Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Frau --! Wer kann sagen, daß er die Königin kennt!
Es ist schon jetzt eine wunderbare Umwandlung vor¬
gegangen. Wer erkennt in ihr wieder die immer tanzende
Huldgöttin vom vorigen Jahre, die nur auf Blumen¬
kränzen sich zu schaukeln schien, und mit ihren Tau¬
benaugen die sentimentalen Gemüther entzückte. Wo
ist diese schmärmerisch tändelnde Fee geblieben!
Alexanders Besuch, die Nacht in der Gruft, hat sie
wie ausgetauscht. In diesen Augen leuchtet jetzt ein
Geist -- es ist eine Majestät in dem Blick. Wir
wissen nicht, was sie vermag -- was sie wird."

"Um des Himmelswillen nur keine Jael und
Judith!"

"Warum nicht eine Jeanne d'Arc."

"Auch dazu sind Ihre Majestät zu lieblich schön.
Im Uebrigen -- er verneigte sich -- habe ich nie
daran gezweifelt, daß die Frauen zum Herrschen und
Beglücken geboren sind."

Der Diplomat hielt inne. Hinter dem Com¬
plimente für die Dame vor ihm schien er jetzt ernste¬
ren Gedanken Raum zu geben. Die Diplomatin
las etwas davon, sie nahm das Compliment nur für
das, was es war:

"Napoleon scheint auf den Einfluß der Königin
Louise aufmerksam."

Laforest lachte auf: "Wenn er überhaupt noch
auf etwas hier aufmerksam ist."

"Preußen ist ihm eine zurückgelegte Station.
Er legt wohl schon Relais bis Petersburg?"

Frau —! Wer kann ſagen, daß er die Königin kennt!
Es iſt ſchon jetzt eine wunderbare Umwandlung vor¬
gegangen. Wer erkennt in ihr wieder die immer tanzende
Huldgöttin vom vorigen Jahre, die nur auf Blumen¬
kränzen ſich zu ſchaukeln ſchien, und mit ihren Tau¬
benaugen die ſentimentalen Gemüther entzückte. Wo
iſt dieſe ſchmärmeriſch tändelnde Fee geblieben!
Alexanders Beſuch, die Nacht in der Gruft, hat ſie
wie ausgetauſcht. In dieſen Augen leuchtet jetzt ein
Geiſt — es iſt eine Majeſtät in dem Blick. Wir
wiſſen nicht, was ſie vermag — was ſie wird.“

„Um des Himmelswillen nur keine Jael und
Judith!“

„Warum nicht eine Jeanne d'Arc.“

„Auch dazu ſind Ihre Majeſtät zu lieblich ſchön.
Im Uebrigen — er verneigte ſich — habe ich nie
daran gezweifelt, daß die Frauen zum Herrſchen und
Beglücken geboren ſind.“

Der Diplomat hielt inne. Hinter dem Com¬
plimente für die Dame vor ihm ſchien er jetzt ernſte¬
ren Gedanken Raum zu geben. Die Diplomatin
las etwas davon, ſie nahm das Compliment nur für
das, was es war:

