Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.Nach den letzten Hochzeitsfeierlichkeiten reiste Max Den größten Teil der ersten Tage seines Aufent¬ Nach den letzten Hochzeitsfeierlichkeiten reiſte Max Den größten Teil der erſten Tage ſeines Aufent¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0038" n="34"/> <fw type="pageNum" place="top">— 34 —<lb/></fw> <p>Nach den letzten Hochzeitsfeierlichkeiten reiſte Max<lb/> Werner zuſammen mit Fenia nach St. Petersburg,<lb/> wo er ſich noch etwas umſehen wollte, ehe er nach<lb/> Deutſchland zurückging. Fenia mietete ſich in einer<lb/><hi rendition="#aq">maison meublée</hi> des Rewſkij Proſpekts ein, um ſich in<lb/> Ruhe für ihre künftige Lehrthätigkeit vorzubereiten. Ihn<lb/> führte ſie gleich bei ihren einzigen Petersburger Verwand¬<lb/> ten ein, ins Haus ihres Onkels, des Mannes einer verſtor¬<lb/> benen Schweſter ihrer Mutter, weil man dort deutſch<lb/> ſprach und deutſche Intereſſen pflegte. Der Onkel war von<lb/> baltiſchem Adel, Admiral in ruſſiſchem Dienſt und unter¬<lb/> hielt mit ſeinen drei Töchtern die gaſtfreieſte Geſelligkeit.</p><lb/> <p>Den größten Teil der erſten Tage ſeines Aufent¬<lb/> halts widmete Max jedoch eingehenden Beſichtigungen<lb/> der Hauptſtadt. Einmal, nachdem er ſo lange in den<lb/> Kunſtſälen der Eremitage verweilt hatte, als das ſpär¬<lb/> liche Winterlicht irgend zuließ, verlangte es ihn nach<lb/> einem ausgiebigen Spaziergang, und ſo ging er noch den<lb/> ganzen Newskij Proſpekt hinunter, von dem man ge¬<lb/> wöhnlich nur eine gewiſſe Strecke, zwiſchen der Admira¬<lb/> lität und dem Moſkauer Bahnhof, zu ſehen bekommt.<lb/> Hinter dem Moſkauer Bahnhof iſt es nicht mehr der<lb/> Newskij der vornehmen Nachmittagspromenade. Die<lb/> breite ſchnurgerade Straße mit ihrer Einfaſſung von<lb/> Kirchen und Paläſten macht eine ſcharfe Wendung und<lb/> verändert plötzlich ganz ihren Charakter. Anſtatt der<lb/> eleganten Spiegelſcheiben der großen Magazine trifft<lb/> man gewöhnliche Warenbuden und billige Bazare, deren<lb/> niedrige Arkaden am Trottoir entlang laufen; anſtatt<lb/> der europäiſchen Hotels, Wirtshäuſer zweiten und dritten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0038]
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Nach den letzten Hochzeitsfeierlichkeiten reiſte Max
Werner zuſammen mit Fenia nach St. Petersburg,
wo er ſich noch etwas umſehen wollte, ehe er nach
Deutſchland zurückging. Fenia mietete ſich in einer
maison meublée des Rewſkij Proſpekts ein, um ſich in
Ruhe für ihre künftige Lehrthätigkeit vorzubereiten. Ihn
führte ſie gleich bei ihren einzigen Petersburger Verwand¬
ten ein, ins Haus ihres Onkels, des Mannes einer verſtor¬
benen Schweſter ihrer Mutter, weil man dort deutſch
ſprach und deutſche Intereſſen pflegte. Der Onkel war von
baltiſchem Adel, Admiral in ruſſiſchem Dienſt und unter¬
hielt mit ſeinen drei Töchtern die gaſtfreieſte Geſelligkeit.
Den größten Teil der erſten Tage ſeines Aufent¬
halts widmete Max jedoch eingehenden Beſichtigungen
der Hauptſtadt. Einmal, nachdem er ſo lange in den
Kunſtſälen der Eremitage verweilt hatte, als das ſpär¬
liche Winterlicht irgend zuließ, verlangte es ihn nach
einem ausgiebigen Spaziergang, und ſo ging er noch den
ganzen Newskij Proſpekt hinunter, von dem man ge¬
wöhnlich nur eine gewiſſe Strecke, zwiſchen der Admira¬
lität und dem Moſkauer Bahnhof, zu ſehen bekommt.
Hinter dem Moſkauer Bahnhof iſt es nicht mehr der
Newskij der vornehmen Nachmittagspromenade. Die
breite ſchnurgerade Straße mit ihrer Einfaſſung von
Kirchen und Paläſten macht eine ſcharfe Wendung und
verändert plötzlich ganz ihren Charakter. Anſtatt der
eleganten Spiegelſcheiben der großen Magazine trifft
man gewöhnliche Warenbuden und billige Bazare, deren
niedrige Arkaden am Trottoir entlang laufen; anſtatt
der europäiſchen Hotels, Wirtshäuſer zweiten und dritten
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