Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.meine Mutter und Benno schon mit dem Abendbrot auf "Das thut mir leid; ich wußte nicht, daß ihr so "Es ist nur an mir, mich zu entschuldigen," versetzte Meine Mutter blickte mit Befriedigung vom einen Ich sah unverwandt Benno zu, wie er zerstreut und "Wie seltsam, daß du so von deinem Beruf sprichst, "-- Und warum scheint es dir denn so ganz un¬ "Warum? Das weiß ich nicht. Ich kann es mir meine Mutter und Benno ſchon mit dem Abendbrot auf „Das thut mir leid; ich wußte nicht, daß ihr ſo „Es iſt nur an mir, mich zu entſchuldigen,“ verſetzte Meine Mutter blickte mit Befriedigung vom einen Ich ſah unverwandt Benno zu, wie er zerſtreut und „Wie ſeltſam, daß du ſo von deinem Beruf ſprichſt, „— Und warum ſcheint es dir denn ſo ganz un¬ „Warum? Das weiß ich nicht. Ich kann es mir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0145" n="141"/><fw type="pageNum" place="top">— 141 —<lb/></fw>meine Mutter und Benno ſchon mit dem Abendbrot auf<lb/> mich warteten, als ich herunterkam.</p><lb/> <p>„Das thut mir leid; ich wußte nicht, daß ihr ſo<lb/> genau die Minute einhalten müßt,“ bemerkte ich etwas<lb/> erſchrocken und nahm eilig meinen Platz am Tiſch ein,<lb/> „wie du ſiehſt, bin ich noch immer unpünktlich, Benno.“</p><lb/> <p>„Es iſt nur an mir, mich zu entſchuldigen,“ verſetzte<lb/> er, ohne mich anzuſehen, „denn es iſt ſehr läſtig, daß<lb/> man um meinetwillen ſo genau ſein muß. Das iſt eben<lb/> der Sklavendienſt. Sklaverei von früh bis ſpät, und<lb/> keine Möglichkeit, einmal frei und menſchenwürdig auf¬<lb/> zuatmen.“</p><lb/> <p>Meine Mutter blickte mit Befriedigung vom einen<lb/> zum andern, ſeelenfroh, daß ihre beiden „Kinder“ ſich<lb/> in Liebenswürdigkeiten überboten. Sie hatte im ſtillen<lb/> davor gezittert, daß wir uns am Ende ſchlecht vertragen<lb/> würden.</p><lb/> <p>Ich ſah unverwandt Benno zu, wie er zerſtreut und<lb/> haſtig aß, was er grade auf dem Teller hatte. End¬<lb/> lich konnt ich mich nicht enthalten zu bemerken:</p><lb/> <p>„Wie ſeltſam, daß du ſo von deinem Beruf ſprichſt,<lb/> Benno. Grade als ob er dich zum Sklaven, und nicht<lb/> zum Herrn machte. Oder als ob du ebenſogut einen<lb/> ganz andern Beruf haben könnteſt, oder auch gar keinen<lb/> Beruf, oder —“</p><lb/> <p>„— Und warum ſcheint es dir denn ſo ganz un¬<lb/> denkbar, daß ich einen andern Beruf ausfüllen könnte,“<lb/> unterbrach mich Benno nervös.</p><lb/> <p>„Warum? Das weiß ich nicht. Ich kann es mir<lb/> einfach nicht anders vorſtellen, als daß du Irrenarzt in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [141/0145]
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meine Mutter und Benno ſchon mit dem Abendbrot auf
mich warteten, als ich herunterkam.
„Das thut mir leid; ich wußte nicht, daß ihr ſo
genau die Minute einhalten müßt,“ bemerkte ich etwas
erſchrocken und nahm eilig meinen Platz am Tiſch ein,
„wie du ſiehſt, bin ich noch immer unpünktlich, Benno.“
„Es iſt nur an mir, mich zu entſchuldigen,“ verſetzte
er, ohne mich anzuſehen, „denn es iſt ſehr läſtig, daß
man um meinetwillen ſo genau ſein muß. Das iſt eben
der Sklavendienſt. Sklaverei von früh bis ſpät, und
keine Möglichkeit, einmal frei und menſchenwürdig auf¬
zuatmen.“
Meine Mutter blickte mit Befriedigung vom einen
zum andern, ſeelenfroh, daß ihre beiden „Kinder“ ſich
in Liebenswürdigkeiten überboten. Sie hatte im ſtillen
davor gezittert, daß wir uns am Ende ſchlecht vertragen
würden.
Ich ſah unverwandt Benno zu, wie er zerſtreut und
haſtig aß, was er grade auf dem Teller hatte. End¬
lich konnt ich mich nicht enthalten zu bemerken:
„Wie ſeltſam, daß du ſo von deinem Beruf ſprichſt,
Benno. Grade als ob er dich zum Sklaven, und nicht
zum Herrn machte. Oder als ob du ebenſogut einen
ganz andern Beruf haben könnteſt, oder auch gar keinen
Beruf, oder —“
„— Und warum ſcheint es dir denn ſo ganz un¬
denkbar, daß ich einen andern Beruf ausfüllen könnte,“
unterbrach mich Benno nervös.
„Warum? Das weiß ich nicht. Ich kann es mir
einfach nicht anders vorſtellen, als daß du Irrenarzt in
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