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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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"Allen Respect vor Ihrer Versicherung, aber ich
glaube Ihnen nicht, weil die Pflicht der Selbst¬
erhaltung mir gebietet, Ihnen zu mißtrauen. Allein
Ihnen, was Sie wünschen, aber vorher die Gewi߬
heit, daß hinter der Tapete kein Protokollführer lauert."

Wandel schien sich diese Gewißheit verschafft zu
haben:

"Was steht zu Ihren Diensten?"

"Führen Sie Gift bei sich? Ich meine Mittel,
die es Ihnen ermöglichen, sich der Schande und der
weltlichen Strafe Ihres Richters zu entziehen? Es
ist meine Pflicht, mich davon zu vergewissern."

"Soll ich Ihnen mit Macbeth antworten:

Weshalb sollt' ich den röm'schen Narren spielen,
Sterbend durch's eigne Schwert? So lange Leben
Noch vor mir sind, stehn denen Wunden besser.
So lange ich athme, will ich von dieser süßen Ge¬
wohnheit des Daseins nicht lassen. Besser Kerkerluft
und schimmlichte Brodrinde, als schwimmen ein Atom
im grauen Nebel der wesenlosen Leere. Nein, da
beruhigen Sie sich, Sie sollen mich als Epicuräer
kennen lernen. Ich wollte viel, ich lasse mich aber
auch genügen am Wenigen. Die Welt ist ein Kerker,
warum sollte nicht der Kerker zur Welt werden für
den, der noch Lust am Leben hat! Ich trank Neapels
Sonnenschein, der sich im Golfe badete, aber auch
wenn sie mich in einen Kerker mit Blechkasten wür¬
fen, will ich wie ein Kind mit dem Sonnenstrahl
kosen, der sich durch die trüben Scheiben Mittags zu

„Allen Reſpect vor Ihrer Verſicherung, aber ich
glaube Ihnen nicht, weil die Pflicht der Selbſt¬
erhaltung mir gebietet, Ihnen zu mißtrauen. Allein
Ihnen, was Sie wünſchen, aber vorher die Gewi߬
heit, daß hinter der Tapete kein Protokollführer lauert.“

Wandel ſchien ſich dieſe Gewißheit verſchafft zu
haben:

„Was ſteht zu Ihren Dienſten?“

„Führen Sie Gift bei ſich? Ich meine Mittel,
die es Ihnen ermöglichen, ſich der Schande und der
weltlichen Strafe Ihres Richters zu entziehen? Es
iſt meine Pflicht, mich davon zu vergewiſſern.“

„Soll ich Ihnen mit Macbeth antworten:

Weshalb ſollt' ich den röm'ſchen Narren ſpielen,
Sterbend durch's eigne Schwert? So lange Leben
Noch vor mir ſind, ſtehn denen Wunden beſſer.
So lange ich athme, will ich von dieſer ſüßen Ge¬
wohnheit des Daſeins nicht laſſen. Beſſer Kerkerluft
und ſchimmlichte Brodrinde, als ſchwimmen ein Atom
im grauen Nebel der weſenloſen Leere. Nein, da
beruhigen Sie ſich, Sie ſollen mich als Epicuräer
kennen lernen. Ich wollte viel, ich laſſe mich aber
auch genügen am Wenigen. Die Welt iſt ein Kerker,
warum ſollte nicht der Kerker zur Welt werden für
den, der noch Luſt am Leben hat! Ich trank Neapels
Sonnenſchein, der ſich im Golfe badete, aber auch
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[367/0377] „Allen Reſpect vor Ihrer Verſicherung, aber ich glaube Ihnen nicht, weil die Pflicht der Selbſt¬ erhaltung mir gebietet, Ihnen zu mißtrauen. Allein Ihnen, was Sie wünſchen, aber vorher die Gewi߬ heit, daß hinter der Tapete kein Protokollführer lauert.“ Wandel ſchien ſich dieſe Gewißheit verſchafft zu haben: „Was ſteht zu Ihren Dienſten?“ „Führen Sie Gift bei ſich? Ich meine Mittel, die es Ihnen ermöglichen, ſich der Schande und der weltlichen Strafe Ihres Richters zu entziehen? Es iſt meine Pflicht, mich davon zu vergewiſſern.“ „Soll ich Ihnen mit Macbeth antworten: Weshalb ſollt' ich den röm'ſchen Narren ſpielen, Sterbend durch's eigne Schwert? So lange Leben Noch vor mir ſind, ſtehn denen Wunden beſſer. So lange ich athme, will ich von dieſer ſüßen Ge¬ wohnheit des Daſeins nicht laſſen. Beſſer Kerkerluft und ſchimmlichte Brodrinde, als ſchwimmen ein Atom im grauen Nebel der weſenloſen Leere. Nein, da beruhigen Sie ſich, Sie ſollen mich als Epicuräer kennen lernen. Ich wollte viel, ich laſſe mich aber auch genügen am Wenigen. Die Welt iſt ein Kerker, warum ſollte nicht der Kerker zur Welt werden für den, der noch Luſt am Leben hat! Ich trank Neapels Sonnenſchein, der ſich im Golfe badete, aber auch wenn ſie mich in einen Kerker mit Blechkaſten wür¬ fen, will ich wie ein Kind mit dem Sonnenſtrahl koſen, der ſich durch die trüben Scheiben Mittags zu

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/377>, abgerufen am 24.11.2024.