Untergang Progressen zur Gesetzlichkeit. Als wäre ich in dem glücklichen England, hat man mir so eben das Verbrechen benannt, um was man Lust hatte, an mir einen Justizmord zu begehen. Ich danke Ihnen aufrichtig, Herr Regierungsrath, für die Berücksich¬ tigung, da ich weiß, daß ich nach der alten Observanz sehr wohl ein halbes, auch Jahre in Ihrem freien Quartier schmachten können, ohne mit einer Sterbens¬ sylbe zu erfahren, was mir die Ehre verschafft."
"Guido Florestan Baron Vansitter, genannt von Wandel!" redete Fuchsius ihn an.
Er irrte, wenn er auf eine Bestürzung des Ge¬ fangenen gerechnet hatte. Nur ein moquanter Zug schwebte um die Lippen desselben, als er erwiderte:
"Ich bedaure die Mühe, die es Ihnen machen wird, meine Identität mit der meines genannten Vetters herzustellen. Die meisten Zeugen sind ge¬ storben; bis Sie die überlebenden auftreiben und nach Berlin schaffen, darüber können Jahre vergehen. Der Untersuchungsrichter hat ein saures Geschäft, mein Herr von Fuchsius, wenn er Inquisiten vor sich hat, welche die Gesetze, die Menschen und ihre In¬ quirenten kennen. Aus persönlicher Freundschaft und Respect vor Ihrem Character würde ich Ihnen rathen, die Untersuchung abzugeben. Sie erscheint Ihrem Ehrgeiz lockend, ich versichere Sie aber, ich ärgre Sie zu Tode."
"Aus Respect vor Ihrer Bildung, und nur darum, habe ich zwei Worte mit Ihnen allein zu reden."
Untergang Progreſſen zur Geſetzlichkeit. Als wäre ich in dem glücklichen England, hat man mir ſo eben das Verbrechen benannt, um was man Luſt hatte, an mir einen Juſtizmord zu begehen. Ich danke Ihnen aufrichtig, Herr Regierungsrath, für die Berückſich¬ tigung, da ich weiß, daß ich nach der alten Obſervanz ſehr wohl ein halbes, auch Jahre in Ihrem freien Quartier ſchmachten können, ohne mit einer Sterbens¬ ſylbe zu erfahren, was mir die Ehre verſchafft.“
„Guido Floreſtan Baron Vanſitter, genannt von Wandel!“ redete Fuchſius ihn an.
Er irrte, wenn er auf eine Beſtürzung des Ge¬ fangenen gerechnet hatte. Nur ein moquanter Zug ſchwebte um die Lippen deſſelben, als er erwiderte:
„Ich bedaure die Mühe, die es Ihnen machen wird, meine Identität mit der meines genannten Vetters herzuſtellen. Die meiſten Zeugen ſind ge¬ ſtorben; bis Sie die überlebenden auftreiben und nach Berlin ſchaffen, darüber können Jahre vergehen. Der Unterſuchungsrichter hat ein ſaures Geſchäft, mein Herr von Fuchſius, wenn er Inquiſiten vor ſich hat, welche die Geſetze, die Menſchen und ihre In¬ quirenten kennen. Aus perſönlicher Freundſchaft und Reſpect vor Ihrem Character würde ich Ihnen rathen, die Unterſuchung abzugeben. Sie erſcheint Ihrem Ehrgeiz lockend, ich verſichere Sie aber, ich ärgre Sie zu Tode.“
„Aus Reſpect vor Ihrer Bildung, und nur darum, habe ich zwei Worte mit Ihnen allein zu reden.“
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Untergang Progreſſen zur Geſetzlichkeit. Als wäre
ich in dem glücklichen England, hat man mir ſo eben
das Verbrechen benannt, um was man Luſt hatte, an
mir einen Juſtizmord zu begehen. Ich danke Ihnen
aufrichtig, Herr Regierungsrath, für die Berückſich¬
tigung, da ich weiß, daß ich nach der alten Obſervanz
ſehr wohl ein halbes, auch Jahre in Ihrem freien
Quartier ſchmachten können, ohne mit einer Sterbens¬
ſylbe zu erfahren, was mir die Ehre verſchafft.“
„Guido Floreſtan Baron Vanſitter, genannt
von Wandel!“ redete Fuchſius ihn an.
Er irrte, wenn er auf eine Beſtürzung des Ge¬
fangenen gerechnet hatte. Nur ein moquanter Zug
ſchwebte um die Lippen deſſelben, als er erwiderte:
„Ich bedaure die Mühe, die es Ihnen machen
wird, meine Identität mit der meines genannten
Vetters herzuſtellen. Die meiſten Zeugen ſind ge¬
ſtorben; bis Sie die überlebenden auftreiben und
nach Berlin ſchaffen, darüber können Jahre vergehen.
Der Unterſuchungsrichter hat ein ſaures Geſchäft,
mein Herr von Fuchſius, wenn er Inquiſiten vor ſich
hat, welche die Geſetze, die Menſchen und ihre In¬
quirenten kennen. Aus perſönlicher Freundſchaft und
Reſpect vor Ihrem Character würde ich Ihnen
rathen, die Unterſuchung abzugeben. Sie erſcheint
Ihrem Ehrgeiz lockend, ich verſichere Sie aber, ich
ärgre Sie zu Tode.“
„Aus Reſpect vor Ihrer Bildung, und nur darum,
habe ich zwei Worte mit Ihnen allein zu reden.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/376>, abgerufen am 24.11.2024.
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