Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.Achtung davor, -- und vor dem Ernst, womit du Alle warteten mit einiger Spannung auf die Pointe Aber bei der Mittagstafel kam das "Spezielle" nicht "Mein liebes Kind, du siehst mich recht beunruhigt, Fenia hatte sich lässig in einem Lehnstuhl aus¬ "Aber was ist denn nur los, Onkel Mischa?" fragte "Sage mir, mein liebes Kind, besitzest du Feinde? Achtung davor, — und vor dem Ernſt, womit du Alle warteten mit einiger Spannung auf die Pointe Aber bei der Mittagstafel kam das „Spezielle“ nicht „Mein liebes Kind, du ſiehſt mich recht beunruhigt, Fenia hatte ſich läſſig in einem Lehnſtuhl aus¬ „Aber was iſt denn nur los, Onkel Miſcha?“ fragte „Sage mir, mein liebes Kind, beſitzeſt du Feinde? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="43"/><fw type="pageNum" place="top">— 43 —<lb/></fw>Achtung davor, — und vor dem Ernſt, womit du<lb/> deine Jugend zugebracht haſt.“</p><lb/> <p>Alle warteten mit einiger Spannung auf die Pointe<lb/> dieſes Geſprächs, denn wenn der Baron mit ſeiner würde¬<lb/> vollen Umſtändlichkeit ſo weit ausholte und ſich in aller¬<lb/> lei geographiſchen oder ſozialen Allgemeinbetrachtungen<lb/> erging, ſo beabſichtigte er meiſtens, etwas höchſt Spezielles<lb/> vorzubringen. Umſonſt hatte er ſicher nicht die Klatſch¬<lb/> ſucht der ausländiſchen Kolonien feſtgeſtellt und zugleich<lb/> ſeiner Achtung für Fenia vor ſeinen Töchtern ſo oſten¬<lb/> tativ Ausdruck gegeben.</p><lb/> <p>Aber bei der Mittagstafel kam das „Spezielle“ nicht<lb/> mehr. Erſt als nach aufgehobener Tafel die beiden jün¬<lb/> gern Töchter mit der Geſellſchafterin fortgegangen waren,<lb/> und man in einem kleinen Wohngemach neben dem<lb/> Speiſeſaal bei einer Taſſe Kaffee Zigaretten rauchte,<lb/> wandte ſich der alte Baron plötzlich an Fenia mit den<lb/> Worten:</p><lb/> <p>„Mein liebes Kind, du ſiehſt mich recht beunruhigt,<lb/> — ich ſchwankte wirklich, ob ich dir Mitteilung von der<lb/> Sache machen ſollte, — aber ich möchte doch die Ge¬<lb/> legenheit benutzen, wo Herr Werner zugegen iſt, —<lb/> vielleicht wird er Rat wiſſen.“</p><lb/> <p>Fenia hatte ſich läſſig in einem Lehnſtuhl aus¬<lb/> geſtreckt und ſtemmte ihre Füße gegen den ſilberhaarigen<lb/> Rücken der Ruſſalka, die vor ihr lag und, die lange feine<lb/> Schnauze auf die Vorderpfoten gedrückt, leiſe wedelte.</p><lb/> <p>„Aber was iſt denn nur los, Onkel Miſcha?“ fragte<lb/> Fenia neugierig.</p><lb/> <p>„Sage mir, mein liebes Kind, beſitzeſt du Feinde?<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [43/0047]
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Achtung davor, — und vor dem Ernſt, womit du
deine Jugend zugebracht haſt.“
Alle warteten mit einiger Spannung auf die Pointe
dieſes Geſprächs, denn wenn der Baron mit ſeiner würde¬
vollen Umſtändlichkeit ſo weit ausholte und ſich in aller¬
lei geographiſchen oder ſozialen Allgemeinbetrachtungen
erging, ſo beabſichtigte er meiſtens, etwas höchſt Spezielles
vorzubringen. Umſonſt hatte er ſicher nicht die Klatſch¬
ſucht der ausländiſchen Kolonien feſtgeſtellt und zugleich
ſeiner Achtung für Fenia vor ſeinen Töchtern ſo oſten¬
tativ Ausdruck gegeben.
Aber bei der Mittagstafel kam das „Spezielle“ nicht
mehr. Erſt als nach aufgehobener Tafel die beiden jün¬
gern Töchter mit der Geſellſchafterin fortgegangen waren,
und man in einem kleinen Wohngemach neben dem
Speiſeſaal bei einer Taſſe Kaffee Zigaretten rauchte,
wandte ſich der alte Baron plötzlich an Fenia mit den
Worten:
„Mein liebes Kind, du ſiehſt mich recht beunruhigt,
— ich ſchwankte wirklich, ob ich dir Mitteilung von der
Sache machen ſollte, — aber ich möchte doch die Ge¬
legenheit benutzen, wo Herr Werner zugegen iſt, —
vielleicht wird er Rat wiſſen.“
Fenia hatte ſich läſſig in einem Lehnſtuhl aus¬
geſtreckt und ſtemmte ihre Füße gegen den ſilberhaarigen
Rücken der Ruſſalka, die vor ihr lag und, die lange feine
Schnauze auf die Vorderpfoten gedrückt, leiſe wedelte.
„Aber was iſt denn nur los, Onkel Miſcha?“ fragte
Fenia neugierig.
„Sage mir, mein liebes Kind, beſitzeſt du Feinde?
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