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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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Die Gargazin war nachdenklich geworden. "Die
hier sehen davon freilich nichts!" sprach sie mehr für
sich als zu ihrem Besuch.

Dem Gesandten schien es angemessen ihren Ge¬
danken nicht zu Hülfe zu kommen; er fürchtete ein
Zurückschnellen. Diesmal aber recollirte sich die
Diplomatin selbst:

"Und doch, ist es nicht wunderbar, ein Finger
Gottes scheint da im Spiel, wie oft hat dieser Zwerg
unter den Staaten aus ähnlichen Calamitäten sich
wieder erhoben, ein Phönix aus der Asche! Es kann
doch plötzlich wieder ein Geist aufschießen --"

"Sehn Sie einen? Einen, der nur begreift,
was Friedrich wollte, der ahnt, was er thun müßte,
um in seinem Sinn zu handeln! Er ging seiner
Zeit vorauf, diese Alle sind im Nachtrabe. Sehn
Sie einen Einzigen, frage ich?"

"Einen doch --"

"Der ist bei Seit geworfen, früh verfault, weil
er zu üppig aufschoß. Ist das nicht wieder ein Fin¬
ger Gottes, wie sie diesen Einzigen behandelt, der
klüger als sie war. Sie wollten nicht gerettet sein.
Gott hat sie mit Blindheit geschlagen! Das darf
freilich ein profaner Mann wie ich nicht sagen, aber
Fürstin Gargazin muß es denken."

Die Fürstin schien in einem Meer von Gedanken
versenkt. Ihr Schweigen war ein zugestandener Sieg
für den Gegner. Aber plötzlich öffnete sie die Lippen:

"Einen Mann seh ich noch nicht, aber eine

Die Gargazin war nachdenklich geworden. „Die
hier ſehen davon freilich nichts!“ ſprach ſie mehr für
ſich als zu ihrem Beſuch.

Dem Geſandten ſchien es angemeſſen ihren Ge¬
danken nicht zu Hülfe zu kommen; er fürchtete ein
Zurückſchnellen. Diesmal aber recollirte ſich die
Diplomatin ſelbſt:

„Und doch, iſt es nicht wunderbar, ein Finger
Gottes ſcheint da im Spiel, wie oft hat dieſer Zwerg
unter den Staaten aus ähnlichen Calamitäten ſich
wieder erhoben, ein Phönix aus der Aſche! Es kann
doch plötzlich wieder ein Geiſt aufſchießen —“

„Sehn Sie einen? Einen, der nur begreift,
was Friedrich wollte, der ahnt, was er thun müßte,
um in ſeinem Sinn zu handeln! Er ging ſeiner
Zeit vorauf, dieſe Alle ſind im Nachtrabe. Sehn
Sie einen Einzigen, frage ich?“

„Einen doch —“

„Der iſt bei Seit geworfen, früh verfault, weil
er zu üppig aufſchoß. Iſt das nicht wieder ein Fin¬
ger Gottes, wie ſie dieſen Einzigen behandelt, der
klüger als ſie war. Sie wollten nicht gerettet ſein.
Gott hat ſie mit Blindheit geſchlagen! Das darf
freilich ein profaner Mann wie ich nicht ſagen, aber
Fürſtin Gargazin muß es denken.“

Die Fürſtin ſchien in einem Meer von Gedanken
verſenkt. Ihr Schweigen war ein zugeſtandener Sieg
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[212/0222] Die Gargazin war nachdenklich geworden. „Die hier ſehen davon freilich nichts!“ ſprach ſie mehr für ſich als zu ihrem Beſuch. Dem Geſandten ſchien es angemeſſen ihren Ge¬ danken nicht zu Hülfe zu kommen; er fürchtete ein Zurückſchnellen. Diesmal aber recollirte ſich die Diplomatin ſelbſt: „Und doch, iſt es nicht wunderbar, ein Finger Gottes ſcheint da im Spiel, wie oft hat dieſer Zwerg unter den Staaten aus ähnlichen Calamitäten ſich wieder erhoben, ein Phönix aus der Aſche! Es kann doch plötzlich wieder ein Geiſt aufſchießen —“ „Sehn Sie einen? Einen, der nur begreift, was Friedrich wollte, der ahnt, was er thun müßte, um in ſeinem Sinn zu handeln! Er ging ſeiner Zeit vorauf, dieſe Alle ſind im Nachtrabe. Sehn Sie einen Einzigen, frage ich?“ „Einen doch —“ „Der iſt bei Seit geworfen, früh verfault, weil er zu üppig aufſchoß. Iſt das nicht wieder ein Fin¬ ger Gottes, wie ſie dieſen Einzigen behandelt, der klüger als ſie war. Sie wollten nicht gerettet ſein. Gott hat ſie mit Blindheit geſchlagen! Das darf freilich ein profaner Mann wie ich nicht ſagen, aber Fürſtin Gargazin muß es denken.“ Die Fürſtin ſchien in einem Meer von Gedanken verſenkt. Ihr Schweigen war ein zugeſtandener Sieg für den Gegner. Aber plötzlich öffnete ſie die Lippen: „Einen Mann ſeh ich noch nicht, aber eine

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/222>, abgerufen am 21.11.2024.