"Die zu einander gehörten, müßten sich ihr Le¬ ben lang suchen, und wenn sie sich gefunden haben, wäre es nur, um von einander Abschied zu nehmen. Da geht Mamsell Alltag mit ihrem Vater in den Salon. Das ist doch ein kreuzbraves, schönes und gescheites Mädchen. Was hat die ausstehen und sich versuchen müssen, darüber ist doch, nun alle Welt im Klaren, und nun's ihr endlich gut geht, und die schlechten Zungen schweigen müssen, und die Königin sich ihrer angenommen hat, und sie den nun endlich heirathen soll, den sie von ganzem Herzen lieb hat, da -- da muß er den Tag vor der Hochzeit sporn¬ streichs auf und davon."
"Nur auf einer dringenden Mission vom Könige. Er wird wiederkommen."
"Wenn sie ihn nun als Spion hängen!"
Der Obristwachtmeister sah sie noch verwunderter an. Welche Lichter zückten plötzlich durch diese Seele!
"Alles kommt anders, als wir's uns gedacht, fuhr die Baronin fort, und es ist überall so. Die arme, unglückliche, schreckliche Geheimräthin! Ich mag's noch immer nicht glauben, daß sie so schlimm ist, aber wenn sie ihn liebte und heirathen wollte, und es darum gethan hat, nun ist sie auch auf immer von ihm getrennt --"
"Wem?'
"Dem Legationsrath. A propos, der ist Ihr aufrichtiger Freund, Dohleneck, Sie mögen es nun glauben oder nicht. Ein Freund in der Noth ist er,
„Die zu einander gehörten, müßten ſich ihr Le¬ ben lang ſuchen, und wenn ſie ſich gefunden haben, wäre es nur, um von einander Abſchied zu nehmen. Da geht Mamſell Alltag mit ihrem Vater in den Salon. Das iſt doch ein kreuzbraves, ſchönes und geſcheites Mädchen. Was hat die ausſtehen und ſich verſuchen müſſen, darüber iſt doch, nun alle Welt im Klaren, und nun's ihr endlich gut geht, und die ſchlechten Zungen ſchweigen müſſen, und die Königin ſich ihrer angenommen hat, und ſie den nun endlich heirathen ſoll, den ſie von ganzem Herzen lieb hat, da — da muß er den Tag vor der Hochzeit ſporn¬ ſtreichs auf und davon.“
„Nur auf einer dringenden Miſſion vom Könige. Er wird wiederkommen.“
„Wenn ſie ihn nun als Spion hängen!“
Der Obriſtwachtmeiſter ſah ſie noch verwunderter an. Welche Lichter zückten plötzlich durch dieſe Seele!
„Alles kommt anders, als wir's uns gedacht, fuhr die Baronin fort, und es iſt überall ſo. Die arme, unglückliche, ſchreckliche Geheimräthin! Ich mag's noch immer nicht glauben, daß ſie ſo ſchlimm iſt, aber wenn ſie ihn liebte und heirathen wollte, und es darum gethan hat, nun iſt ſie auch auf immer von ihm getrennt —“
„Wem?‘
„Dem Legationsrath. A propos, der iſt Ihr aufrichtiger Freund, Dohleneck, Sie mögen es nun glauben oder nicht. Ein Freund in der Noth iſt er,
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„Die zu einander gehörten, müßten ſich ihr Le¬
ben lang ſuchen, und wenn ſie ſich gefunden haben,
wäre es nur, um von einander Abſchied zu nehmen.
Da geht Mamſell Alltag mit ihrem Vater in den
Salon. Das iſt doch ein kreuzbraves, ſchönes und
geſcheites Mädchen. Was hat die ausſtehen und ſich
verſuchen müſſen, darüber iſt doch, nun alle Welt im
Klaren, und nun's ihr endlich gut geht, und die
ſchlechten Zungen ſchweigen müſſen, und die Königin
ſich ihrer angenommen hat, und ſie den nun endlich
heirathen ſoll, den ſie von ganzem Herzen lieb hat,
da — da muß er den Tag vor der Hochzeit ſporn¬
ſtreichs auf und davon.“
„Nur auf einer dringenden Miſſion vom Könige.
Er wird wiederkommen.“
„Wenn ſie ihn nun als Spion hängen!“
Der Obriſtwachtmeiſter ſah ſie noch verwunderter
an. Welche Lichter zückten plötzlich durch dieſe Seele!
„Alles kommt anders, als wir's uns gedacht,
fuhr die Baronin fort, und es iſt überall ſo. Die
arme, unglückliche, ſchreckliche Geheimräthin! Ich
mag's noch immer nicht glauben, daß ſie ſo ſchlimm
iſt, aber wenn ſie ihn liebte und heirathen wollte,
und es darum gethan hat, nun iſt ſie auch auf
immer von ihm getrennt —“
„Wem?‘
„Dem Legationsrath. A propos, der iſt Ihr
aufrichtiger Freund, Dohleneck, Sie mögen es nun
glauben oder nicht. Ein Freund in der Noth iſt er,
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/254>, abgerufen am 24.11.2024.
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