fein:
„Ja, wie Ihnen wohl auch ſchwerlich geheim blieb, gehöre ich zu dieſer, leider nur zu ausgebrei¬ teten Familie.“
„Sie ſtammen aus Geldern?“
„Wo die Familie herſtammt, darüber befragen Sie die Heraldiker. Ja, ein großer Theil von Geldern, Yſſel, glaube ich doch ſogar mehre der größeren frieſiſchen Inſeln, gehörten zu den Beſitzthümern die¬ ſer alten ſaſſiſchen Dynaſten. Soll ich etwa ſtolz darauf ſein! Von der Herrlichkeit der Familie blieb nichts über als die Firma Vanſitter in Kopenhagen, und dies reiche Handlungshaus, welches vermuthlich Ihre Notiznahme veranlaßt, iſt ſchon längſt durch eine Erbtochter in andere Hände übergegangen. Sic transit gloria mundi, mein Herr Regierungsrath. Die echten Abkömmlinge der Vanſitter ſind über die Erde zerſtreut, wie Ihre Becker und Schulzen.“
„Wie aber kamen Sie zum Namen Wandel?“
„Da lauert wohl die arrière pensée, daß ich meinen aus Gründen verwandelt hätte! Allerdings, und wieder auch nicht. Der Zweig, dem ich ange¬ hörte, war ſchon ſeit einem Jahrhundert aus den Niederlanden nach Dänemark übergeſiedelt, aber den Grad meiner Verwandtſchaft mit der großen Firma
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0206"n="196"/><p>„Vanſitter! wiederholte Fuchſius, und blickte mit<lb/>
einer nicht erkünſtelten Verwunderung den an, von<lb/>
deſſen Lippen dieſes Wort gefloſſen war. Wandel,<lb/>
der ſich nicht aus ſeiner Ruhe bringen ließ, lächelte<lb/>
fein:</p><lb/><p>„Ja, wie Ihnen wohl auch ſchwerlich geheim<lb/>
blieb, gehöre ich zu dieſer, leider nur zu ausgebrei¬<lb/>
teten Familie.“</p><lb/><p>„Sie ſtammen aus Geldern?“</p><lb/><p>„Wo die Familie herſtammt, darüber befragen Sie<lb/>
die Heraldiker. Ja, ein großer Theil von Geldern,<lb/>
Yſſel, glaube ich doch ſogar mehre der größeren<lb/>
frieſiſchen Inſeln, gehörten zu den Beſitzthümern die¬<lb/>ſer alten ſaſſiſchen Dynaſten. Soll ich etwa ſtolz<lb/>
darauf ſein! Von der Herrlichkeit der Familie blieb<lb/>
nichts über als die Firma Vanſitter in Kopenhagen,<lb/>
und dies reiche Handlungshaus, welches vermuthlich<lb/>
Ihre Notiznahme veranlaßt, iſt ſchon längſt durch eine<lb/>
Erbtochter in andere Hände übergegangen. <hirendition="#aq">Sic transit<lb/>
gloria mundi</hi>, mein Herr Regierungsrath. Die<lb/>
echten Abkömmlinge der Vanſitter ſind über die Erde<lb/>
zerſtreut, wie Ihre Becker und Schulzen.“</p><lb/><p>„Wie aber kamen Sie zum Namen Wandel?“</p><lb/><p>„Da lauert wohl die <hirendition="#aq">arrière pensée</hi>, daß ich<lb/>
meinen aus Gründen verwandelt hätte! Allerdings,<lb/>
und wieder auch nicht. Der Zweig, dem ich ange¬<lb/>
hörte, war ſchon ſeit einem Jahrhundert aus den<lb/>
Niederlanden nach Dänemark übergeſiedelt, aber den<lb/>
Grad meiner Verwandtſchaft mit der großen Firma<lb/></p></div></body></text></TEI>
[196/0206]
„Vanſitter! wiederholte Fuchſius, und blickte mit
einer nicht erkünſtelten Verwunderung den an, von
deſſen Lippen dieſes Wort gefloſſen war. Wandel,
der ſich nicht aus ſeiner Ruhe bringen ließ, lächelte
fein:
„Ja, wie Ihnen wohl auch ſchwerlich geheim
blieb, gehöre ich zu dieſer, leider nur zu ausgebrei¬
teten Familie.“
„Sie ſtammen aus Geldern?“
„Wo die Familie herſtammt, darüber befragen Sie
die Heraldiker. Ja, ein großer Theil von Geldern,
Yſſel, glaube ich doch ſogar mehre der größeren
frieſiſchen Inſeln, gehörten zu den Beſitzthümern die¬
ſer alten ſaſſiſchen Dynaſten. Soll ich etwa ſtolz
darauf ſein! Von der Herrlichkeit der Familie blieb
nichts über als die Firma Vanſitter in Kopenhagen,
und dies reiche Handlungshaus, welches vermuthlich
Ihre Notiznahme veranlaßt, iſt ſchon längſt durch eine
Erbtochter in andere Hände übergegangen. Sic transit
gloria mundi, mein Herr Regierungsrath. Die
echten Abkömmlinge der Vanſitter ſind über die Erde
zerſtreut, wie Ihre Becker und Schulzen.“
„Wie aber kamen Sie zum Namen Wandel?“
„Da lauert wohl die arrière pensée, daß ich
meinen aus Gründen verwandelt hätte! Allerdings,
und wieder auch nicht. Der Zweig, dem ich ange¬
hörte, war ſchon ſeit einem Jahrhundert aus den
Niederlanden nach Dänemark übergeſiedelt, aber den
Grad meiner Verwandtſchaft mit der großen Firma
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/206>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.