vorwärts ohne Führer. So ist's in der Welt seit ihrem Beginn. Aus den schlechtesten Soldaten, aus den Neapolitanern, hat Bonaparte feuerfeste Krieger gemacht. Und der gute, feste, grobkörnige Teig, der uns vorliegt, ihn sollen wir nicht zu formen versu¬ chen, wenn Gott uns Männer schickt, die Einsicht haben! Wenn wir Stahl und Feuerstein haben, sollen wir nicht Funken schlagen; wenn wir ein Volk haben, das sein Vaterland liebt, sollen wir es nicht aufrufen, nicht electrisiren, sein Alles einzusetzen, wo es sein Alles gilt."
Der Rath seufzte mit einem wehmüthigen Blick auf den Redner, während er doch mit wachsender Theilnahme seiner Rede zugehört zu haben schien. "Leben Sie wohl, van Asten, sprach er, ihm die Hand reichend. Ich weiß auch, wie glücklich Illusionen machen."
"Und Sie halten es für Unrecht, mich zu wecken; wer nie geträumt hat, nicht träumen kann, dem geb ich kein Recht dazu. Aber von Ihnen fordere ich es als Pflicht. Fürchten Sie nicht, daß ich wie der Nachtwandler vom Dache stürze."
"Männer fordern Sie, Männer von Einsicht. Und Sie glauben, der Rechte ist da. Sind Männer der Einsicht auch Männer der That? Einsicht hatten Viele. Was halfen sie, wenn sie die Achseln zückten, weil sie sich zu schwach fühlten. Aber dieser, den Sie meinen, und die Wenigen mit ihm, die ihn verstehen, fühlt den Beruf! Das ist Ihre Antwort. Er fühlt
vorwärts ohne Führer. So iſt's in der Welt ſeit ihrem Beginn. Aus den ſchlechteſten Soldaten, aus den Neapolitanern, hat Bonaparte feuerfeſte Krieger gemacht. Und der gute, feſte, grobkörnige Teig, der uns vorliegt, ihn ſollen wir nicht zu formen verſu¬ chen, wenn Gott uns Männer ſchickt, die Einſicht haben! Wenn wir Stahl und Feuerſtein haben, ſollen wir nicht Funken ſchlagen; wenn wir ein Volk haben, das ſein Vaterland liebt, ſollen wir es nicht aufrufen, nicht electriſiren, ſein Alles einzuſetzen, wo es ſein Alles gilt.“
Der Rath ſeufzte mit einem wehmüthigen Blick auf den Redner, während er doch mit wachſender Theilnahme ſeiner Rede zugehört zu haben ſchien. „Leben Sie wohl, van Aſten, ſprach er, ihm die Hand reichend. Ich weiß auch, wie glücklich Illuſionen machen.“
„Und Sie halten es für Unrecht, mich zu wecken; wer nie geträumt hat, nicht träumen kann, dem geb ich kein Recht dazu. Aber von Ihnen fordere ich es als Pflicht. Fürchten Sie nicht, daß ich wie der Nachtwandler vom Dache ſtürze.“
„Männer fordern Sie, Männer von Einſicht. Und Sie glauben, der Rechte iſt da. Sind Männer der Einſicht auch Männer der That? Einſicht hatten Viele. Was halfen ſie, wenn ſie die Achſeln zückten, weil ſie ſich zu ſchwach fühlten. Aber dieſer, den Sie meinen, und die Wenigen mit ihm, die ihn verſtehen, fühlt den Beruf! Das iſt Ihre Antwort. Er fühlt
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vorwärts ohne Führer. So iſt's in der Welt ſeit
ihrem Beginn. Aus den ſchlechteſten Soldaten, aus
den Neapolitanern, hat Bonaparte feuerfeſte Krieger
gemacht. Und der gute, feſte, grobkörnige Teig, der
uns vorliegt, ihn ſollen wir nicht zu formen verſu¬
chen, wenn Gott uns Männer ſchickt, die Einſicht haben!
Wenn wir Stahl und Feuerſtein haben, ſollen wir
nicht Funken ſchlagen; wenn wir ein Volk haben,
das ſein Vaterland liebt, ſollen wir es nicht aufrufen,
nicht electriſiren, ſein Alles einzuſetzen, wo es ſein
Alles gilt.“
Der Rath ſeufzte mit einem wehmüthigen Blick
auf den Redner, während er doch mit wachſender
Theilnahme ſeiner Rede zugehört zu haben ſchien.
„Leben Sie wohl, van Aſten, ſprach er, ihm die Hand
reichend. Ich weiß auch, wie glücklich Illuſionen
machen.“
„Und Sie halten es für Unrecht, mich zu wecken;
wer nie geträumt hat, nicht träumen kann, dem geb
ich kein Recht dazu. Aber von Ihnen fordere ich
es als Pflicht. Fürchten Sie nicht, daß ich wie der
Nachtwandler vom Dache ſtürze.“
„Männer fordern Sie, Männer von Einſicht.
Und Sie glauben, der Rechte iſt da. Sind Männer
der Einſicht auch Männer der That? Einſicht hatten
Viele. Was halfen ſie, wenn ſie die Achſeln zückten,
weil ſie ſich zu ſchwach fühlten. Aber dieſer, den Sie
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/24>, abgerufen am 03.12.2024.
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