Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Laforest verfolgte den vorigen Gedanken -- mo¬
mentan: "Uebrigens keine üble Idee, daß eine Dynastie,
die ihre Aufgabe vergaß, durch Frauen daran erinnert
wird! Miraculös, wie der Deutsche es liebt. Was
würde Friedrich im Elysium dazu sagen. Napoleon
wird herzlich lachen. -- Doch was kümmert uns das!
Ich bin hier, um Abschied zu nehmen."

"Aber doch auch, um noch etwas mir zu sagen,
was bis jetzt nicht über die Lippen wollte. -- Be¬
sitzen Sie ein vollständiges Kataster aller Truppen¬
theile, die in's Feld rücken?" setzte die Gargazin hinzu.

"Napoleon kennt die Kranken und Marauden
in jeder Compagnie, er weiß, wie viel Schüsse jede
preußische Kanone machen kann."

"Dann wird der Krieg nur ein Rechenexempel."

"Das ist er auch. Die Uebermacht erdrückt die
Macht. Das Vernünftige, nein, das Natürlichste wäre
doch, daß Preußen den Ausbruch des Krieges hinzu¬
zögern suchte, bis die russischen Armeen sich nähern;
dann allerdings wäre der Erfolg zweifelhaft. Aber
man will Ihre Hülfe nicht abwarten, die Herren
Officiere, selbst die Feldherrn betrachten es als eine
Ehrensache, daß Preußen es allein auf sich nimmt.
Wenigstens den ersten Choc wollen sie aushalten und
natürlich siegen; alsdann will man Ihrer Armee das
Geschäft mit dem Kehrbesen überlassen. Sehn Sie,
wie Alles drängt, treibt, spornt nach Erfurt. Die
Straße nach Magdeburg ist schon aufgewühlt. Die
Motive, welche die alten Helden anführen, klingen

Laforeſt verfolgte den vorigen Gedanken — mo¬
mentan: „Uebrigens keine üble Idee, daß eine Dynaſtie,
die ihre Aufgabe vergaß, durch Frauen daran erinnert
wird! Miraculös, wie der Deutſche es liebt. Was
würde Friedrich im Elyſium dazu ſagen. Napoleon
wird herzlich lachen. — Doch was kümmert uns das!
Ich bin hier, um Abſchied zu nehmen.“

„Aber doch auch, um noch etwas mir zu ſagen,
was bis jetzt nicht über die Lippen wollte. — Be¬
ſitzen Sie ein vollſtändiges Kataſter aller Truppen¬
theile, die in's Feld rücken?“ ſetzte die Gargazin hinzu.

„Napoleon kennt die Kranken und Marauden
in jeder Compagnie, er weiß, wie viel Schüſſe jede
preußiſche Kanone machen kann.“

