Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

uns darüber klar werden. Der Zwerg hinten auf
der Kruppe wird auf die Länge dem Reiter eine lä¬
stige Zugabe, er hindert ihn in seiner freien Bewe¬
gung und will wohl gar mitsprechen und das Pferd
mitlenken. Wenn man ihn vor aller Welt aufhob, und
von seiner Großmuth ein Fait machte, kann man ihn
nicht immer ohne Weiteres wieder in den Staub setzen."

"Lassen wir die Gleichnisse. Sie sind merveil¬
lös in Ihrer Zuversicht auf Sieg."

"Mein Kaiser schlägt nur los, wo er ihn schon
in Händen hat."

"Das contrastirt furchtbar gegen den Glau¬
ben hier."

"Desto besser. Seit Friedrichs Auge erlosch,
sieht man hier durch eine Brille, die ihnen immer
das Gegentheil von dem zeigt, wie die Dinge sind.
Eine wahre Wohlthat der Vorsehung. Was braucht
ein Maulwurf in die Sonne zu sehn! Den Lauf
der Gestirne berechnen Andre."

"Sie gefallen sich heut in Paradoxieen."

"Ohne alle Gleichnisse, Prinzessin, und aufrich¬
tig, Gedanke gegen Gedanke! Wenn große Mächte
über große Fragen mit einander in Streit liegen, so
ist die Einmischung der kleinen immer verdrießlich.
Was haben sie in die Wagschaale zu legen, wo
Kraft, Wille, Genie auf beiden Seiten stehen?"

"Wo das Zünglein der Wage hin und her
schwankt, dünkt mich, giebt grade ein kleines Ge¬
wicht den Ausschlag."

V. 14

uns darüber klar werden. Der Zwerg hinten auf
der Kruppe wird auf die Länge dem Reiter eine lä¬
ſtige Zugabe, er hindert ihn in ſeiner freien Bewe¬
gung und will wohl gar mitſprechen und das Pferd
mitlenken. Wenn man ihn vor aller Welt aufhob, und
von ſeiner Großmuth ein Fait machte, kann man ihn
nicht immer ohne Weiteres wieder in den Staub ſetzen.“

„Laſſen wir die Gleichniſſe. Sie ſind merveil¬
lös in Ihrer Zuverſicht auf Sieg.“

„Mein Kaiſer ſchlägt nur los, wo er ihn ſchon
in Händen hat.“

„Das contraſtirt furchtbar gegen den Glau¬
ben hier.“

„Deſto beſſer. Seit Friedrichs Auge erloſch,
ſieht man hier durch eine Brille, die ihnen immer
das Gegentheil von dem zeigt, wie die Dinge ſind.
Eine wahre Wohlthat der Vorſehung. Was braucht
ein Maulwurf in die Sonne zu ſehn! Den Lauf
der Geſtirne berechnen Andre.“

„Sie gefallen ſich heut in Paradoxieen.“

„Ohne alle Gleichniſſe, Prinzeſſin, und aufrich¬
tig, Gedanke gegen Gedanke! Wenn große Mächte
über große Fragen mit einander in Streit liegen, ſo
iſt die Einmiſchung der kleinen immer verdrießlich.
Was haben ſie in die Wagſchaale zu legen, wo
Kraft, Wille, Genie auf beiden Seiten ſtehen?“

„Wo das Zünglein der Wage hin und her
ſchwankt, dünkt mich, giebt grade ein kleines Ge¬
wicht den Ausſchlag.“

V. 14
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0219" n="209"/>
uns darüber klar werden. Der Zwerg hinten auf<lb/>
der Kruppe wird auf die Länge dem Reiter eine lä¬<lb/>
&#x017F;tige Zugabe, er hindert ihn in &#x017F;einer freien Bewe¬<lb/>
gung und will wohl gar mit&#x017F;prechen und das Pferd<lb/>
mitlenken. Wenn man ihn vor aller Welt aufhob, und<lb/>
von &#x017F;einer Großmuth ein Fait machte, kann man ihn<lb/>
nicht immer ohne Weiteres wieder in den Staub &#x017F;etzen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;La&#x017F;&#x017F;en wir die Gleichni&#x017F;&#x017F;e. Sie &#x017F;ind merveil¬<lb/>
lös in Ihrer Zuver&#x017F;icht auf Sieg.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mein Kai&#x017F;er &#x017F;chlägt nur los, wo er ihn &#x017F;chon<lb/>
in Händen hat.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das contra&#x017F;tirt furchtbar gegen den Glau¬<lb/>
ben hier.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;De&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er. Seit Friedrichs Auge erlo&#x017F;ch,<lb/>
&#x017F;ieht man hier durch eine Brille, die ihnen immer<lb/>
das Gegentheil von dem zeigt, wie die Dinge &#x017F;ind.<lb/>
Eine wahre Wohlthat der Vor&#x017F;ehung. Was braucht<lb/>
ein Maulwurf in die Sonne zu &#x017F;ehn! Den Lauf<lb/>
der Ge&#x017F;tirne berechnen Andre.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie gefallen &#x017F;ich heut in Paradoxieen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ohne alle Gleichni&#x017F;&#x017F;e, Prinze&#x017F;&#x017F;in, und aufrich¬<lb/>
tig, Gedanke gegen Gedanke! Wenn große Mächte<lb/>
über große Fragen mit einander in Streit liegen, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t die Einmi&#x017F;chung der kleinen immer verdrießlich.<lb/>
Was haben &#x017F;ie in die Wag&#x017F;chaale zu legen, wo<lb/>
Kraft, Wille, Genie auf beiden Seiten &#x017F;tehen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wo das Zünglein der Wage hin und her<lb/>
&#x017F;chwankt, dünkt mich, giebt grade ein kleines Ge¬<lb/>
wicht den Aus&#x017F;chlag.&#x201C;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">V</hi>. 14<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0219] uns darüber klar werden. Der Zwerg hinten auf der Kruppe wird auf die Länge dem Reiter eine lä¬ ſtige Zugabe, er hindert ihn in ſeiner freien Bewe¬ gung und will wohl gar mitſprechen und das Pferd mitlenken. Wenn man ihn vor aller Welt aufhob, und von ſeiner Großmuth ein Fait machte, kann man ihn nicht immer ohne Weiteres wieder in den Staub ſetzen.“ „Laſſen wir die Gleichniſſe. Sie ſind merveil¬ lös in Ihrer Zuverſicht auf Sieg.“ „Mein Kaiſer ſchlägt nur los, wo er ihn ſchon in Händen hat.“ „Das contraſtirt furchtbar gegen den Glau¬ ben hier.“ „Deſto beſſer. Seit Friedrichs Auge erloſch, ſieht man hier durch eine Brille, die ihnen immer das Gegentheil von dem zeigt, wie die Dinge ſind. Eine wahre Wohlthat der Vorſehung. Was braucht ein Maulwurf in die Sonne zu ſehn! Den Lauf der Geſtirne berechnen Andre.“ „Sie gefallen ſich heut in Paradoxieen.“ „Ohne alle Gleichniſſe, Prinzeſſin, und aufrich¬ tig, Gedanke gegen Gedanke! Wenn große Mächte über große Fragen mit einander in Streit liegen, ſo iſt die Einmiſchung der kleinen immer verdrießlich. Was haben ſie in die Wagſchaale zu legen, wo Kraft, Wille, Genie auf beiden Seiten ſtehen?“ „Wo das Zünglein der Wage hin und her ſchwankt, dünkt mich, giebt grade ein kleines Ge¬ wicht den Ausſchlag.“ V. 14

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/219
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/219>, abgerufen am 21.11.2024.