„Napoleon ſcheint auf den Einfluß der Königin
Louiſe aufmerkſam.“

Laforeſt lachte auf: „Wenn er überhaupt noch
auf etwas hier aufmerkſam iſt.“

„Preußen iſt ihm eine zurückgelegte Station.
Er legt wohl ſchon Relais bis Petersburg?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0223" n="213"/>
Frau &#x2014;! Wer kann &#x017F;agen, daß er die Königin kennt!<lb/>
Es i&#x017F;t &#x017F;chon jetzt eine wunderbare Umwandlung vor¬<lb/>
gegangen. Wer erkennt in ihr wieder die immer tanzende<lb/>
Huldgöttin vom vorigen Jahre, die nur auf Blumen¬<lb/>
kränzen &#x017F;ich zu &#x017F;chaukeln &#x017F;chien, und mit ihren Tau¬<lb/>
benaugen die &#x017F;entimentalen Gemüther entzückte. Wo<lb/>
i&#x017F;t die&#x017F;e &#x017F;chmärmeri&#x017F;ch tändelnde Fee geblieben!<lb/>
Alexanders Be&#x017F;uch, die Nacht in der Gruft, hat &#x017F;ie<lb/>
wie ausgetau&#x017F;cht. In die&#x017F;en Augen leuchtet jetzt ein<lb/>
Gei&#x017F;t &#x2014; es i&#x017F;t eine Maje&#x017F;tät in dem Blick. Wir<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en nicht, was &#x017F;ie vermag &#x2014; was &#x017F;ie wird.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Um des Himmelswillen nur keine Jael und<lb/>
Judith!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Warum nicht eine Jeanne d'Arc.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Auch dazu &#x017F;ind Ihre Maje&#x017F;tät zu lieblich &#x017F;chön.<lb/>
Im Uebrigen &#x2014; er verneigte &#x017F;ich &#x2014; habe ich nie<lb/>
daran gezweifelt, daß die Frauen zum Herr&#x017F;chen und<lb/>
Beglücken geboren &#x017F;ind.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Diplomat hielt inne. Hinter dem Com¬<lb/>
plimente für die Dame vor ihm &#x017F;chien <hi rendition="#g">er</hi> jetzt ern&#x017F;te¬<lb/>
ren Gedanken Raum zu geben. Die Diplomatin<lb/>
las etwas davon, &#x017F;ie nahm das Compliment nur für<lb/>
das, was es war:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Napoleon &#x017F;cheint auf den Einfluß der Königin<lb/>
Loui&#x017F;e aufmerk&#x017F;am.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Lafore&#x017F;t lachte auf: &#x201E;Wenn er überhaupt noch<lb/>
auf etwas hier aufmerk&#x017F;am i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Preußen i&#x017F;t ihm eine zurückgelegte Station.<lb/>
Er legt wohl &#x017F;chon Relais bis Petersburg?&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0223] Frau —! Wer kann ſagen, daß er die Königin kennt! Es iſt ſchon jetzt eine wunderbare Umwandlung vor¬ gegangen. Wer erkennt in ihr wieder die immer tanzende Huldgöttin vom vorigen Jahre, die nur auf Blumen¬ kränzen ſich zu ſchaukeln ſchien, und mit ihren Tau¬ benaugen die ſentimentalen Gemüther entzückte. Wo iſt dieſe ſchmärmeriſch tändelnde Fee geblieben! Alexanders Beſuch, die Nacht in der Gruft, hat ſie wie ausgetauſcht. In dieſen Augen leuchtet jetzt ein Geiſt — es iſt eine Majeſtät in dem Blick. Wir wiſſen nicht, was ſie vermag — was ſie wird.“ „Um des Himmelswillen nur keine Jael und Judith!“ „Warum nicht eine Jeanne d'Arc.“ „Auch dazu ſind Ihre Majeſtät zu lieblich ſchön. Im Uebrigen — er verneigte ſich — habe ich nie daran gezweifelt, daß die Frauen zum Herrſchen und Beglücken geboren ſind.“ Der Diplomat hielt inne. Hinter dem Com¬ plimente für die Dame vor ihm ſchien er jetzt ernſte¬ ren Gedanken Raum zu geben. Die Diplomatin las etwas davon, ſie nahm das Compliment nur für das, was es war: „Napoleon ſcheint auf den Einfluß der Königin Louiſe aufmerkſam.“ Laforeſt lachte auf: „Wenn er überhaupt noch auf etwas hier aufmerkſam iſt.“ „Preußen iſt ihm eine zurückgelegte Station. Er legt wohl ſchon Relais bis Petersburg?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/223
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/223>, abgerufen am 21.11.2024.