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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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zu sitzen, die beim hellen Schellengeklingel der flinken
kleinen Pferde pfeilschnell über die hartgefrorene Schnee¬
fläche dahinsausten.

Auf Max Werners Geständnis bemerkte Fenia mit
lebhaftein Interesse:

"Eine wirklich ganz ,heimliche' Liebe? Ich meine
so, daß wirklich niemand, selbst die Nächsten nicht, etwas
davon ahnt? Das muß ja sehr schwer durchzuführen
sein."

"Das ist es auch. Doppelt schwer, weil Irmgard
eine Norddeutsche ist und das Leben nichts weniger als
leicht nimmt. Jede Heimlichkeit jagt ihr hinterher tage¬
langes Entsetzen ein. Kleiner norddeutscher Adel, der
in alten, festen Familientraditionen groß geworden ist."

"Wie sind Sie denn miteinander bekannt gewor¬
den?" fragte Fenia, "denn Sie, mein Lieber, machen
doch umgekehrt einen leichtlebigen Eindruck auf uns junge
Mädchen."

"Bitte, bitte! Ich bin nicht immer wie in Paris.
Für Irmgard war ich anfangs eine Art Ausweg und
Rettung aus der etwas engen geistigen Atmosphäre ihres
Hauses. Damit fing es an."

"Und deshalb hält Ihre Braut Sie für einen Tu¬
gendbold?" fragte Fenia spottend.

"O nein! Sie hält mich im Gegenteil für viel
schlimmer, als ich bin. Das ist meistens so. Aber das
schreckt sie nicht ab. Sie liebt wie eine Königin, die
gewählt, ohne zu verlangen. Das ist die trotzigste Art von
Mädchenstolz."

"Doch nur eine Maskerade für lauter übergroße

zu ſitzen, die beim hellen Schellengeklingel der flinken
kleinen Pferde pfeilſchnell über die hartgefrorene Schnee¬
fläche dahinſauſten.

Auf Max Werners Geſtändnis bemerkte Fenia mit
lebhaftein Intereſſe:

„Eine wirklich ganz ‚heimliche‘ Liebe? Ich meine
ſo, daß wirklich niemand, ſelbſt die Nächſten nicht, etwas
davon ahnt? Das muß ja ſehr ſchwer durchzuführen
ſein.“

„Das iſt es auch. Doppelt ſchwer, weil Irmgard
eine Norddeutſche iſt und das Leben nichts weniger als
leicht nimmt. Jede Heimlichkeit jagt ihr hinterher tage¬
langes Entſetzen ein. Kleiner norddeutſcher Adel, der
in alten, feſten Familientraditionen groß geworden iſt.“

„Wie ſind Sie denn miteinander bekannt gewor¬
den?“ fragte Fenia, „denn Sie, mein Lieber, machen
doch umgekehrt einen leichtlebigen Eindruck auf uns junge
Mädchen.“

„Bitte, bitte! Ich bin nicht immer wie in Paris.
Für Irmgard war ich anfangs eine Art Ausweg und
Rettung aus der etwas engen geiſtigen Atmoſphäre ihres
Hauſes. Damit fing es an.“

„Und deshalb hält Ihre Braut Sie für einen Tu¬
gendbold?“ fragte Fenia ſpottend.

„O nein! Sie hält mich im Gegenteil für viel
ſchlimmer, als ich bin. Das iſt meiſtens ſo. Aber das
ſchreckt ſie nicht ab. Sie liebt wie eine Königin, die
gewählt, ohne zu verlangen. Das iſt die trotzigſte Art von
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[32/0036] — 32 — zu ſitzen, die beim hellen Schellengeklingel der flinken kleinen Pferde pfeilſchnell über die hartgefrorene Schnee¬ fläche dahinſauſten. Auf Max Werners Geſtändnis bemerkte Fenia mit lebhaftein Intereſſe: „Eine wirklich ganz ‚heimliche‘ Liebe? Ich meine ſo, daß wirklich niemand, ſelbſt die Nächſten nicht, etwas davon ahnt? Das muß ja ſehr ſchwer durchzuführen ſein.“ „Das iſt es auch. Doppelt ſchwer, weil Irmgard eine Norddeutſche iſt und das Leben nichts weniger als leicht nimmt. Jede Heimlichkeit jagt ihr hinterher tage¬ langes Entſetzen ein. Kleiner norddeutſcher Adel, der in alten, feſten Familientraditionen groß geworden iſt.“ „Wie ſind Sie denn miteinander bekannt gewor¬ den?“ fragte Fenia, „denn Sie, mein Lieber, machen doch umgekehrt einen leichtlebigen Eindruck auf uns junge Mädchen.“ „Bitte, bitte! Ich bin nicht immer wie in Paris. Für Irmgard war ich anfangs eine Art Ausweg und Rettung aus der etwas engen geiſtigen Atmoſphäre ihres Hauſes. Damit fing es an.“ „Und deshalb hält Ihre Braut Sie für einen Tu¬ gendbold?“ fragte Fenia ſpottend. „O nein! Sie hält mich im Gegenteil für viel ſchlimmer, als ich bin. Das iſt meiſtens ſo. Aber das ſchreckt ſie nicht ab. Sie liebt wie eine Königin, die gewählt, ohne zu verlangen. Das iſt die trotzigſte Art von Mädchenſtolz.“ „Doch nur eine Maskerade für lauter übergroße

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/36>, abgerufen am 21.11.2024.