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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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Sie, daß ich die interessantesten Studien vorhabe.
Wir stimmen darin, wenn Sie in Verbrecherwelt
nur einen andern Abklatsch der höhern Stände er¬
blicken. So zergliedere, arrangire ich sie mir; ich
finde die Erklärung für Vieles, was oben im Licht
geschieht, in meinem Schattenreich. Ich dringe in
manchen intricaten Dingen bis in die Familien, auch
in recht angesehene, und finde immer den Abdruck
desselben Stempels. Die Zerlassenheit, das laxe We¬
sen, die Maximen, Principien dringen von oben nach
unten durch wie eine ätzende Säure. Hier verschenkt
man freilich nicht Staatsgüter, die Hunderttausende
werth sind, zur Erinnerung für gute Compagnieschaft
bei einer Orgie, noch schwarze Adlerorden an Roues
für eine Galanterie, man giebt am Sterbebette eines
Monarchen keinen Judaskuß seiner Maitresse um
eine letzte Gnadenbezeugung und um sie desto sicherer
zu machen, damit, wenn er die Augen geschlossen,
man sie auf die Wache schickt. Noch trifft man auf
vornehme Damen, die, wenn die Sünde sie verläßt, doch
von der Sünde nicht lassen können, und unbescholtene
Töchter guter Familien in ihre Zauberkreise verlocken,
nicht aus Eigennutz, rein aus Vergnügen, und noch we¬
niger verstehen meine Schelme, Betrüger, Galgenvögel,
darüber den Schleier von Philosophie und Humani¬
tät zu breiten, aber -- Sie werden vielleicht nächstens
Dinge sehen, die Sie nicht erwarten, und die Gesellschaft
wird die Augen aufreißen. Leben Sie wohl -- Excel¬
lenz verkehrt mir zu lange mit Herrn von Bovillard."

Sie, daß ich die intereſſanteſten Studien vorhabe.
Wir ſtimmen darin, wenn Sie in Verbrecherwelt
nur einen andern Abklatſch der höhern Stände er¬
blicken. So zergliedere, arrangire ich ſie mir; ich
finde die Erklärung für Vieles, was oben im Licht
geſchieht, in meinem Schattenreich. Ich dringe in
manchen intricaten Dingen bis in die Familien, auch
in recht angeſehene, und finde immer den Abdruck
deſſelben Stempels. Die Zerlaſſenheit, das laxe We¬
ſen, die Maximen, Principien dringen von oben nach
unten durch wie eine ätzende Säure. Hier verſchenkt
man freilich nicht Staatsgüter, die Hunderttauſende
werth ſind, zur Erinnerung für gute Compagnieſchaft
bei einer Orgie, noch ſchwarze Adlerorden an Roués
für eine Galanterie, man giebt am Sterbebette eines
Monarchen keinen Judaskuß ſeiner Maitreſſe um
eine letzte Gnadenbezeugung und um ſie deſto ſicherer
zu machen, damit, wenn er die Augen geſchloſſen,
man ſie auf die Wache ſchickt. Noch trifft man auf
vornehme Damen, die, wenn die Sünde ſie verläßt, doch
von der Sünde nicht laſſen können, und unbeſcholtene
Töchter guter Familien in ihre Zauberkreiſe verlocken,
nicht aus Eigennutz, rein aus Vergnügen, und noch we¬
niger verſtehen meine Schelme, Betrüger, Galgenvögel,
darüber den Schleier von Philoſophie und Humani¬
tät zu breiten, aber — Sie werden vielleicht nächſtens
Dinge ſehen, die Sie nicht erwarten, und die Geſellſchaft
wird die Augen aufreißen. Leben Sie wohl — Excel¬
lenz verkehrt mir zu lange mit Herrn von Bovillard.“

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[24/0034] Sie, daß ich die intereſſanteſten Studien vorhabe. Wir ſtimmen darin, wenn Sie in Verbrecherwelt nur einen andern Abklatſch der höhern Stände er¬ blicken. So zergliedere, arrangire ich ſie mir; ich finde die Erklärung für Vieles, was oben im Licht geſchieht, in meinem Schattenreich. Ich dringe in manchen intricaten Dingen bis in die Familien, auch in recht angeſehene, und finde immer den Abdruck deſſelben Stempels. Die Zerlaſſenheit, das laxe We¬ ſen, die Maximen, Principien dringen von oben nach unten durch wie eine ätzende Säure. Hier verſchenkt man freilich nicht Staatsgüter, die Hunderttauſende werth ſind, zur Erinnerung für gute Compagnieſchaft bei einer Orgie, noch ſchwarze Adlerorden an Roués für eine Galanterie, man giebt am Sterbebette eines Monarchen keinen Judaskuß ſeiner Maitreſſe um eine letzte Gnadenbezeugung und um ſie deſto ſicherer zu machen, damit, wenn er die Augen geſchloſſen, man ſie auf die Wache ſchickt. Noch trifft man auf vornehme Damen, die, wenn die Sünde ſie verläßt, doch von der Sünde nicht laſſen können, und unbeſcholtene Töchter guter Familien in ihre Zauberkreiſe verlocken, nicht aus Eigennutz, rein aus Vergnügen, und noch we¬ niger verſtehen meine Schelme, Betrüger, Galgenvögel, darüber den Schleier von Philoſophie und Humani¬ tät zu breiten, aber — Sie werden vielleicht nächſtens Dinge ſehen, die Sie nicht erwarten, und die Geſellſchaft wird die Augen aufreißen. Leben Sie wohl — Excel¬ lenz verkehrt mir zu lange mit Herrn von Bovillard.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/34>, abgerufen am 21.11.2024.