Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.Am Nachmittag besann ich mich darauf, daß ich seit Fast gleichzeitig betrat Gabriele von der Straße her Gabriele beugte sich über die Treppenbrüstung. "Guten Abend, Herr Doktor!" rief sie ihn an, "ich "Ich muß wohl, Fräulein Gabriele," antwortete Das ist ja ein drolliges Versprechen! dachte ich, inner¬ Am Nachmittag beſann ich mich darauf, daß ich ſeit Faſt gleichzeitig betrat Gabriele von der Straße her Gabriele beugte ſich über die Treppenbrüſtung. „Guten Abend, Herr Doktor!“ rief ſie ihn an, „ich „Ich muß wohl, Fräulein Gabriele,“ antwortete Das iſt ja ein drolliges Verſprechen! dachte ich, inner¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0139"/> <p><hi rendition="#fr #in">A</hi>m Nachmittag beſann ich mich darauf, daß ich ſeit<lb/> meiner Ankunft Gabriele noch nicht begrüßt hatte, und<lb/> ſtieg die Treppe zur Rendantenwohnung hinauf.</p><lb/> <p>Faſt gleichzeitig betrat Gabriele von der Straße her<lb/> den Hausflur unten, am Arm ein großmaſchiges Markt¬<lb/> netz, aus dem ſich allerlei Gemüſeſorten hervordrängten.<lb/> Sie lief raſch ein paar Stufen aufwärts, ehe ſie mich<lb/> aber oben ſtehn ſehen konnte, wurde ihre Aufmerkſam¬<lb/> keit durch Benno abgezogen, der grade über den Flur<lb/> ſchritt, um aus ſeinen Wohnräumen zu meiner Mutter<lb/> hinüberzugehn.</p><lb/> <p>Gabriele beugte ſich über die Treppenbrüſtung.</p><lb/> <p>„Guten Abend, Herr Doktor!“ rief ſie ihn an, „ich<lb/> bin ganz böſe auf Sie. Geſtern und vorgeſtern nacht<lb/> brannte ja wieder ſo ſpät Licht in Ihrer Studierſtube.<lb/> Ich kann den Schein ſehr gut von oben bemerken! Sie<lb/> arbeiten aber wirklich zu ſpät.“</p><lb/> <p>„Ich muß wohl, Fräulein Gabriele,“ antwortete<lb/> Benno, „übrigens geben Sie mir gewiß an Fleiß nichts<lb/> nach. Aber ich verſpreche Ihnen, heut abend früher<lb/> auszulöſchen und mich brav ſchlafen zu legen.“</p><lb/> <p>Das iſt ja ein drolliges Verſprechen! dachte ich, inner¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0139]
Am Nachmittag beſann ich mich darauf, daß ich ſeit
meiner Ankunft Gabriele noch nicht begrüßt hatte, und
ſtieg die Treppe zur Rendantenwohnung hinauf.
Faſt gleichzeitig betrat Gabriele von der Straße her
den Hausflur unten, am Arm ein großmaſchiges Markt¬
netz, aus dem ſich allerlei Gemüſeſorten hervordrängten.
Sie lief raſch ein paar Stufen aufwärts, ehe ſie mich
aber oben ſtehn ſehen konnte, wurde ihre Aufmerkſam¬
keit durch Benno abgezogen, der grade über den Flur
ſchritt, um aus ſeinen Wohnräumen zu meiner Mutter
hinüberzugehn.
Gabriele beugte ſich über die Treppenbrüſtung.
„Guten Abend, Herr Doktor!“ rief ſie ihn an, „ich
bin ganz böſe auf Sie. Geſtern und vorgeſtern nacht
brannte ja wieder ſo ſpät Licht in Ihrer Studierſtube.
Ich kann den Schein ſehr gut von oben bemerken! Sie
arbeiten aber wirklich zu ſpät.“
„Ich muß wohl, Fräulein Gabriele,“ antwortete
Benno, „übrigens geben Sie mir gewiß an Fleiß nichts
nach. Aber ich verſpreche Ihnen, heut abend früher
auszulöſchen und mich brav ſchlafen zu legen.“
Das iſt ja ein drolliges Verſprechen! dachte ich, inner¬
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