lange hatten sie auf den Sammelplätzen stehen müssen, ehe die Trommel zum Abmarsch wirbelte. Wie die Lyciumhecke, Alle von Staub gepudert, vom Blau ihres Rockes, vom schönen weißen Mehl ihrer Locken war nichts mehr zu sehen. Aber die Spontons und Bajonette funkelten in der Sonne, die Federbüsche schüttelten in ihrer bunten Farbenpracht den Staub ab und -- Alle sangen. Ohne Gesang kein deutscher Soldat. Die Disciplin kann Alles; das Singen wagt sie nicht zu verbieten. Lieder waren es, die kein Dichter für sie gedichtet, am wenigsten brauchten die Soldaten in Deutschland einen Tyrtäus; von den Zeiten des dreißigjährigen Krieges, der Lands¬ knechte, ja noch weiter hinauf, sie machten sich ihre Lieder selbst, oder die Luft hauchte sie ihnen zu. Einige aus alter Zeit von Scheiden und Meiden, von frühem Tod und Morgenroth, von grüner Erde und Lindenbäumen, klangen wohl noch wie das We¬ hen eines Frühlingshauches durch Blüthenwipfel, aber sie klangen selten. Der Soldat auf dem Marsche sehnt sich nach "cannibalischem Wohlsein." Wenn Einer die Tabacksfreude anstimmte, den Krambambuli, das von den Müllersäcken und Müllermädeln, da stimmte der ganze Chorus ein; Lieder sind es, welche der Schrift nicht angehören, aber sie leben, viele schon Jahrhunderte, und wollen auch wohl noch Jahrhun¬ derte leben.
Daher mochte der Leiermann im Garten, so oft er wollte, seine Ballade anheben, die ein patriotischer
lange hatten ſie auf den Sammelplätzen ſtehen müſſen, ehe die Trommel zum Abmarſch wirbelte. Wie die Lyciumhecke, Alle von Staub gepudert, vom Blau ihres Rockes, vom ſchönen weißen Mehl ihrer Locken war nichts mehr zu ſehen. Aber die Spontons und Bajonette funkelten in der Sonne, die Federbüſche ſchüttelten in ihrer bunten Farbenpracht den Staub ab und — Alle ſangen. Ohne Geſang kein deutſcher Soldat. Die Disciplin kann Alles; das Singen wagt ſie nicht zu verbieten. Lieder waren es, die kein Dichter für ſie gedichtet, am wenigſten brauchten die Soldaten in Deutſchland einen Tyrtäus; von den Zeiten des dreißigjährigen Krieges, der Lands¬ knechte, ja noch weiter hinauf, ſie machten ſich ihre Lieder ſelbſt, oder die Luft hauchte ſie ihnen zu. Einige aus alter Zeit von Scheiden und Meiden, von frühem Tod und Morgenroth, von grüner Erde und Lindenbäumen, klangen wohl noch wie das We¬ hen eines Frühlingshauches durch Blüthenwipfel, aber ſie klangen ſelten. Der Soldat auf dem Marſche ſehnt ſich nach „cannibaliſchem Wohlſein.“ Wenn Einer die Tabacksfreude anſtimmte, den Krambambuli, das von den Müllerſäcken und Müllermädeln, da ſtimmte der ganze Chorus ein; Lieder ſind es, welche der Schrift nicht angehören, aber ſie leben, viele ſchon Jahrhunderte, und wollen auch wohl noch Jahrhun¬ derte leben.
Daher mochte der Leiermann im Garten, ſo oft er wollte, ſeine Ballade anheben, die ein patriotiſcher
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lange hatten ſie auf den Sammelplätzen ſtehen müſſen,
ehe die Trommel zum Abmarſch wirbelte. Wie die
Lyciumhecke, Alle von Staub gepudert, vom Blau
ihres Rockes, vom ſchönen weißen Mehl ihrer Locken
war nichts mehr zu ſehen. Aber die Spontons und
Bajonette funkelten in der Sonne, die Federbüſche
ſchüttelten in ihrer bunten Farbenpracht den Staub
ab und — Alle ſangen. Ohne Geſang kein deutſcher
Soldat. Die Disciplin kann Alles; das Singen
wagt ſie nicht zu verbieten. Lieder waren es, die
kein Dichter für ſie gedichtet, am wenigſten brauchten
die Soldaten in Deutſchland einen Tyrtäus; von
den Zeiten des dreißigjährigen Krieges, der Lands¬
knechte, ja noch weiter hinauf, ſie machten ſich ihre
Lieder ſelbſt, oder die Luft hauchte ſie ihnen zu.
Einige aus alter Zeit von Scheiden und Meiden,
von frühem Tod und Morgenroth, von grüner Erde
und Lindenbäumen, klangen wohl noch wie das We¬
hen eines Frühlingshauches durch Blüthenwipfel,
aber ſie klangen ſelten. Der Soldat auf dem Marſche
ſehnt ſich nach „cannibaliſchem Wohlſein.“ Wenn Einer
die Tabacksfreude anſtimmte, den Krambambuli, das
von den Müllerſäcken und Müllermädeln, da ſtimmte
der ganze Chorus ein; Lieder ſind es, welche der
Schrift nicht angehören, aber ſie leben, viele ſchon
Jahrhunderte, und wollen auch wohl noch Jahrhun¬
derte leben.
Daher mochte der Leiermann im Garten, ſo oft
er wollte, ſeine Ballade anheben, die ein patriotiſcher
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/240>, abgerufen am 21.11.2024.
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