Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.er sich gestehen, daß er sie eigentlich noch nicht kannte, Er führte Fenia in das Hotel garni, wo er Es war nicht sein Zimmer, sondern eine momentan Fenia war zaudernd stehn geblieben, nicht recht be¬ Er hatte sie ohne irgend eine klare Absicht hier er ſich geſtehen, daß er ſie eigentlich noch nicht kannte, Er führte Fenia in das Hotel garni, wo er Es war nicht ſein Zimmer, ſondern eine momentan Fenia war zaudernd ſtehn geblieben, nicht recht be¬ Er hatte ſie ohne irgend eine klare Abſicht hier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026" n="22"/><fw type="pageNum" place="top">— 22 —<lb/></fw>er ſich geſtehen, daß er ſie eigentlich noch nicht kannte,<lb/> denn die Frauen ſeiner intimeren Bekanntſchaft gehörten<lb/> ganz und gar nicht zu dieſer Raſſe.</p><lb/> <p>Er führte Fenia in das Hotel garni, wo er<lb/> wohnte, ließ ſie einige Stufen hinaufſteigen und öff¬<lb/> nete im breiten Korridor die Thür zu einem Zimmer<lb/> neben dem Speiſeſaal.</p><lb/> <p>Es war nicht ſein Zimmer, ſondern eine momentan<lb/> unbeſetzte große, helle Hinterſtube mit Saloneinrichtung,<lb/> die er zu benutzen pflegte, wenn bei ihm aufgeräumt<lb/> wurde. Als ſie eintraten, kratzte jedoch nebenan ſein<lb/> kleiner weißer Spitz, den er einer alten Straßenver¬<lb/> käuferin abgehandelt hatte, aufgeregt über die lang er¬<lb/> wartete Rückkunft ſeines Herrn, unter leiſem Gewinſel<lb/> an der Thür. Max Werner ließ ihn herein, und er<lb/> ſchoß unter freudigſtem Wedeln und Bellen auf Fenia<lb/> und ihn zu, als gehörten ſie zuſammen.</p><lb/> <p>Fenia war zaudernd ſtehn geblieben, nicht recht be¬<lb/> greifend, wo ſie ſich hier befand. Sie bückte ſich un¬<lb/> willkürlich zu dem Hund nieder, der ſich indeſſen zwiſchen<lb/> ihnen hingeſetzt hatte und ſie befriedigt anſah, richtete<lb/> ſich aber ebenſo raſch wieder auf und wollte etwas ſagen,<lb/> als ihr Blick Max Werners Geſicht traf.</p><lb/> <p>Er hatte ſie ohne irgend eine klare Abſicht hier<lb/> hereingeführt. Wie ſie jedoch nun wirklich daſtand, in<lb/> dieſem Zimmer, in dieſer völligen Abgeſchloſſenheit mit<lb/> ihm allein, in dieſem ſchlafenden Hotel, auf deſſen Gängen<lb/> es noch ſo totenſtill war, daß man hinter den halb¬<lb/> geſchloſſenen Fenſterjalouſien das vergnügte Zwitſchern<lb/> eines Spatzen im Hofe hörte, — da, — ja, als Fenia<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0026]
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er ſich geſtehen, daß er ſie eigentlich noch nicht kannte,
denn die Frauen ſeiner intimeren Bekanntſchaft gehörten
ganz und gar nicht zu dieſer Raſſe.
Er führte Fenia in das Hotel garni, wo er
wohnte, ließ ſie einige Stufen hinaufſteigen und öff¬
nete im breiten Korridor die Thür zu einem Zimmer
neben dem Speiſeſaal.
Es war nicht ſein Zimmer, ſondern eine momentan
unbeſetzte große, helle Hinterſtube mit Saloneinrichtung,
die er zu benutzen pflegte, wenn bei ihm aufgeräumt
wurde. Als ſie eintraten, kratzte jedoch nebenan ſein
kleiner weißer Spitz, den er einer alten Straßenver¬
käuferin abgehandelt hatte, aufgeregt über die lang er¬
wartete Rückkunft ſeines Herrn, unter leiſem Gewinſel
an der Thür. Max Werner ließ ihn herein, und er
ſchoß unter freudigſtem Wedeln und Bellen auf Fenia
und ihn zu, als gehörten ſie zuſammen.
Fenia war zaudernd ſtehn geblieben, nicht recht be¬
greifend, wo ſie ſich hier befand. Sie bückte ſich un¬
willkürlich zu dem Hund nieder, der ſich indeſſen zwiſchen
ihnen hingeſetzt hatte und ſie befriedigt anſah, richtete
ſich aber ebenſo raſch wieder auf und wollte etwas ſagen,
als ihr Blick Max Werners Geſicht traf.
Er hatte ſie ohne irgend eine klare Abſicht hier
hereingeführt. Wie ſie jedoch nun wirklich daſtand, in
dieſem Zimmer, in dieſer völligen Abgeſchloſſenheit mit
ihm allein, in dieſem ſchlafenden Hotel, auf deſſen Gängen
es noch ſo totenſtill war, daß man hinter den halb¬
geſchloſſenen Fenſterjalouſien das vergnügte Zwitſchern
eines Spatzen im Hofe hörte, — da, — ja, als Fenia
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