"Der Sohn eines Mannes von Einfluß, der lange die französische Partei an Ihrem Hofe gehalten, viel¬ leicht noch jetzt. Das hat die Gemüther sanft gestimmt, Gott weiß, welche Conjecturen die Herren daran knüp¬ fen, genug -- ich glaube, es käme nur auf Sie an --"
"Ich sterbe in der großen Tragödie, in der mein Vaterland untergeht."
Die Augen des Verwundeten stierten mit einem Fieberglanze auf die Wachtfeuer im Thale, deren Flammen jetzt sichtlich niederbrannten. Der Officier sah ihn verwundert an:
"Wir werden siegen, denn ich glaube fest an Napoleons Stern. Aber Sie, ein Preuße! Der kleine Sieg bei Saalfeld --"
"Ward zum entscheidenden, da Ihre Feldherren ihn benutzten, die Saale in reißender Schnelligkeit zu occupiren. Sie haben das preußische Heer um¬ flügelt, von den Marken und Sachsen, woher es seine Lebenssäfte erhält, abgeschnitten, Sie haben die Hö¬ hen des Flusses, die Uebergangspunkte besetzt, Sie greifen es im Rücken an, und drängen es mit Ihrer Uebermacht in die Positionen, wo Sie Herren sind. Und hier vor meinen Augen sah ich die Nacht, das Lager von Hochkirchen wieder, sogar der verhängnißvolle Jahrestag ist's der Schlacht! Dort die weit zerstreu¬ ten Feuer der sorglos Gelagerten, ohne Schanzen, Verhau, natürliche Grenzen; hier zusammengekeilt auf der Höhe, welche das Plateau beherrscht, eine
„Da weiß man ſehr viel!“
„Der Sohn eines Mannes von Einfluß, der lange die franzöſiſche Partei an Ihrem Hofe gehalten, viel¬ leicht noch jetzt. Das hat die Gemüther ſanft geſtimmt, Gott weiß, welche Conjecturen die Herren daran knüp¬ fen, genug — ich glaube, es käme nur auf Sie an —“
„Ich ſterbe in der großen Tragödie, in der mein Vaterland untergeht.“
Die Augen des Verwundeten ſtierten mit einem Fieberglanze auf die Wachtfeuer im Thale, deren Flammen jetzt ſichtlich niederbrannten. Der Officier ſah ihn verwundert an:
„Wir werden ſiegen, denn ich glaube feſt an Napoleons Stern. Aber Sie, ein Preuße! Der kleine Sieg bei Saalfeld —“
„Ward zum entſcheidenden, da Ihre Feldherren ihn benutzten, die Saale in reißender Schnelligkeit zu occupiren. Sie haben das preußiſche Heer um¬ flügelt, von den Marken und Sachſen, woher es ſeine Lebensſäfte erhält, abgeſchnitten, Sie haben die Hö¬ hen des Fluſſes, die Uebergangspunkte beſetzt, Sie greifen es im Rücken an, und drängen es mit Ihrer Uebermacht in die Poſitionen, wo Sie Herren ſind. Und hier vor meinen Augen ſah ich die Nacht, das Lager von Hochkirchen wieder, ſogar der verhängnißvolle Jahrestag iſt's der Schlacht! Dort die weit zerſtreu¬ ten Feuer der ſorglos Gelagerten, ohne Schanzen, Verhau, natürliche Grenzen; hier zuſammengekeilt auf der Höhe, welche das Plateau beherrſcht, eine
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„Da weiß man ſehr viel!“
„Der Sohn eines Mannes von Einfluß, der lange
die franzöſiſche Partei an Ihrem Hofe gehalten, viel¬
leicht noch jetzt. Das hat die Gemüther ſanft geſtimmt,
Gott weiß, welche Conjecturen die Herren daran knüp¬
fen, genug — ich glaube, es käme nur auf Sie an —“
„Ich ſterbe in der großen Tragödie, in der mein
Vaterland untergeht.“
Die Augen des Verwundeten ſtierten mit einem
Fieberglanze auf die Wachtfeuer im Thale, deren
Flammen jetzt ſichtlich niederbrannten. Der Officier
ſah ihn verwundert an:
„Wir werden ſiegen, denn ich glaube feſt an
Napoleons Stern. Aber Sie, ein Preuße! Der
kleine Sieg bei Saalfeld —“
„Ward zum entſcheidenden, da Ihre Feldherren
ihn benutzten, die Saale in reißender Schnelligkeit
zu occupiren. Sie haben das preußiſche Heer um¬
flügelt, von den Marken und Sachſen, woher es ſeine
Lebensſäfte erhält, abgeſchnitten, Sie haben die Hö¬
hen des Fluſſes, die Uebergangspunkte beſetzt, Sie
greifen es im Rücken an, und drängen es mit Ihrer
Uebermacht in die Poſitionen, wo Sie Herren ſind.
Und hier vor meinen Augen ſah ich die Nacht, das
Lager von Hochkirchen wieder, ſogar der verhängnißvolle
Jahrestag iſt's der Schlacht! Dort die weit zerſtreu¬
ten Feuer der ſorglos Gelagerten, ohne Schanzen,
Verhau, natürliche Grenzen; hier zuſammengekeilt
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/292>, abgerufen am 23.11.2024.
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