van Asten sich schon früh am Morgen bei Adelheid melden lassen, daß er angenommen worden und noch jetzt bei ihr sei. Was wollte der abgesetzte Liebhaber bei ihr! Er konnte doch nicht beabsichtigen, seinen Nebenbuhler und Freund wieder aus dem Sattel zu heben? Das Kammermädchen hatte zwar an der Thür gehorcht, aber nichts von Thränen und Betheuerungen. Die Sprache hatte so ernst geklungen, feierlich und -- doch auch zärtlich, meinte das Kammermädchen. Sie mußte die Sprache, welche drinnen gesprochen ward, nicht verstehen.
Jetzt ging er. Adelheid begleitete ihn bis an die Gartentreppe. Die Fürstin sah durch die Glas¬ thür wenigstens den Abschied. Der junge Mann schien verändert, aber zu seinem Vortheil, seine Hal¬ tung war fester, entschlossener, vornehmer. Er ergriff Adelheids Hand, er schien sie an die Lippen bringen zu wollen, aber besann sich. Er hob sie nur bis ungefähr an die Brust und drückte dann seine Hand darauf. Er sah sie dabei nicht zärtlich, aber innig an. Sie mußte ihn wieder so ansehen. Sie sprachen noch einige Worte, welche die Gargazin nicht hörte. Dann war es Adelheid, welche ihm kräftig die Hand schüttelte und etwas ihm nachrief. Als er verschwun¬ den, kehrte sie um und trat durch die Glasthür.
Sie war nicht betroffen, als sie der Fürstin hier begegnete. Das Betroffensein war an der Gargazin, als Adelheid ohne Umwege, bescheiden, aber kurz und entschlossen, mit der Bitte vorrückte, die Fürstin möge
van Aſten ſich ſchon früh am Morgen bei Adelheid melden laſſen, daß er angenommen worden und noch jetzt bei ihr ſei. Was wollte der abgeſetzte Liebhaber bei ihr! Er konnte doch nicht beabſichtigen, ſeinen Nebenbuhler und Freund wieder aus dem Sattel zu heben? Das Kammermädchen hatte zwar an der Thür gehorcht, aber nichts von Thränen und Betheuerungen. Die Sprache hatte ſo ernſt geklungen, feierlich und — doch auch zärtlich, meinte das Kammermädchen. Sie mußte die Sprache, welche drinnen geſprochen ward, nicht verſtehen.
Jetzt ging er. Adelheid begleitete ihn bis an die Gartentreppe. Die Fürſtin ſah durch die Glas¬ thür wenigſtens den Abſchied. Der junge Mann ſchien verändert, aber zu ſeinem Vortheil, ſeine Hal¬ tung war feſter, entſchloſſener, vornehmer. Er ergriff Adelheids Hand, er ſchien ſie an die Lippen bringen zu wollen, aber beſann ſich. Er hob ſie nur bis ungefähr an die Bruſt und drückte dann ſeine Hand darauf. Er ſah ſie dabei nicht zärtlich, aber innig an. Sie mußte ihn wieder ſo anſehen. Sie ſprachen noch einige Worte, welche die Gargazin nicht hörte. Dann war es Adelheid, welche ihm kräftig die Hand ſchüttelte und etwas ihm nachrief. Als er verſchwun¬ den, kehrte ſie um und trat durch die Glasthür.
Sie war nicht betroffen, als ſie der Fürſtin hier begegnete. Das Betroffenſein war an der Gargazin, als Adelheid ohne Umwege, beſcheiden, aber kurz und entſchloſſen, mit der Bitte vorrückte, die Fürſtin möge
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van Aſten ſich ſchon früh am Morgen bei Adelheid
melden laſſen, daß er angenommen worden und noch
jetzt bei ihr ſei. Was wollte der abgeſetzte Liebhaber
bei ihr! Er konnte doch nicht beabſichtigen, ſeinen
Nebenbuhler und Freund wieder aus dem Sattel zu
heben? Das Kammermädchen hatte zwar an der Thür
gehorcht, aber nichts von Thränen und Betheuerungen.
Die Sprache hatte ſo ernſt geklungen, feierlich und
— doch auch zärtlich, meinte das Kammermädchen.
Sie mußte die Sprache, welche drinnen geſprochen
ward, nicht verſtehen.
Jetzt ging er. Adelheid begleitete ihn bis an
die Gartentreppe. Die Fürſtin ſah durch die Glas¬
thür wenigſtens den Abſchied. Der junge Mann
ſchien verändert, aber zu ſeinem Vortheil, ſeine Hal¬
tung war feſter, entſchloſſener, vornehmer. Er ergriff
Adelheids Hand, er ſchien ſie an die Lippen bringen
zu wollen, aber beſann ſich. Er hob ſie nur bis
ungefähr an die Bruſt und drückte dann ſeine Hand
darauf. Er ſah ſie dabei nicht zärtlich, aber innig
an. Sie mußte ihn wieder ſo anſehen. Sie ſprachen
noch einige Worte, welche die Gargazin nicht hörte.
Dann war es Adelheid, welche ihm kräftig die Hand
ſchüttelte und etwas ihm nachrief. Als er verſchwun¬
den, kehrte ſie um und trat durch die Glasthür.
Sie war nicht betroffen, als ſie der Fürſtin hier
begegnete. Das Betroffenſein war an der Gargazin,
als Adelheid ohne Umwege, beſcheiden, aber kurz und
entſchloſſen, mit der Bitte vorrückte, die Fürſtin möge
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/100>, abgerufen am 23.11.2024.
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