Er schüttelte den Kopf: "Du warst ein ausge¬ zeichnetes Kind, und für die hat die Vorsehung wohl besondere Gesetze. Sie führt sie Wege, die uns nicht gut dünken, aber sie leiten zum Ziel, das wir nur nicht sehen. So ist's mit Dir gekommen, und so wird es noch weiter kommen. Es wird Vieles besser werden, als wir denken -- und -- wir wer¬ den uns wiedersehen und froher als heut --"
Da brachen die Kleinen in Thränen aus, jede wollte zuletzt die liebe, schöne Schwester an's Herz gedrückt haben. Dem Alten ward zu weh um's Herz. Er konnte die Tochter nicht an den Wagen führen; er drückte ihr nur die Hand mit abgewandtem Ge¬ sicht und warf sich auf einen Stuhl. Die Mutter auch, nachdem sie ihr den mütterlichen Segen gege¬ ben. Aber es fiel ihr noch etwas ein, als Adelheid die Glasthür schon geöffnet:
"Und das mußt Du mir heilig versprechen, Adelheidchen, daß Du immer wollene Strümpfe trägst. Die Octobernächte werden schon so kalt. Die Köni¬ gin ist so gut, die pure Menschenfreundlichkeit! Sie wird schon ein Auge zudrücken."
Adelheid hatte Alles versprochen, sie mußte aber immer wieder dasselbe und Neues versprechen: gleich zu schreiben, wenn ihr was passirt, kein unreifes Obst zu essen, was jetzt so viele Leute krank mache, nie zu nahe zu gehen, wo sie schießen.
Endlich mußte doch die Glasthür geschlossen wer¬ den, von der Zugluft schmolzen schon die Talglichte.
Er ſchüttelte den Kopf: „Du warſt ein ausge¬ zeichnetes Kind, und für die hat die Vorſehung wohl beſondere Geſetze. Sie führt ſie Wege, die uns nicht gut dünken, aber ſie leiten zum Ziel, das wir nur nicht ſehen. So iſt's mit Dir gekommen, und ſo wird es noch weiter kommen. Es wird Vieles beſſer werden, als wir denken — und — wir wer¬ den uns wiederſehen und froher als heut —“
Da brachen die Kleinen in Thränen aus, jede wollte zuletzt die liebe, ſchöne Schweſter an's Herz gedrückt haben. Dem Alten ward zu weh um's Herz. Er konnte die Tochter nicht an den Wagen führen; er drückte ihr nur die Hand mit abgewandtem Ge¬ ſicht und warf ſich auf einen Stuhl. Die Mutter auch, nachdem ſie ihr den mütterlichen Segen gege¬ ben. Aber es fiel ihr noch etwas ein, als Adelheid die Glasthür ſchon geöffnet:
„Und das mußt Du mir heilig verſprechen, Adelheidchen, daß Du immer wollene Strümpfe trägſt. Die Octobernächte werden ſchon ſo kalt. Die Köni¬ gin iſt ſo gut, die pure Menſchenfreundlichkeit! Sie wird ſchon ein Auge zudrücken.“
Adelheid hatte Alles verſprochen, ſie mußte aber immer wieder daſſelbe und Neues verſprechen: gleich zu ſchreiben, wenn ihr was paſſirt, kein unreifes Obſt zu eſſen, was jetzt ſo viele Leute krank mache, nie zu nahe zu gehen, wo ſie ſchießen.
Endlich mußte doch die Glasthür geſchloſſen wer¬ den, von der Zugluft ſchmolzen ſchon die Talglichte.
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Er ſchüttelte den Kopf: „Du warſt ein ausge¬
zeichnetes Kind, und für die hat die Vorſehung wohl
beſondere Geſetze. Sie führt ſie Wege, die uns nicht
gut dünken, aber ſie leiten zum Ziel, das wir nur
nicht ſehen. So iſt's mit Dir gekommen, und ſo
wird es noch weiter kommen. Es wird Vieles
beſſer werden, als wir denken — und — wir wer¬
den uns wiederſehen und froher als heut —“
Da brachen die Kleinen in Thränen aus, jede
wollte zuletzt die liebe, ſchöne Schweſter an's Herz
gedrückt haben. Dem Alten ward zu weh um's Herz.
Er konnte die Tochter nicht an den Wagen führen;
er drückte ihr nur die Hand mit abgewandtem Ge¬
ſicht und warf ſich auf einen Stuhl. Die Mutter
auch, nachdem ſie ihr den mütterlichen Segen gege¬
ben. Aber es fiel ihr noch etwas ein, als Adelheid
die Glasthür ſchon geöffnet:
„Und das mußt Du mir heilig verſprechen,
Adelheidchen, daß Du immer wollene Strümpfe trägſt.
Die Octobernächte werden ſchon ſo kalt. Die Köni¬
gin iſt ſo gut, die pure Menſchenfreundlichkeit! Sie
wird ſchon ein Auge zudrücken.“
Adelheid hatte Alles verſprochen, ſie mußte aber
immer wieder daſſelbe und Neues verſprechen: gleich
zu ſchreiben, wenn ihr was paſſirt, kein unreifes
Obſt zu eſſen, was jetzt ſo viele Leute krank mache,
nie zu nahe zu gehen, wo ſie ſchießen.
Endlich mußte doch die Glasthür geſchloſſen wer¬
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/270>, abgerufen am 24.11.2024.
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