Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.sie miteinander über ihren gemeinsamen verblichenen Pa¬ Bei der Hochzeitstafel setzte Fenia ihn neben sich, "Ueberflüssig?!" sagte Fenia erstaunt, fügte jedoch Ueber dies vaterländische Kompliment mußte Max "Auch ein Grund, seine Heimat zu verehren!" be¬ ſie miteinander über ihren gemeinſamen verblichenen Pa¬ Bei der Hochzeitstafel ſetzte Fenia ihn neben ſich, „Ueberflüſſig?!“ ſagte Fenia erſtaunt, fügte jedoch Ueber dies vaterländiſche Kompliment mußte Max „Auch ein Grund, ſeine Heimat zu verehren!“ be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="29"/><fw type="pageNum" place="top">— 29 —<lb/></fw>ſie miteinander über ihren gemeinſamen verblichenen Pa¬<lb/> riſer „Liebesroman“, der gar ſo kurz geweſen.</p><lb/> <p>Bei der Hochzeitstafel ſetzte Fenia ihn neben ſich,<lb/> und ſie tranken, zugleich mit vielen andern Paaren, ſo¬<lb/> gar Brüderſchaft, an der jedoch nie ordentlich feſtgehalten<lb/> wurde. Max Werner fiel der große Ernſt auf, womit<lb/> Fenia ihm alle Einzelheiten und deren Bedeutung wäh¬<lb/> rend der griechiſch-katholiſchen Trauung, die der prote¬<lb/> ſtantiſchen folgte, zu erklären bemüht war. Ihn in¬<lb/> tereſſierten wohl die verſchiedenen Zeremonien, die er da<lb/> ſah, doch konnte er eine etwas ketzeriſche Bemerkung<lb/> über ihre Ueberflüſſigkeit nicht unterdrücken.</p><lb/> <p>„Ueberflüſſig?!“ ſagte Fenia erſtaunt, fügte jedoch<lb/> ſchnell hinzu: „nun freilich, für einen Fremden, der's<lb/> mitmachen muß. Für mich iſt es gradezu köſtlich, ſo<lb/> unterzutauchen in Weihrauchduft und Geſang und Kind¬<lb/> heitserinnerungen. Ich bin ja ſo viele Jahre fortgeweſen.<lb/> — — Und jetzt erſt fühle ich mich wieder zu Hauſe, wo<lb/> all dies Altvertraute wieder um mich iſt. — — Ru߬<lb/> land hat auch darin den großen Vorzug vor andern<lb/> Ländern, daß man ganz ſicher iſt, alles auf dem alten Fleck<lb/> wieder vorzufinden. Da iſt kein Haſten von Fortſchritt<lb/> zu Fortſchritt, — es iſt alles jahraus, jahrein dasſelbe.“</p><lb/> <p>Ueber dies vaterländiſche Kompliment mußte Max<lb/> Werner lachen.</p><lb/> <p>„Auch ein Grund, ſeine Heimat zu verehren!“ be¬<lb/> merkte er heiter, „aber in dieſem beſondern Fall —<lb/> denken Sie — denkſt du — doch auch nicht mehr wie<lb/> einſt als Kind. Dieſe langen Trauungszeremonien ſind<lb/> ihres tieferen Sinnes ja doch entkleidet.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0033]
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ſie miteinander über ihren gemeinſamen verblichenen Pa¬
riſer „Liebesroman“, der gar ſo kurz geweſen.
Bei der Hochzeitstafel ſetzte Fenia ihn neben ſich,
und ſie tranken, zugleich mit vielen andern Paaren, ſo¬
gar Brüderſchaft, an der jedoch nie ordentlich feſtgehalten
wurde. Max Werner fiel der große Ernſt auf, womit
Fenia ihm alle Einzelheiten und deren Bedeutung wäh¬
rend der griechiſch-katholiſchen Trauung, die der prote¬
ſtantiſchen folgte, zu erklären bemüht war. Ihn in¬
tereſſierten wohl die verſchiedenen Zeremonien, die er da
ſah, doch konnte er eine etwas ketzeriſche Bemerkung
über ihre Ueberflüſſigkeit nicht unterdrücken.
„Ueberflüſſig?!“ ſagte Fenia erſtaunt, fügte jedoch
ſchnell hinzu: „nun freilich, für einen Fremden, der's
mitmachen muß. Für mich iſt es gradezu köſtlich, ſo
unterzutauchen in Weihrauchduft und Geſang und Kind¬
heitserinnerungen. Ich bin ja ſo viele Jahre fortgeweſen.
— — Und jetzt erſt fühle ich mich wieder zu Hauſe, wo
all dies Altvertraute wieder um mich iſt. — — Ru߬
land hat auch darin den großen Vorzug vor andern
Ländern, daß man ganz ſicher iſt, alles auf dem alten Fleck
wieder vorzufinden. Da iſt kein Haſten von Fortſchritt
zu Fortſchritt, — es iſt alles jahraus, jahrein dasſelbe.“
Ueber dies vaterländiſche Kompliment mußte Max
Werner lachen.
„Auch ein Grund, ſeine Heimat zu verehren!“ be¬
merkte er heiter, „aber in dieſem beſondern Fall —
denken Sie — denkſt du — doch auch nicht mehr wie
einſt als Kind. Dieſe langen Trauungszeremonien ſind
ihres tieferen Sinnes ja doch entkleidet.“
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