Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

der war fern, er hatte andere Gedanken; wenn er
kam, kam er im Kriegerrock, und dann -- dann!
Die besten Berechnungen schlagen am ehesten fehl. --
Und wenn Krieg ward, was sollte Adelheid in ihrer
Begleitung! -- Aber was sollte sie bei der Königin?
-- Das würde Gott am besten fügen. Die Fürstin
war heut von einem Gottvertrauen, das durch die
Ereignisse bestärkt werden sollte.

Denn während sie noch am Frühstückstisch saß,
war die Hofdame der Königin, Fräulein von Viereck,
vorgefahren und hatte unter andern Dingen von der
Verwunderung der Königin gesprochen, daß Erlaucht
ihre Pflegetochter Ihrer Majestät noch nicht vorge¬
stellt. Die andern Dinge waren bald bei Seite ge¬
schoben, die Viereck war nur darum gekommen. Die
Königin durfte es nicht officiell wünschen, auch war
die Facon schwer zu finden, wie die Fürstin das
junge Bürgermädchen präsentiren solle. Also sollte
ein gelegentliches Zusammentreffen arrangirt werden.
Die Kammerfrau der Königin, Mamsell Schadow,
war eine Bekannte der Alltagschen Familie. Adelheid
konnte die Kammerfrau besuchen, und so wenig dabei
etwas Auffälliges war, konnte es sein, wenn Ihre
Majestät bei der Gelegenheit das junge Mädchen traf.

Die Fürstin war über den Vorschlag um so
mehr erfreut, als sie nicht nöthig hatte Mutterrolle
zu spielen. Sie fürchtete nur Widerstand von dem
capriciösen Kopfe ihres Schützlings, eine Befürch¬
tung, die um so größer ward, als sie hörte, daß Herr

der war fern, er hatte andere Gedanken; wenn er
kam, kam er im Kriegerrock, und dann — dann!
Die beſten Berechnungen ſchlagen am eheſten fehl. —
Und wenn Krieg ward, was ſollte Adelheid in ihrer
Begleitung! — Aber was ſollte ſie bei der Königin?
— Das würde Gott am beſten fügen. Die Fürſtin
war heut von einem Gottvertrauen, das durch die
Ereigniſſe beſtärkt werden ſollte.

Denn während ſie noch am Frühſtückstiſch ſaß,
war die Hofdame der Königin, Fräulein von Viereck,
vorgefahren und hatte unter andern Dingen von der
Verwunderung der Königin geſprochen, daß Erlaucht
ihre Pflegetochter Ihrer Majeſtät noch nicht vorge¬
ſtellt. Die andern Dinge waren bald bei Seite ge¬
ſchoben, die Viereck war nur darum gekommen. Die
Königin durfte es nicht officiell wünſchen, auch war
die Façon ſchwer zu finden, wie die Fürſtin das
junge Bürgermädchen präſentiren ſolle. Alſo ſollte
ein gelegentliches Zuſammentreffen arrangirt werden.
Die Kammerfrau der Königin, Mamſell Schadow,
war eine Bekannte der Alltagſchen Familie. Adelheid
konnte die Kammerfrau beſuchen, und ſo wenig dabei
etwas Auffälliges war, konnte es ſein, wenn Ihre
Majeſtät bei der Gelegenheit das junge Mädchen traf.