„Dann wird der Krieg nur ein Rechenexempel.“

„Das iſt er auch. Die Uebermacht erdrückt die
Macht. Das Vernünftige, nein, das Natürlichſte wäre
doch, daß Preußen den Ausbruch des Krieges hinzu¬
zögern ſuchte, bis die ruſſiſchen Armeen ſich nähern;
dann allerdings wäre der Erfolg zweifelhaft. Aber
man will Ihre Hülfe nicht abwarten, die Herren
Officiere, ſelbſt die Feldherrn betrachten es als eine
Ehrenſache, daß Preußen es allein auf ſich nimmt.
Wenigſtens den erſten Choc wollen ſie aushalten und
natürlich ſiegen; alsdann will man Ihrer Armee das
Geſchäft mit dem Kehrbeſen überlaſſen. Sehn Sie,
wie Alles drängt, treibt, ſpornt nach Erfurt. Die
Straße nach Magdeburg iſt ſchon aufgewühlt. Die
Motive, welche die alten Helden anführen, klingen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0224" n="214"/>
        <p>Lafore&#x017F;t verfolgte den vorigen Gedanken &#x2014; mo¬<lb/>
mentan: &#x201E;Uebrigens keine üble Idee, daß eine Dyna&#x017F;tie,<lb/>
die ihre Aufgabe vergaß, durch Frauen daran erinnert<lb/>
wird! Miraculös, wie der Deut&#x017F;che es liebt. Was<lb/>
würde Friedrich im Ely&#x017F;ium dazu &#x017F;agen. Napoleon<lb/>
wird herzlich lachen. &#x2014; Doch was kümmert uns das!<lb/>
Ich bin hier, um Ab&#x017F;chied zu nehmen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber doch auch, um noch etwas mir zu &#x017F;agen,<lb/>
was bis jetzt nicht über die Lippen wollte. &#x2014; Be¬<lb/>
&#x017F;itzen Sie ein voll&#x017F;tändiges Kata&#x017F;ter aller Truppen¬<lb/>
theile, die in's Feld rücken?&#x201C; &#x017F;etzte die Gargazin hinzu.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Napoleon kennt die Kranken und Marauden<lb/>
in jeder Compagnie, er weiß, wie viel Schü&#x017F;&#x017F;e jede<lb/>
preußi&#x017F;che Kanone machen kann.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dann wird der Krieg nur ein Rechenexempel.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das i&#x017F;t er auch. Die Uebermacht erdrückt die<lb/>
Macht. Das Vernünftige, nein, das Natürlich&#x017F;te wäre<lb/>
doch, daß Preußen den Ausbruch des Krieges hinzu¬<lb/>
zögern &#x017F;uchte, bis die ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Armeen &#x017F;ich nähern;<lb/>
dann allerdings wäre der Erfolg zweifelhaft. Aber<lb/>
man will Ihre Hülfe nicht abwarten, die Herren<lb/>
Officiere, &#x017F;elb&#x017F;t die Feldherrn betrachten es als eine<lb/>
Ehren&#x017F;ache, daß Preußen es allein auf &#x017F;ich nimmt.<lb/>
Wenig&#x017F;tens den er&#x017F;ten Choc wollen &#x017F;ie aushalten und<lb/>
natürlich &#x017F;iegen; alsdann will man Ihrer Armee das<lb/>
Ge&#x017F;chäft mit dem Kehrbe&#x017F;en überla&#x017F;&#x017F;en. Sehn Sie,<lb/>
wie Alles drängt, treibt, &#x017F;pornt nach Erfurt. Die<lb/>
Straße nach Magdeburg i&#x017F;t &#x017F;chon aufgewühlt. Die<lb/>
Motive, welche die alten Helden anführen, klingen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0224] Laforeſt verfolgte den vorigen Gedanken — mo¬ mentan: „Uebrigens keine üble Idee, daß eine Dynaſtie, die ihre Aufgabe vergaß, durch Frauen daran erinnert wird! Miraculös, wie der Deutſche es liebt. Was würde Friedrich im Elyſium dazu ſagen. Napoleon wird herzlich lachen. — Doch was kümmert uns das! Ich bin hier, um Abſchied zu nehmen.“ „Aber doch auch, um noch etwas mir zu ſagen, was bis jetzt nicht über die Lippen wollte. — Be¬ ſitzen Sie ein vollſtändiges Kataſter aller Truppen¬ theile, die in's Feld rücken?“ ſetzte die Gargazin hinzu. „Napoleon kennt die Kranken und Marauden in jeder Compagnie, er weiß, wie viel Schüſſe jede preußiſche Kanone machen kann.“ „Dann wird der Krieg nur ein Rechenexempel.“ „Das iſt er auch. Die Uebermacht erdrückt die Macht. Das Vernünftige, nein, das Natürlichſte wäre doch, daß Preußen den Ausbruch des Krieges hinzu¬ zögern ſuchte, bis die ruſſiſchen Armeen ſich nähern; dann allerdings wäre der Erfolg zweifelhaft. Aber man will Ihre Hülfe nicht abwarten, die Herren Officiere, ſelbſt die Feldherrn betrachten es als eine Ehrenſache, daß Preußen es allein auf ſich nimmt. Wenigſtens den erſten Choc wollen ſie aushalten und natürlich ſiegen; alsdann will man Ihrer Armee das Geſchäft mit dem Kehrbeſen überlaſſen. Sehn Sie, wie Alles drängt, treibt, ſpornt nach Erfurt. Die Straße nach Magdeburg iſt ſchon aufgewühlt. Die Motive, welche die alten Helden anführen, klingen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/224
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/224>, abgerufen am 21.11.2024.