Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.willen mußte es sein. Ich schuldete deinen Eltern so "-- Benno -- !" sagte ich leise, verwirrt, wie gestern, Nie, noch nie bin ich ihm menschlich, in mensch¬ "Ja, vielleicht hast du recht!" sagte ich atemlos, "Nein, -- nicht! bitte, sage nichts!" bat er hastig willen mußte es ſein. Ich ſchuldete deinen Eltern ſo „— Benno — !“ ſagte ich leiſe, verwirrt, wie geſtern, Nie, noch nie bin ich ihm menſchlich, in menſch¬ „Ja, vielleicht haſt du recht!“ ſagte ich atemlos, „Nein, — nicht! bitte, ſage nichts!“ bat er haſtig <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0158" n="154"/><fw type="pageNum" place="top">— 154 —<lb/></fw>willen mußte es ſein. Ich ſchuldete deinen Eltern ſo<lb/> viel, — ich hätte ja auch nie um dich zu werben ge¬<lb/> wagt, — ich konnte dich nicht kranken und verkümmern<lb/> laſſen. Jetzt, — jetzt würd es anders ſein, Adine.“</p><lb/> <p>„— Benno — !“ ſagte ich leiſe, verwirrt, wie geſtern,<lb/> und auch in abwehrender Furcht wie geſtern, vor den<lb/> Worten, die nun kommen mußten. Aber es war doch<lb/> nicht dieſelbe Furcht, und nichts erzitterte in mir dabei<lb/> in lähmendem Unterliegen, und nichts durchſchauerte mich,<lb/> wie geſtern. Ich dachte in dieſem Augenblick überhaupt<lb/> nicht an mich, ſondern nur allein an ihn, und alles, was<lb/> ich fürchtete, war, ihn leiden zu ſehen, ihm weh thun<lb/> zu müſſen.</p><lb/> <p>Nie, noch nie bin ich ihm menſchlich, in menſch¬<lb/> licher Anteilnahme, mitempfindend ſo nahe geweſen, —<lb/> nie aber auch war ich gleichzeitig ſo fern von ihm, ſo<lb/> weit, weit fort, — als Weib.</p><lb/> <p>„Ja, vielleicht haſt du recht!“ ſagte ich atemlos,<lb/> überſtürzt, und richtete mich auf, „— vielleicht hätten<lb/> wir von allem Anfang an anders miteinander ver¬<lb/> ſchmelzen können, ohne Kampf, ohne Hemmnis, auch ohne<lb/> Unterordnung oder Ueberordnung des einen oder des an¬<lb/> dern! Einfach in der Freude und im Rauſch unſrer<lb/> friſchen Jugend. Ja vielleicht! Vielleicht giebt es eine<lb/> ſolche Liebe, und iſt ſie möglich und iſt ſie ſchön,“ —<lb/> ich ſtockte, und ein Schmerz, den ich ſelbſt nicht begriff,<lb/> machte mir die Bruſt eng; ich fügte mühſam hinzu:<lb/> „— aber das iſt verſcherzt, das iſt für mich zu ſpät —“</p><lb/> <p>„Nein, — nicht! bitte, ſage nichts!“ bat er haſtig<lb/> und durch meinen plötzlichen Ausbruch erſchreckt, „— du<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0158]
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willen mußte es ſein. Ich ſchuldete deinen Eltern ſo
viel, — ich hätte ja auch nie um dich zu werben ge¬
wagt, — ich konnte dich nicht kranken und verkümmern
laſſen. Jetzt, — jetzt würd es anders ſein, Adine.“
„— Benno — !“ ſagte ich leiſe, verwirrt, wie geſtern,
und auch in abwehrender Furcht wie geſtern, vor den
Worten, die nun kommen mußten. Aber es war doch
nicht dieſelbe Furcht, und nichts erzitterte in mir dabei
in lähmendem Unterliegen, und nichts durchſchauerte mich,
wie geſtern. Ich dachte in dieſem Augenblick überhaupt
nicht an mich, ſondern nur allein an ihn, und alles, was
ich fürchtete, war, ihn leiden zu ſehen, ihm weh thun
zu müſſen.
Nie, noch nie bin ich ihm menſchlich, in menſch¬
licher Anteilnahme, mitempfindend ſo nahe geweſen, —
nie aber auch war ich gleichzeitig ſo fern von ihm, ſo
weit, weit fort, — als Weib.
„Ja, vielleicht haſt du recht!“ ſagte ich atemlos,
überſtürzt, und richtete mich auf, „— vielleicht hätten
wir von allem Anfang an anders miteinander ver¬
ſchmelzen können, ohne Kampf, ohne Hemmnis, auch ohne
Unterordnung oder Ueberordnung des einen oder des an¬
dern! Einfach in der Freude und im Rauſch unſrer
friſchen Jugend. Ja vielleicht! Vielleicht giebt es eine
ſolche Liebe, und iſt ſie möglich und iſt ſie ſchön,“ —
ich ſtockte, und ein Schmerz, den ich ſelbſt nicht begriff,
machte mir die Bruſt eng; ich fügte mühſam hinzu:
„— aber das iſt verſcherzt, das iſt für mich zu ſpät —“
„Nein, — nicht! bitte, ſage nichts!“ bat er haſtig
und durch meinen plötzlichen Ausbruch erſchreckt, „— du
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