Die Fürſtin war über den Vorſchlag um ſo
mehr erfreut, als ſie nicht nöthig hatte Mutterrolle
zu ſpielen. Sie fürchtete nur Widerſtand von dem
capriciöſen Kopfe ihres Schützlings, eine Befürch¬
tung, die um ſo größer ward, als ſie hörte, daß Herr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0099" n="89"/>
der war fern, er hatte andere Gedanken; wenn er<lb/>
kam, kam er im Kriegerrock, und dann &#x2014; dann!<lb/>
Die be&#x017F;ten Berechnungen &#x017F;chlagen am ehe&#x017F;ten fehl. &#x2014;<lb/>
Und wenn Krieg ward, was &#x017F;ollte Adelheid in ihrer<lb/>
Begleitung! &#x2014; Aber was &#x017F;ollte &#x017F;ie bei der Königin?<lb/>
&#x2014; Das würde Gott am be&#x017F;ten fügen. Die Für&#x017F;tin<lb/>
war heut von einem Gottvertrauen, das durch die<lb/>
Ereigni&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;tärkt werden &#x017F;ollte.</p><lb/>
        <p>Denn während &#x017F;ie noch am Früh&#x017F;tücksti&#x017F;ch &#x017F;aß,<lb/>
war die Hofdame der Königin, Fräulein von Viereck,<lb/>
vorgefahren und hatte unter andern Dingen von der<lb/>
Verwunderung der Königin ge&#x017F;prochen, daß Erlaucht<lb/>
ihre Pflegetochter Ihrer Maje&#x017F;tät noch nicht vorge¬<lb/>
&#x017F;tellt. Die andern Dinge waren bald bei Seite ge¬<lb/>
&#x017F;choben, die Viereck war nur darum gekommen. Die<lb/>
Königin durfte es nicht officiell wün&#x017F;chen, auch war<lb/>
die Fa<hi rendition="#aq">ç</hi>on &#x017F;chwer zu finden, wie die Für&#x017F;tin das<lb/>
junge Bürgermädchen prä&#x017F;entiren &#x017F;olle. Al&#x017F;o &#x017F;ollte<lb/>
ein gelegentliches Zu&#x017F;ammentreffen arrangirt werden.<lb/>
Die Kammerfrau der Königin, Mam&#x017F;ell Schadow,<lb/>
war eine Bekannte der Alltag&#x017F;chen Familie. Adelheid<lb/>
konnte die Kammerfrau be&#x017F;uchen, und &#x017F;o wenig dabei<lb/>
etwas Auffälliges war, konnte es &#x017F;ein, wenn Ihre<lb/>
Maje&#x017F;tät bei der Gelegenheit das junge Mädchen traf.</p><lb/>
        <p>Die Für&#x017F;tin war über den Vor&#x017F;chlag um &#x017F;o<lb/>
mehr erfreut, als &#x017F;ie nicht nöthig hatte Mutterrolle<lb/>
zu &#x017F;pielen. Sie fürchtete nur Wider&#x017F;tand von dem<lb/>
capriciö&#x017F;en Kopfe ihres Schützlings, eine Befürch¬<lb/>
tung, die um &#x017F;o größer ward, als &#x017F;ie hörte, daß Herr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0099] der war fern, er hatte andere Gedanken; wenn er kam, kam er im Kriegerrock, und dann — dann! Die beſten Berechnungen ſchlagen am eheſten fehl. — Und wenn Krieg ward, was ſollte Adelheid in ihrer Begleitung! — Aber was ſollte ſie bei der Königin? — Das würde Gott am beſten fügen. Die Fürſtin war heut von einem Gottvertrauen, das durch die Ereigniſſe beſtärkt werden ſollte. Denn während ſie noch am Frühſtückstiſch ſaß, war die Hofdame der Königin, Fräulein von Viereck, vorgefahren und hatte unter andern Dingen von der Verwunderung der Königin geſprochen, daß Erlaucht ihre Pflegetochter Ihrer Majeſtät noch nicht vorge¬ ſtellt. Die andern Dinge waren bald bei Seite ge¬ ſchoben, die Viereck war nur darum gekommen. Die Königin durfte es nicht officiell wünſchen, auch war die Façon ſchwer zu finden, wie die Fürſtin das junge Bürgermädchen präſentiren ſolle. Alſo ſollte ein gelegentliches Zuſammentreffen arrangirt werden. Die Kammerfrau der Königin, Mamſell Schadow, war eine Bekannte der Alltagſchen Familie. Adelheid konnte die Kammerfrau beſuchen, und ſo wenig dabei etwas Auffälliges war, konnte es ſein, wenn Ihre Majeſtät bei der Gelegenheit das junge Mädchen traf. Die Fürſtin war über den Vorſchlag um ſo mehr erfreut, als ſie nicht nöthig hatte Mutterrolle zu ſpielen. Sie fürchtete nur Widerſtand von dem capriciöſen Kopfe ihres Schützlings, eine Befürch¬ tung, die um ſo größer ward, als ſie hörte, daß Herr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/99
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/99>, abgerufen am 27.11.2024.