Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

starrer Anhänger des Alten, der gute Eitelbach, aber
bei einer Flasche Burgunder hoffe ich es ihm ein¬
leuchtend zu machen, denn er ist doch auch ein guter
Patriot --"

"Was?"

"Daß wir unpatriotisch, unverantwortlich han¬
deln, wenn wir nach wie vor unser Tuch mit Indigo
färben. Wozu den Engländern den Gewinnst gön¬
nen, wenn wir das Blau im Lande haben?"

"Wollen Sie die Uniformen in Berliner Blau
tauchen?"

"Kein Scherz. Die Mark producirt seit alter
Zeit einen Färbestoff in ihrer Waidpflanze, welcher
bis zur Entdeckung der Schifffahrt nach Ostindien
nicht nur für das Bedürfniß ausreichte, sondern für
Brandenburg zum ergiebigsten Handelsartikel ward.
Da verließ man die Production, natürlich, weil der
Indigo wohlfeiler, besser präparirt war. Jetzt, durch
die Kriegsverhältnisse, ist er nicht mehr wohlfeil,
durch Sperrung der Schifffahrt kann er uns sogar
ganz abgeschnitten werden, es ist also Aufgabe der
Industrie, ein Surrogat zu finden, welches in die¬
sem Falle schon vor uns liegt. Warum in der
Fremde suchen, was wir zu Hause haben! Es kommt
nur auf die Präparation an, und ich hoffe, den
Baron heut beim Frühstück zu überzeugen, daß
die, welche ich versucht, dem Zweck entspricht. Ja,
damals war Waid nichts gegen Indigo, aber ist die
Chemie nicht fortgeschritten? Ich wage zu behaup¬

ſtarrer Anhänger des Alten, der gute Eitelbach, aber
bei einer Flaſche Burgunder hoffe ich es ihm ein¬
leuchtend zu machen, denn er iſt doch auch ein guter
Patriot —“

„Was?“

„Daß wir unpatriotiſch, unverantwortlich han¬
deln, wenn wir nach wie vor unſer Tuch mit Indigo
färben. Wozu den Engländern den Gewinnſt gön¬
nen, wenn wir das Blau im Lande haben?“

„Wollen Sie die Uniformen in Berliner Blau
tauchen?“

„Kein Scherz. Die Mark producirt ſeit alter
Zeit einen Färbeſtoff in ihrer Waidpflanze, welcher
bis zur Entdeckung der Schifffahrt nach Oſtindien
nicht nur für das Bedürfniß ausreichte, ſondern für
Brandenburg zum ergiebigſten Handelsartikel ward.
Da verließ man die Production, natürlich, weil der
Indigo wohlfeiler, beſſer präparirt war. Jetzt, durch
die Kriegsverhältniſſe, iſt er nicht mehr wohlfeil,
durch Sperrung der Schifffahrt kann er uns ſogar
ganz abgeſchnitten werden, es iſt alſo Aufgabe der
Induſtrie, ein Surrogat zu finden, welches in die¬
ſem Falle ſchon vor uns liegt. Warum in der
Fremde ſuchen, was wir zu Hauſe haben! Es kommt
nur auf die Präparation an, und ich hoffe, den
Baron heut beim Frühſtück zu überzeugen, daß
die, welche ich verſucht, dem Zweck entſpricht. Ja,
damals war Waid nichts gegen Indigo, aber iſt die
Chemie nicht fortgeſchritten? Ich wage zu behaup¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0343" n="333"/>
&#x017F;tarrer Anhänger des Alten, der gute Eitelbach, aber<lb/>
bei einer Fla&#x017F;che Burgunder hoffe ich es ihm ein¬<lb/>
leuchtend zu machen, denn er i&#x017F;t doch auch ein guter<lb/>
Patriot &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Daß wir unpatrioti&#x017F;ch, unverantwortlich han¬<lb/>
deln, wenn wir nach wie vor un&#x017F;er Tuch mit Indigo<lb/>
färben. Wozu den Engländern den Gewinn&#x017F;t gön¬<lb/>
nen, wenn wir das Blau im Lande haben?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wollen Sie die Uniformen in Berliner Blau<lb/>
tauchen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Kein Scherz. Die Mark producirt &#x017F;eit alter<lb/>
Zeit einen Färbe&#x017F;toff in ihrer Waidpflanze, welcher<lb/>
bis zur Entdeckung der Schifffahrt nach O&#x017F;tindien<lb/>
nicht nur für das Bedürfniß ausreichte, &#x017F;ondern für<lb/>
Brandenburg zum ergiebig&#x017F;ten Handelsartikel ward.<lb/>
Da verließ man die Production, natürlich, weil der<lb/>
Indigo wohlfeiler, be&#x017F;&#x017F;er präparirt war. Jetzt, durch<lb/>
die Kriegsverhältni&#x017F;&#x017F;e, i&#x017F;t er nicht mehr wohlfeil,<lb/>
durch Sperrung der Schifffahrt kann er uns &#x017F;ogar<lb/>
ganz abge&#x017F;chnitten werden, es i&#x017F;t al&#x017F;o Aufgabe der<lb/>
Indu&#x017F;trie, ein Surrogat zu finden, welches in die¬<lb/>
&#x017F;em Falle &#x017F;chon vor uns liegt. Warum in der<lb/>
Fremde &#x017F;uchen, was wir zu Hau&#x017F;e haben! Es kommt<lb/>
nur auf die Präparation an, und ich hoffe, den<lb/>
Baron heut beim Früh&#x017F;tück zu überzeugen, daß<lb/>
die, welche ich ver&#x017F;ucht, dem Zweck ent&#x017F;pricht. Ja,<lb/>
damals war Waid nichts gegen Indigo, aber i&#x017F;t die<lb/>
Chemie nicht fortge&#x017F;chritten? Ich wage zu behaup¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0343] ſtarrer Anhänger des Alten, der gute Eitelbach, aber bei einer Flaſche Burgunder hoffe ich es ihm ein¬ leuchtend zu machen, denn er iſt doch auch ein guter Patriot —“ „Was?“ „Daß wir unpatriotiſch, unverantwortlich han¬ deln, wenn wir nach wie vor unſer Tuch mit Indigo färben. Wozu den Engländern den Gewinnſt gön¬ nen, wenn wir das Blau im Lande haben?“ „Wollen Sie die Uniformen in Berliner Blau tauchen?“ „Kein Scherz. Die Mark producirt ſeit alter Zeit einen Färbeſtoff in ihrer Waidpflanze, welcher bis zur Entdeckung der Schifffahrt nach Oſtindien nicht nur für das Bedürfniß ausreichte, ſondern für Brandenburg zum ergiebigſten Handelsartikel ward. Da verließ man die Production, natürlich, weil der Indigo wohlfeiler, beſſer präparirt war. Jetzt, durch die Kriegsverhältniſſe, iſt er nicht mehr wohlfeil, durch Sperrung der Schifffahrt kann er uns ſogar ganz abgeſchnitten werden, es iſt alſo Aufgabe der Induſtrie, ein Surrogat zu finden, welches in die¬ ſem Falle ſchon vor uns liegt. Warum in der Fremde ſuchen, was wir zu Hauſe haben! Es kommt nur auf die Präparation an, und ich hoffe, den Baron heut beim Frühſtück zu überzeugen, daß die, welche ich verſucht, dem Zweck entſpricht. Ja, damals war Waid nichts gegen Indigo, aber iſt die Chemie nicht fortgeſchritten? Ich wage zu behaup¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/343
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/343>, abgerufen am 21.11.2024.