Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.zur Hochzeit seiner Schwester in die russische Provinz. Als er sie zuerst erblickte, hätte er sie fast nicht Fenia saß in lässiger Haltung zwischen einigen Be¬ Ihre Gestalt schien voller herangeblüht zu sein, in Ja, schöner, -- doch den beunruhigenden Reiz von Das fühlte er trotz der herzlichen Freude, womit zur Hochzeit ſeiner Schweſter in die ruſſiſche Provinz. Als er ſie zuerſt erblickte, hätte er ſie faſt nicht Fenia ſaß in läſſiger Haltung zwiſchen einigen Be¬ Ihre Geſtalt ſchien voller herangeblüht zu ſein, in Ja, ſchöner, — doch den beunruhigenden Reiz von Das fühlte er trotz der herzlichen Freude, womit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0032" n="28"/><fw type="pageNum" place="top">— 28 —<lb/></fw>zur Hochzeit ſeiner Schweſter in die ruſſiſche Provinz.<lb/> Dort, auf dem Gut von deren Freunden, wo eine Un¬<lb/> menge fremder Gäſte untergebracht waren, ſah er mitten<lb/> im Trubel der feſtlichen Vorbereitungen Fenia wieder.</p><lb/> <p>Als er ſie zuerſt erblickte, hätte er ſie faſt nicht<lb/> wiedererkannt, obgleich er nicht hätte ſagen können, worin<lb/> die überraſchende Veränderung gegen den Pariſer Eindruck<lb/> liegen mochte.</p><lb/> <p>Fenia ſaß in läſſiger Haltung zwiſchen einigen Be¬<lb/> kannten, ihre rechte Hand in träger Gebärde mit der<lb/> Innenfläche nach oben gekehrt im Schoß, und ſeltſam<lb/> feſtlich und feierlich im leuchtenden Weiß ihres ſeidenen<lb/> Kleides. Während ſie heiter lachte und ſprach, ſah ſie<lb/> doch zerſtreut aus, als verträumten ſich ihre Gedanken<lb/> ganz wo anders hin.</p><lb/> <p>Ihre Geſtalt ſchien voller herangeblüht zu ſein, in<lb/> allen ihren Bewegungen lag etwas Weiches, Abgerun¬<lb/> detes, was ſie nicht beſeſſen hatte, und was ihr eine har¬<lb/> moniſche Schönheit gab. Fenia war ſchöner geworden,<lb/> als zu erwarten ſtand.</p><lb/> <p>Ja, ſchöner, — doch den beunruhigenden Reiz von<lb/> damals übte ſie nicht mehr auf Max Werner aus, —<lb/> das Widerſpruchsvolle, Geheimnisvolle, was ihn damals<lb/> an der fremden Studentin anzog und abſtieß, ſchien von<lb/> ihr abgeſtreift zu ſein, ſeitdem das Weib, das er ſo un¬<lb/> ruhig in ihr geſucht hatte, in ihrem Aeußeren voller<lb/> hervorgetreten war.</p><lb/> <p>Das fühlte er trotz der herzlichen Freude, womit<lb/> er ſich von Fenia bewillkommnet ſah. Sie begrüßte in<lb/> ihm ſogleich den neuen Verwandten, und beide lachten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0032]
— 28 —
zur Hochzeit ſeiner Schweſter in die ruſſiſche Provinz.
Dort, auf dem Gut von deren Freunden, wo eine Un¬
menge fremder Gäſte untergebracht waren, ſah er mitten
im Trubel der feſtlichen Vorbereitungen Fenia wieder.
Als er ſie zuerſt erblickte, hätte er ſie faſt nicht
wiedererkannt, obgleich er nicht hätte ſagen können, worin
die überraſchende Veränderung gegen den Pariſer Eindruck
liegen mochte.
Fenia ſaß in läſſiger Haltung zwiſchen einigen Be¬
kannten, ihre rechte Hand in träger Gebärde mit der
Innenfläche nach oben gekehrt im Schoß, und ſeltſam
feſtlich und feierlich im leuchtenden Weiß ihres ſeidenen
Kleides. Während ſie heiter lachte und ſprach, ſah ſie
doch zerſtreut aus, als verträumten ſich ihre Gedanken
ganz wo anders hin.
Ihre Geſtalt ſchien voller herangeblüht zu ſein, in
allen ihren Bewegungen lag etwas Weiches, Abgerun¬
detes, was ſie nicht beſeſſen hatte, und was ihr eine har¬
moniſche Schönheit gab. Fenia war ſchöner geworden,
als zu erwarten ſtand.
Ja, ſchöner, — doch den beunruhigenden Reiz von
damals übte ſie nicht mehr auf Max Werner aus, —
das Widerſpruchsvolle, Geheimnisvolle, was ihn damals
an der fremden Studentin anzog und abſtieß, ſchien von
ihr abgeſtreift zu ſein, ſeitdem das Weib, das er ſo un¬
ruhig in ihr geſucht hatte, in ihrem Aeußeren voller
hervorgetreten war.
Das fühlte er trotz der herzlichen Freude, womit
er ſich von Fenia bewillkommnet ſah. Sie begrüßte in
ihm ſogleich den neuen Verwandten, und beide lachten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |