Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Der General hielt auf seine Autorität und dul¬
dete keinen Widerspruch von unten; nach oben erlaubte
er sich aber Widerspruch, weil er auch dahin auf seine
Autorität hielt. Er galt für streng, tyrannisch in
seinen Launen, ja Einige nannten ihn barbarisch in
der Strenge gegen den gemeinen Soldaten, und von
brutalem Stolz gegen das Civil. Heut erschien er
milder. War es der Anblick der wohlgeordneten
Kriegerschaaren, war es die Assurance, mit diesem
Heer zu siegen, oder der Ernst, welcher sich der Seele
jedes denkenden Kriegers vor einer Schlacht bemeistert.

"Weiß vielleicht Einer von den Herren, unter¬
brach er das Schweigen, was aus dem Obristwacht¬
meister von Eisenhauch geworden. Nach Oestreich
kam er voriges Jahr zu spät, die Campagne war
vorüber. Demnächst schrieb man, daß er aus Alte¬
ration gefährlich erkrankt sei. Es sollte mich doch
wundern, ob er sich nicht wieder bei uns einfindet,
wenn es Ernst wird."

Auf die Frage wußte Niemand Bescheid; sie
wußten eben so wenig, ob der General etwas zum Lobe
oder zum Tadel des genannten Officiers hören wollte.
Sie schwiegen.

"Meine Herren, es ist ein Genieofficier von
admirabeln Kenntnissen, hat auch manche vortreffliche
Conceptionen. Ich gestehe Ihnen, einige waren wirk¬
lich acceptabel, und es that mir leid, als er den
Abschied nahm. Verdachte es ihm freilich nicht. Wollte
nicht bloß Rath geben, drauf los, in's Feuer; cheva¬

Der General hielt auf ſeine Autorität und dul¬
dete keinen Widerſpruch von unten; nach oben erlaubte
er ſich aber Widerſpruch, weil er auch dahin auf ſeine
Autorität hielt. Er galt für ſtreng, tyranniſch in
ſeinen Launen, ja Einige nannten ihn barbariſch in
der Strenge gegen den gemeinen Soldaten, und von
brutalem Stolz gegen das Civil. Heut erſchien er
milder. War es der Anblick der wohlgeordneten
Kriegerſchaaren, war es die Aſſurance, mit dieſem
Heer zu ſiegen, oder der Ernſt, welcher ſich der Seele
jedes denkenden Kriegers vor einer Schlacht bemeiſtert.

„Weiß vielleicht Einer von den Herren, unter¬
brach er das Schweigen, was aus dem Obriſtwacht¬
meiſter von Eiſenhauch geworden. Nach Oeſtreich
kam er voriges Jahr zu ſpät, die Campagne war
vorüber. Demnächſt ſchrieb man, daß er aus Alte¬
ration gefährlich erkrankt ſei. Es ſollte mich doch
wundern, ob er ſich nicht wieder bei uns einfindet,
wenn es Ernſt wird.“

Auf die Frage wußte Niemand Beſcheid; ſie
wußten eben ſo wenig, ob der General etwas zum Lobe
oder zum Tadel des genannten Officiers hören wollte.
Sie ſchwiegen.

