einmal vom Fatum destinirt, in unsre Netze zu flat¬ tern. Hier lernte ich Klügere, Kältere kennen, die auch denken, sogar berechnen konnten. Das war Euch unmöglich. Und doch weiß ich nicht, ob Ihr nicht die Glücklicheren seid. Ihr nipptet und dann schlürftet Ihr die Wonne des Lebens in vollen Zü¬ gen. Dann -- mit einem Mal -- war es aus! Aber jetzt -- jetzt -- mach' mir das Leben nicht schwer. Du könntest hier an der Wand in einem unbedachten Augenblick plaudern. Dort im Kasten bist Du nicht gefährlich, Du bist ein Präparat, eine anatomische Studie. Ruhe da sanft, und was wür¬ dest Du sagen, Liebchen, wenn ich Dir über Jahr und Tag eine Gesellschafterin zulegte? Schön und groß wie Du, aber etwas dumm. Was thut das? Sie wird Dich nicht langweilen. Sie ist stumm wie Du. Und wenn Ihr Beide dann friedlich neben ein¬ ander ruht, sieh, den Trost gebe ich Dir, bei Dir wird mein Sinnen bleiben, wir werden nach wie ko¬ sen, bei Dir werde ich mir Rathes erholen, Du wirst mich verstehen. Die Andre ist eine Gliederpuppe, jetzt gelenkig, dann wie Du, aber Deine Folie. Adieu, mein Herz!"
Und wer behauptet, daß seines nicht doch schlug, daß der kalte, gräßliche Hohn auf seinen Lippen nicht nur der Mantel war, der die Natterstiche, das con¬ vulsivische Aechzen, die Qualen, die keinen Namen haben, bedecken sollte? Nicht täglich, wie er der Lu¬ pinus log, drückte er das Gerippe an seine Brust.
einmal vom Fatum deſtinirt, in unſre Netze zu flat¬ tern. Hier lernte ich Klügere, Kältere kennen, die auch denken, ſogar berechnen konnten. Das war Euch unmöglich. Und doch weiß ich nicht, ob Ihr nicht die Glücklicheren ſeid. Ihr nipptet und dann ſchlürftet Ihr die Wonne des Lebens in vollen Zü¬ gen. Dann — mit einem Mal — war es aus! Aber jetzt — jetzt — mach' mir das Leben nicht ſchwer. Du könnteſt hier an der Wand in einem unbedachten Augenblick plaudern. Dort im Kaſten biſt Du nicht gefährlich, Du biſt ein Präparat, eine anatomiſche Studie. Ruhe da ſanft, und was wür¬ deſt Du ſagen, Liebchen, wenn ich Dir über Jahr und Tag eine Geſellſchafterin zulegte? Schön und groß wie Du, aber etwas dumm. Was thut das? Sie wird Dich nicht langweilen. Sie iſt ſtumm wie Du. Und wenn Ihr Beide dann friedlich neben ein¬ ander ruht, ſieh, den Troſt gebe ich Dir, bei Dir wird mein Sinnen bleiben, wir werden nach wie ko¬ ſen, bei Dir werde ich mir Rathes erholen, Du wirſt mich verſtehen. Die Andre iſt eine Gliederpuppe, jetzt gelenkig, dann wie Du, aber Deine Folie. Adieu, mein Herz!“
Und wer behauptet, daß ſeines nicht doch ſchlug, daß der kalte, gräßliche Hohn auf ſeinen Lippen nicht nur der Mantel war, der die Natterſtiche, das con¬ vulſiviſche Aechzen, die Qualen, die keinen Namen haben, bedecken ſollte? Nicht täglich, wie er der Lu¬ pinus log, drückte er das Gerippe an ſeine Bruſt.
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einmal vom Fatum deſtinirt, in unſre Netze zu flat¬
tern. Hier lernte ich Klügere, Kältere kennen, die
auch denken, ſogar berechnen konnten. Das war
Euch unmöglich. Und doch weiß ich nicht, ob Ihr
nicht die Glücklicheren ſeid. Ihr nipptet und dann
ſchlürftet Ihr die Wonne des Lebens in vollen Zü¬
gen. Dann — mit einem Mal — war es aus!
Aber jetzt — jetzt — mach' mir das Leben nicht
ſchwer. Du könnteſt hier an der Wand in einem
unbedachten Augenblick plaudern. Dort im Kaſten
biſt Du nicht gefährlich, Du biſt ein Präparat, eine
anatomiſche Studie. Ruhe da ſanft, und was wür¬
deſt Du ſagen, Liebchen, wenn ich Dir über Jahr
und Tag eine Geſellſchafterin zulegte? Schön und
groß wie Du, aber etwas dumm. Was thut das?
Sie wird Dich nicht langweilen. Sie iſt ſtumm wie
Du. Und wenn Ihr Beide dann friedlich neben ein¬
ander ruht, ſieh, den Troſt gebe ich Dir, bei Dir wird
mein Sinnen bleiben, wir werden nach wie ko¬
ſen, bei Dir werde ich mir Rathes erholen, Du wirſt
mich verſtehen. Die Andre iſt eine Gliederpuppe,
jetzt gelenkig, dann wie Du, aber Deine Folie.
Adieu, mein Herz!“
Und wer behauptet, daß ſeines nicht doch ſchlug,
daß der kalte, gräßliche Hohn auf ſeinen Lippen nicht
nur der Mantel war, der die Natterſtiche, das con¬
vulſiviſche Aechzen, die Qualen, die keinen Namen
haben, bedecken ſollte? Nicht täglich, wie er der Lu¬
pinus log, drückte er das Gerippe an ſeine Bruſt.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/337>, abgerufen am 21.11.2024.
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