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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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sich auch stark, in's Rad zu greifen, mit eisernen
Besen, Karsten, Schaufeln will er den Schlamm
auskehren, und aus den Gebirgen Waldbäche in die
verschlammten Kanäle leiten. Zugegeben diese Her¬
kuleskraft; ist, wo des Feindes Hammer schon am
Außenthore kracht, Zeit dazu die Garnison neu zu
organisiren?"

"Die Noth lehrt nicht allein beten, sie lehrt uns
auch die Zeit ergreifen. Wenn sie zehn, zwanzig Jahre
vergeudet, um so schwerer wiegt, um so kostbarer ist
der Augenblick, und der ein Verschwender, ein Ver¬
räther, der ihn ungenutzt verstreichen läßt. Sie ken¬
nen den ersten Sturm, den er gewagt. Er blitzte ab,
werden Sie entgegnen. Aber er ward nicht abgeschla¬
gen. Als der König das Memorial zurückgab, nahm
man uns da etwa die Waffen? Gab man ihm die
Entlassung? Er ward nur ungnädig aufgenommen,
weil sie der Gedanke aus der bequemen Ruhe störte.
Der Gedanke ward seitdem stärker, die Bundesgenossen
wuchsen, und aus der Ruhe haben Andere den Mo¬
narchen gerissen. Es ist eine Zeit der Unruhe, und
er muß dessen Hand fassen, der den Boden unter ihm
fest macht."

"So will er es wirklich noch einmal wagen!
Ich sage Ihnen, die Kabinetsräthe sprengt er nicht.
Er springt eher selbst."

"Gefahr kommt nicht in Anschlag, wo es nur
einen Weg giebt. Sie schätzen die Menschen ab
nach den langen Jahren der Schlaffheit; warum

ſich auch ſtark, in's Rad zu greifen, mit eiſernen
Beſen, Karſten, Schaufeln will er den Schlamm
auskehren, und aus den Gebirgen Waldbäche in die
verſchlammten Kanäle leiten. Zugegeben dieſe Her¬
kuleskraft; iſt, wo des Feindes Hammer ſchon am
Außenthore kracht, Zeit dazu die Garniſon neu zu
organiſiren?“

„Die Noth lehrt nicht allein beten, ſie lehrt uns
auch die Zeit ergreifen. Wenn ſie zehn, zwanzig Jahre
vergeudet, um ſo ſchwerer wiegt, um ſo koſtbarer iſt
der Augenblick, und der ein Verſchwender, ein Ver¬
räther, der ihn ungenutzt verſtreichen läßt. Sie ken¬
nen den erſten Sturm, den er gewagt. Er blitzte ab,
werden Sie entgegnen. Aber er ward nicht abgeſchla¬
gen. Als der König das Memorial zurückgab, nahm
man uns da etwa die Waffen? Gab man ihm die
Entlaſſung? Er ward nur ungnädig aufgenommen,
weil ſie der Gedanke aus der bequemen Ruhe ſtörte.
Der Gedanke ward ſeitdem ſtärker, die Bundesgenoſſen
wuchſen, und aus der Ruhe haben Andere den Mo¬
narchen geriſſen. Es iſt eine Zeit der Unruhe, und
er muß deſſen Hand faſſen, der den Boden unter ihm
feſt macht.“

„So will er es wirklich noch einmal wagen!
Ich ſage Ihnen, die Kabinetsräthe ſprengt er nicht.
Er ſpringt eher ſelbſt.“

„Gefahr kommt nicht in Anſchlag, wo es nur
einen Weg giebt. Sie ſchätzen die Menſchen ab
nach den langen Jahren der Schlaffheit; warum

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[15/0025] ſich auch ſtark, in's Rad zu greifen, mit eiſernen Beſen, Karſten, Schaufeln will er den Schlamm auskehren, und aus den Gebirgen Waldbäche in die verſchlammten Kanäle leiten. Zugegeben dieſe Her¬ kuleskraft; iſt, wo des Feindes Hammer ſchon am Außenthore kracht, Zeit dazu die Garniſon neu zu organiſiren?“ „Die Noth lehrt nicht allein beten, ſie lehrt uns auch die Zeit ergreifen. Wenn ſie zehn, zwanzig Jahre vergeudet, um ſo ſchwerer wiegt, um ſo koſtbarer iſt der Augenblick, und der ein Verſchwender, ein Ver¬ räther, der ihn ungenutzt verſtreichen läßt. Sie ken¬ nen den erſten Sturm, den er gewagt. Er blitzte ab, werden Sie entgegnen. Aber er ward nicht abgeſchla¬ gen. Als der König das Memorial zurückgab, nahm man uns da etwa die Waffen? Gab man ihm die Entlaſſung? Er ward nur ungnädig aufgenommen, weil ſie der Gedanke aus der bequemen Ruhe ſtörte. Der Gedanke ward ſeitdem ſtärker, die Bundesgenoſſen wuchſen, und aus der Ruhe haben Andere den Mo¬ narchen geriſſen. Es iſt eine Zeit der Unruhe, und er muß deſſen Hand faſſen, der den Boden unter ihm feſt macht.“ „So will er es wirklich noch einmal wagen! Ich ſage Ihnen, die Kabinetsräthe ſprengt er nicht. Er ſpringt eher ſelbſt.“ „Gefahr kommt nicht in Anſchlag, wo es nur einen Weg giebt. Sie ſchätzen die Menſchen ab nach den langen Jahren der Schlaffheit; warum

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/25>, abgerufen am 03.12.2024.