„Meine Herren, es iſt ein Genieofficier von
admirabeln Kenntniſſen, hat auch manche vortreffliche
Conceptionen. Ich geſtehe Ihnen, einige waren wirk¬
lich acceptabel, und es that mir leid, als er den
Abſchied nahm. Verdachte es ihm freilich nicht. Wollte
nicht bloß Rath geben, drauf los, in's Feuer; cheva¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0245" n="235"/>
        <p>Der General hielt auf &#x017F;eine Autorität und dul¬<lb/>
dete keinen Wider&#x017F;pruch von unten; nach oben erlaubte<lb/>
er &#x017F;ich aber Wider&#x017F;pruch, weil er auch dahin auf &#x017F;eine<lb/>
Autorität hielt. Er galt für &#x017F;treng, tyranni&#x017F;ch in<lb/>
&#x017F;einen Launen, ja Einige nannten ihn barbari&#x017F;ch in<lb/>
der Strenge gegen den gemeinen Soldaten, und von<lb/>
brutalem Stolz gegen das Civil. Heut er&#x017F;chien er<lb/>
milder. War es der Anblick der wohlgeordneten<lb/>
Krieger&#x017F;chaaren, war es die A&#x017F;&#x017F;urance, mit die&#x017F;em<lb/>
Heer zu &#x017F;iegen, oder der Ern&#x017F;t, welcher &#x017F;ich der Seele<lb/>
jedes denkenden Kriegers vor einer Schlacht bemei&#x017F;tert.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Weiß vielleicht Einer von den Herren, unter¬<lb/>
brach er das Schweigen, was aus dem Obri&#x017F;twacht¬<lb/>
mei&#x017F;ter von Ei&#x017F;enhauch geworden. Nach Oe&#x017F;treich<lb/>
kam er voriges Jahr zu &#x017F;pät, die Campagne war<lb/>
vorüber. Demnäch&#x017F;t &#x017F;chrieb man, daß er aus Alte¬<lb/>
ration gefährlich erkrankt &#x017F;ei. Es &#x017F;ollte mich doch<lb/>
wundern, ob er &#x017F;ich nicht wieder bei uns einfindet,<lb/>
wenn es Ern&#x017F;t wird.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Auf die Frage wußte Niemand Be&#x017F;cheid; &#x017F;ie<lb/>
wußten eben &#x017F;o wenig, ob der General etwas zum Lobe<lb/>
oder zum Tadel des genannten Officiers hören wollte.<lb/>
Sie &#x017F;chwiegen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Meine Herren, es i&#x017F;t ein Genieofficier von<lb/>
admirabeln Kenntni&#x017F;&#x017F;en, hat auch manche vortreffliche<lb/>
Conceptionen. Ich ge&#x017F;tehe Ihnen, einige waren wirk¬<lb/>
lich acceptabel, und es that mir leid, als er den<lb/>
Ab&#x017F;chied nahm. Verdachte es ihm freilich nicht. Wollte<lb/>
nicht bloß Rath geben, drauf los, in's Feuer; cheva¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0245] Der General hielt auf ſeine Autorität und dul¬ dete keinen Widerſpruch von unten; nach oben erlaubte er ſich aber Widerſpruch, weil er auch dahin auf ſeine Autorität hielt. Er galt für ſtreng, tyranniſch in ſeinen Launen, ja Einige nannten ihn barbariſch in der Strenge gegen den gemeinen Soldaten, und von brutalem Stolz gegen das Civil. Heut erſchien er milder. War es der Anblick der wohlgeordneten Kriegerſchaaren, war es die Aſſurance, mit dieſem Heer zu ſiegen, oder der Ernſt, welcher ſich der Seele jedes denkenden Kriegers vor einer Schlacht bemeiſtert. „Weiß vielleicht Einer von den Herren, unter¬ brach er das Schweigen, was aus dem Obriſtwacht¬ meiſter von Eiſenhauch geworden. Nach Oeſtreich kam er voriges Jahr zu ſpät, die Campagne war vorüber. Demnächſt ſchrieb man, daß er aus Alte¬ ration gefährlich erkrankt ſei. Es ſollte mich doch wundern, ob er ſich nicht wieder bei uns einfindet, wenn es Ernſt wird.“ Auf die Frage wußte Niemand Beſcheid; ſie wußten eben ſo wenig, ob der General etwas zum Lobe oder zum Tadel des genannten Officiers hören wollte. Sie ſchwiegen. „Meine Herren, es iſt ein Genieofficier von admirabeln Kenntniſſen, hat auch manche vortreffliche Conceptionen. Ich geſtehe Ihnen, einige waren wirk¬ lich acceptabel, und es that mir leid, als er den Abſchied nahm. Verdachte es ihm freilich nicht. Wollte nicht bloß Rath geben, drauf los, in's Feuer; cheva¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/245
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/245>, abgerufen am 17.05.2024.