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Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ihre Wahrsagekunst zu prüfen, indem man sie nach dem Schicksal des Verlornen frage. Der Wagenlenker hatte nichts dagegen, und sie näherten sich mit Vorsicht dem Kreise der Wegelagerer. Eine gewitzigte Zigeunermutter, in ekelhaften Lumpen und einer abschreckenden Gesichtslarve, wußte ihre Neugier durch ausweichende Antworten zu beschwichtigen: Was frägst du, blanker Bursch, sagte sie, nach altem Rost? Nebel ist dunstig, Luft ist flüchtig, Grab ist modrig; wer noch so viel lernt, erf[ä]hrt doch nur, daß er nichts weiß, wer noch so weit läuft, kommt immer wieder hin, wo er auslief. Sie sagen, die Erde ist rund. Schier dich nicht drum, blanker Bursch. Weis' mir deine glatte Hand. Willst nicht wissen, was drin steht? Eine halbe Krone nur, blanker Bursch, und ich zeig' dir Schätze.

Er hielt die Hand hin. Die welke verwitterte des Zigeunerweibes streichelte und tippte in der glatten, weißen des Jünglings. -- Blut steht da. Thut nichts; kannst's abwaschen. -- Gold, Gold, viel Gold, wirst mir stolz werden. Laß nicht hängen die armen Romnitschel; thun dir nichts zu Leide. Wirst zu hoch stehn. Hu, wie hoch, vornehm und mächtig -- eine Baronenkrone! -- Sie machte ein Zeichen der Verwunderung. Der Chor der Kinder umher schrie, auf unterkreuzten Beinen hüpfend und mit den Zeigefingern nach oben weisend: Mehr, mehr! -- Wirst einst Graf sein! sagte die Mutter. -- Mehr, mehr! schrieen die Kleinen. -- Wirst ein Herzog! -- Mehr, mehr! schrieen die Kleinen. -- Noch

ihre Wahrsagekunst zu prüfen, indem man sie nach dem Schicksal des Verlornen frage. Der Wagenlenker hatte nichts dagegen, und sie näherten sich mit Vorsicht dem Kreise der Wegelagerer. Eine gewitzigte Zigeunermutter, in ekelhaften Lumpen und einer abschreckenden Gesichtslarve, wußte ihre Neugier durch ausweichende Antworten zu beschwichtigen: Was frägst du, blanker Bursch, sagte sie, nach altem Rost? Nebel ist dunstig, Luft ist flüchtig, Grab ist modrig; wer noch so viel lernt, erf[ä]hrt doch nur, daß er nichts weiß, wer noch so weit läuft, kommt immer wieder hin, wo er auslief. Sie sagen, die Erde ist rund. Schier dich nicht drum, blanker Bursch. Weis' mir deine glatte Hand. Willst nicht wissen, was drin steht? Eine halbe Krone nur, blanker Bursch, und ich zeig' dir Schätze.

Er hielt die Hand hin. Die welke verwitterte des Zigeunerweibes streichelte und tippte in der glatten, weißen des Jünglings. — Blut steht da. Thut nichts; kannst's abwaschen. — Gold, Gold, viel Gold, wirst mir stolz werden. Laß nicht hängen die armen Romnitschel; thun dir nichts zu Leide. Wirst zu hoch stehn. Hu, wie hoch, vornehm und mächtig — eine Baronenkrone! — Sie machte ein Zeichen der Verwunderung. Der Chor der Kinder umher schrie, auf unterkreuzten Beinen hüpfend und mit den Zeigefingern nach oben weisend: Mehr, mehr! Wirst einst Graf sein! sagte die Mutter. — Mehr, mehr! schrieen die Kleinen. — Wirst ein Herzog! — Mehr, mehr! schrieen die Kleinen. — Noch

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[0054] ihre Wahrsagekunst zu prüfen, indem man sie nach dem Schicksal des Verlornen frage. Der Wagenlenker hatte nichts dagegen, und sie näherten sich mit Vorsicht dem Kreise der Wegelagerer. Eine gewitzigte Zigeunermutter, in ekelhaften Lumpen und einer abschreckenden Gesichtslarve, wußte ihre Neugier durch ausweichende Antworten zu beschwichtigen: Was frägst du, blanker Bursch, sagte sie, nach altem Rost? Nebel ist dunstig, Luft ist flüchtig, Grab ist modrig; wer noch so viel lernt, erfährt doch nur, daß er nichts weiß, wer noch so weit läuft, kommt immer wieder hin, wo er auslief. Sie sagen, die Erde ist rund. Schier dich nicht drum, blanker Bursch. Weis' mir deine glatte Hand. Willst nicht wissen, was drin steht? Eine halbe Krone nur, blanker Bursch, und ich zeig' dir Schätze. Er hielt die Hand hin. Die welke verwitterte des Zigeunerweibes streichelte und tippte in der glatten, weißen des Jünglings. — Blut steht da. Thut nichts; kannst's abwaschen. — Gold, Gold, viel Gold, wirst mir stolz werden. Laß nicht hängen die armen Romnitschel; thun dir nichts zu Leide. Wirst zu hoch stehn. Hu, wie hoch, vornehm und mächtig — eine Baronenkrone! — Sie machte ein Zeichen der Verwunderung. Der Chor der Kinder umher schrie, auf unterkreuzten Beinen hüpfend und mit den Zeigefingern nach oben weisend: Mehr, mehr! — Wirst einst Graf sein! sagte die Mutter. — Mehr, mehr! schrieen die Kleinen. — Wirst ein Herzog! — Mehr, mehr! schrieen die Kleinen. — Noch

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:11:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:11:53Z)

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/54>, abgerufen am 28.11.2024.