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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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Fünftes Kapitel.
Zur Königin.

Es war ein seltsames Zusammentreffen. Die
Fürstin Gargazin war heute mit einem Gedanken
aufgestanden, der sie beim Frühstück beschäftigte. Sie
wollte bei der Königin eine Audienz erbitten, um
Adelheid zu präsentiren. Vielleicht die Frucht eines
Traumes; auch unsre Träume sind nur die Früchte
einer Saat, die wir selbst gesäet. Adelheid fing an
sie zu geniren. Weshalb? -- Das Gesetz ihres Zu¬
sammenlebens war ja, daß keine die andere geniren
durfte! Und doch -- zuweilen, wenn ihre Blicke
sich begegneten, schlug die Fürstin die Augen nieder.
Die Augen des Mädchens leuchteten so hell und klug.
Sie erinnerte sich unwillkürlich an das, was Wan¬
del über sie gesagt. Warum blieb er kalt vor dieser
Schönheit? Warum empfand er ein Unbehagen in
ihrer Gegenwart? -- Wandel war ein blasirter Mensch,
aber -- ein Menschenkenner, es war etwas, worin
beide in ihren Gefühlen stimmten. -- Und was sollte
das Mädchen noch in ihrem Hause! -- Kaiser Alexan¬

Fünftes Kapitel.
Zur Königin.

Es war ein ſeltſames Zuſammentreffen. Die
Fürſtin Gargazin war heute mit einem Gedanken
aufgeſtanden, der ſie beim Frühſtück beſchäftigte. Sie
wollte bei der Königin eine Audienz erbitten, um
Adelheid zu präſentiren. Vielleicht die Frucht eines
Traumes; auch unſre Träume ſind nur die Früchte
einer Saat, die wir ſelbſt geſäet. Adelheid fing an
ſie zu geniren. Weshalb? — Das Geſetz ihres Zu¬
ſammenlebens war ja, daß keine die andere geniren
durfte! Und doch — zuweilen, wenn ihre Blicke
ſich begegneten, ſchlug die Fürſtin die Augen nieder.
Die Augen des Mädchens leuchteten ſo hell und klug.
Sie erinnerte ſich unwillkürlich an das, was Wan¬
del über ſie geſagt. Warum blieb er kalt vor dieſer
Schönheit? Warum empfand er ein Unbehagen in
ihrer Gegenwart? — Wandel war ein blaſirter Menſch,
aber — ein Menſchenkenner, es war etwas, worin
beide in ihren Gefühlen ſtimmten. — Und was ſollte
das Mädchen noch in ihrem Hauſe! — Kaiſer Alexan¬

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[[88]/0098] Fünftes Kapitel. Zur Königin. Es war ein ſeltſames Zuſammentreffen. Die Fürſtin Gargazin war heute mit einem Gedanken aufgeſtanden, der ſie beim Frühſtück beſchäftigte. Sie wollte bei der Königin eine Audienz erbitten, um Adelheid zu präſentiren. Vielleicht die Frucht eines Traumes; auch unſre Träume ſind nur die Früchte einer Saat, die wir ſelbſt geſäet. Adelheid fing an ſie zu geniren. Weshalb? — Das Geſetz ihres Zu¬ ſammenlebens war ja, daß keine die andere geniren durfte! Und doch — zuweilen, wenn ihre Blicke ſich begegneten, ſchlug die Fürſtin die Augen nieder. Die Augen des Mädchens leuchteten ſo hell und klug. Sie erinnerte ſich unwillkürlich an das, was Wan¬ del über ſie geſagt. Warum blieb er kalt vor dieſer Schönheit? Warum empfand er ein Unbehagen in ihrer Gegenwart? — Wandel war ein blaſirter Menſch, aber — ein Menſchenkenner, es war etwas, worin beide in ihren Gefühlen ſtimmten. — Und was ſollte das Mädchen noch in ihrem Hauſe! — Kaiſer Alexan¬

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. [88]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/98>, abgerufen am 27.11.2024.